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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 04.06.2021

Odyssee der Kaninchen
Der Klassiker „Unten am Fluss“ als Hörbuch mit Sophie Rois
„Krre-ääh“ schreit die Lachmöwe. Die Theater- und Filmschauspielerin Sophie Rois spricht die gesellige Lachmöwe Kehaar in der SWR-Hörspielbearbeitung von Richard Adams’ Kinder- und Jugendbuchklassiker „Watership Down/Unten am Fluss“ von 1972. Dabei orientiert sie sich weniger am typischen „Krre-ääh“, sondern erfindet für den Vogel eigene Laute, die irgendwo zwischen Kieksen, Knödeln und Knatschen liegen.
Fast stiehlt sie mit dieser Möwen-Interpretation ihren Wildkaninchen-Freunden, den eigentlichen Helden der Abenteuergeschichte, die Show. Aber eben nur fast. Denn die Kaninchen um ihren Anführer Hazel wurden für das bereits 2006 produzierte und nun für Den Audio Verlag wiederaufgelegte Hörspiel in der Regie Leonhard Koppelmanns mit nicht weniger markanten Stimmen besetzt. Marc Hosemann verleiht Hazel jene Entschlossenheit, die ein Leader haben muss, wenn Gefahr droht. Und die droht in Adams’ Geschichte mal von den Menschen, mal von anderen Kaninchengehegen. Also fast immer.
Jens Wawrczeck spricht Hazels kleinen Bruder Fiver mit bebender Stimme, der man seine Sensibilität deutlich anhört – Fiver verfügt über hellseherische Fähigkeiten, mit denen er lebensbedrohliche Konflikte frühzeitig wittert. Rainer Basedow mit seinem sonoren Organ ist Woundwart, stattlicher Rammler und tyrannischer General des Kaninchengeheges von Efrafa, und damit der Gegenspieler der friedliebenden Brüder und ihres Anhangs. Schließlich muss aus der 30-köpfigen Sprecherriege noch Peter Fricke hervorgehoben werden. Fricke leitet als Erzähler den Hörer mit all seiner schauspielerischen Erfahrung durch die Geschichte, die man auch schon einmal als „die Odyssee der Kaninchen“ bezeichnet hat.
Für das Hörspiel wurde die komplexe und teilweise grausame Handlung um etliche Stränge und Figuren gekürzt. Von der Sprache und der Mythologie der Kaninchen, die im Buch breiten Raum einnehmen, finden sich hier nur mehr Andeutungen. In drei Teilen erzählt Koppelmann vom Suchen und Finden eines neuen Kaninchen-Zuhauses, nachdem das schöne Sandleford-Gehege einem Wohngebiet weichen musste. Der Umgang der Menschen mit der Natur ist eines der zentralen Themen von „Unten am Fluss“, in dem die Elemente, Sonne und Wind, Blitz und Donner, eine große Rolle spielen.
Der Hörspieladaption geht es aber weniger um die Feinheiten ihrer Vorlage, sie setzt vor allem auf Spannung und Action. Die Absicht, gute Unterhaltung zu bieten, wird verstärkt durch die von Henrik Albrecht komponierte und vom SWR-Rundfunkorchester Kaiserslautern eingespielte Musik, die einer opulenten Filmmusik in nichts nachsteht. Der Hörer wird wie im Popcorn-Kino durch die Geschichte gejagt, unterbrochen nur von kurzen Verschnaufpausen. Bis die von Hazel angeführten Kaninchen auf dem idyllisch gelegenen Hügel Watership Down einen neuen Bau errichten können, müssen sie in einer dramatischen Überfahrt einen Fluss durchqueren und sich durchs Gehölz schlagen: „Mit letzter Kraft zogen sie weiter.“ Nur um dann festzustellen, dass ihnen die Weibchen fehlen.
Im zweiten Teil wird erzählt, wie sie mit List und Tücke die Weibchen aus dem Gehege von General Woundwart entführen, der hier wie ein Diktator herrscht. Es ist die Stunde des kampferprobten Bigwig, gesprochen von Gottfried Breitfuß, der sich dort undercover einschleust und schließlich mit den unterdrückten Weibchen fliehen kann. Das blutige Nachspiel dieser Flucht ist dem dritten Teil vorbehalten, der nach einem nervenzerfetzenden Gefecht mit der Moral der Geschichte endet. Nachdem Woundwart den Vorschlag Hazels, „eine Vereinigung freier unabhängiger Gehege“ zu bilden, aus Dummheit und Machthunger abgelehnt hat, siegen im Kampf die großherzigen über die engherzigen Kaninchen. (ab 10 Jahre).
FLORIAN WELLE
Richard Adams:
Unten am Fluss.
Mit Peter Fricke, Sophie Rois, Jens Wawrczeck u.a. 3 CDs. Länge
2 Stunden 42 Minuten.
Der Audio Verlag, Berlin 2021, 14,99 Euro.
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