Was bewegt Banker, welchen Ängsten, Herausforderungen und Versuchungen sind sie ausgesetzt? Zum allerersten Mal wird ihre Welt von innen heraus beleuchtet - überraschend, provokant und unterhaltsam. In »Unter Bankern« treibt Joris Luyendijk in der objektiven Manier des Ethnologen die Entmystifizierung der selbst ernannten Herrscher der modernen Weltordnung voran.
Welches Bild haben Banker von sich selbst und vom Rest der Gesellschaft? Luyendijks Buch brilliert mit seinem unbestechlichen anthropologischen Blick und bringt dadurch auf beispiellose Weise Licht in ein undurchsichtiges System. Dafür hat er umfangreiche Recherchen betrieben und unter anderem Hunderte Interviews mit Investmentbankern, Angestellten aus Rechts- und Risikoabteilungen, Rating-Agenturen, IT und HR sowie mit Kontrolleuren, Headhuntern und Therapeuten geführt. So erzielt er das, was oft eingeklagt, aber selten eingelöst wird: Transparenz in einem System, das eine Blaupause für kurzsichtiges Denken, schnellen Profit, Missbrauch und lukrative Verantwortungslosigkeit ist. Doch, so Luyendijks These, nicht der Mensch Banker ist verkommen, sondern das System. Eine aufschlussreiche, packende und schockierende Innenansicht der Finanzwelt, die zwingend benötigt wird.
Welches Bild haben Banker von sich selbst und vom Rest der Gesellschaft? Luyendijks Buch brilliert mit seinem unbestechlichen anthropologischen Blick und bringt dadurch auf beispiellose Weise Licht in ein undurchsichtiges System. Dafür hat er umfangreiche Recherchen betrieben und unter anderem Hunderte Interviews mit Investmentbankern, Angestellten aus Rechts- und Risikoabteilungen, Rating-Agenturen, IT und HR sowie mit Kontrolleuren, Headhuntern und Therapeuten geführt. So erzielt er das, was oft eingeklagt, aber selten eingelöst wird: Transparenz in einem System, das eine Blaupause für kurzsichtiges Denken, schnellen Profit, Missbrauch und lukrative Verantwortungslosigkeit ist. Doch, so Luyendijks These, nicht der Mensch Banker ist verkommen, sondern das System. Eine aufschlussreiche, packende und schockierende Innenansicht der Finanzwelt, die zwingend benötigt wird.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 25.07.2015Der Weg zum Gorilla beginnt mit einem Budget
Feldforschung im Finanzdistrikt: Der Journalist Joris Luyendijk hat sich im Milieu der Banker umgesehen
Die Finanzkrise, ihre Ursachen und Auswirkungen, beschäftigt immer noch viele Menschen. Das öffentliche Bild der Banker ist nach wie vor mit ihr verknüpft. Der niederländische Journalist Joris Luyendijk ist im Jahr 2011 im Auftrag des britischen "Guardian" nach London gefahren und hat mehrere Jahre im Finanzdistrikt der Weltstadt recherchiert. Er sprach mit Investmentprofis, Mitarbeitern von Ratingagenturen, Analysten. Er traf sie in Bars, schaute und hörte sich in Bankbüros selbst um. Entstanden ist daraus sein Buch "Unter Bankern. Eine Spezies wird besichtigt". Der Titel ist dabei Programm.
Kurzweilig und im Plauderton erzählt Luyendijk von seinen Treffen und wie er sich Zugang zu dem kleinen (oder großen) Kosmos der Banker verschaffte. Wie er zum Beispiel mit dem für Nicht-Banker unverständlichen Vokabular der Branche kollidierte - und wie er diese Sprache langsam lernte und zum "Einheimischen" wurde. Gerade wer im Investmentbanking arbeitet oder einmal gearbeitet hat, dürfte hier eine selbstgemachte Erfahrung leicht wiedererkennen. Und über die Anekdote eines Aktienhändlers lächeln, der davon erzählt, wie sich Banker um möglichst hohe Boni bemühen: Einem Ritual gleich lassen sie, so erzählt er, immer schon im September und Oktober in Anwesenheit ihrer Chefs fallen, an welchen Geschäften sie im jeweiligen Jahr beteiligt waren, welche Deals sie einfädeln halfen.
Ganz wichtig, dass dabei der eigene Name fällt - "Revenue tourism" nennen sie in der Branche dieses Verhalten. Sehr deutlich macht Luyendijk auch, dass es nicht den Banker gibt, ja nicht einmal den Investmentbanker. Er beschreibt, wie allein innerhalb einer Investmentbank unterschiedliche Subkulturen existieren - "ein gefundenes Fressen für jeden Ethnologen". Da sind beispielsweise die "Quants", hochspezialisierte Finanzmathematiker.
Die Nicht-Quants reden über Quants wie die Nicht-Nerds über Nerds - mit insgeheimer Bewunderung. Da nennt der Händler einen Dealmaker "reine Büroraumverschwendung". Und da ist der Investmentbanker, der Luyendijk zu Beginn ihres Interviews fragt, wohin sich ein dreihundert Kilo schwerer Gorilla setze, um dann selbst zu antworten: "Wohin er will. Als Newcomer bei einer Investmentbank bist du das Gegenteil von einem Gorilla. Du musst dir deinen Platz erkämpfen. Niemand hat Zeit. Niemand interessiert sich dafür, wer du bist. Du bekommst lediglich ein Budget: den Betrag, den du für die Bank verdienen sollst." Die Szene erinnert an den Stil des bislang nicht eingeholten Bestsellers "Liar's Poker" von Michael Lewis aus dem Jahr 1989.
Während Luyendijk von seinen vielen Begegnungen schreibt, lernt der Leser beinahe nebenbei einiges über Zusammenhänge in der Finanzwelt, darüber, was Banken, Hedgefonds, Aufseher und Verbriefungen sind. Was ihm fehlen mag, ist so etwas wie eine Leitfrage, eine zentrale Botschaft, die der Autor loswerden möchte. Die gibt es nicht, das gibt er auch gleich zu Beginn zu. Ein Fazit zieht er, wenn er seine Antwort auf die Frage von Freunden wiedergibt, was ihn denn bei seiner Feldforschung besonders erstaunt habe: "Am meisten erschütterte mich das zutiefst verwurzelte kurzfristige Denken in offensichtlich höchst gefährlichen Banken. Dass Leute ,ihre' Bank, ohne mit der Wimper zu zucken, als eine austauschbare Plattform oder ,Hülle' beschreiben und Dinge sagen wie: ,Man braucht nun mal einen Standort, um zu handeln.' Aber im Prinzip heißt es: Wir Händler gegen die Bank." Das ist eine beklemmende Aussage. Und eine, die nicht nur er trifft, sieben Jahre nachdem die Investmentbank Lehman Brothers pleiteging.
ALEXANDER ARMBRUSTER.
Joris Luyendijk: "Unter Bankern". Eine Spezies wird besichtigt.
Aus dem Niederländischen von Anne Middelhoek. Tropen Verlag, Stuttgart 2015. 267 S., geb., 19,95 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Feldforschung im Finanzdistrikt: Der Journalist Joris Luyendijk hat sich im Milieu der Banker umgesehen
Die Finanzkrise, ihre Ursachen und Auswirkungen, beschäftigt immer noch viele Menschen. Das öffentliche Bild der Banker ist nach wie vor mit ihr verknüpft. Der niederländische Journalist Joris Luyendijk ist im Jahr 2011 im Auftrag des britischen "Guardian" nach London gefahren und hat mehrere Jahre im Finanzdistrikt der Weltstadt recherchiert. Er sprach mit Investmentprofis, Mitarbeitern von Ratingagenturen, Analysten. Er traf sie in Bars, schaute und hörte sich in Bankbüros selbst um. Entstanden ist daraus sein Buch "Unter Bankern. Eine Spezies wird besichtigt". Der Titel ist dabei Programm.
Kurzweilig und im Plauderton erzählt Luyendijk von seinen Treffen und wie er sich Zugang zu dem kleinen (oder großen) Kosmos der Banker verschaffte. Wie er zum Beispiel mit dem für Nicht-Banker unverständlichen Vokabular der Branche kollidierte - und wie er diese Sprache langsam lernte und zum "Einheimischen" wurde. Gerade wer im Investmentbanking arbeitet oder einmal gearbeitet hat, dürfte hier eine selbstgemachte Erfahrung leicht wiedererkennen. Und über die Anekdote eines Aktienhändlers lächeln, der davon erzählt, wie sich Banker um möglichst hohe Boni bemühen: Einem Ritual gleich lassen sie, so erzählt er, immer schon im September und Oktober in Anwesenheit ihrer Chefs fallen, an welchen Geschäften sie im jeweiligen Jahr beteiligt waren, welche Deals sie einfädeln halfen.
Ganz wichtig, dass dabei der eigene Name fällt - "Revenue tourism" nennen sie in der Branche dieses Verhalten. Sehr deutlich macht Luyendijk auch, dass es nicht den Banker gibt, ja nicht einmal den Investmentbanker. Er beschreibt, wie allein innerhalb einer Investmentbank unterschiedliche Subkulturen existieren - "ein gefundenes Fressen für jeden Ethnologen". Da sind beispielsweise die "Quants", hochspezialisierte Finanzmathematiker.
Die Nicht-Quants reden über Quants wie die Nicht-Nerds über Nerds - mit insgeheimer Bewunderung. Da nennt der Händler einen Dealmaker "reine Büroraumverschwendung". Und da ist der Investmentbanker, der Luyendijk zu Beginn ihres Interviews fragt, wohin sich ein dreihundert Kilo schwerer Gorilla setze, um dann selbst zu antworten: "Wohin er will. Als Newcomer bei einer Investmentbank bist du das Gegenteil von einem Gorilla. Du musst dir deinen Platz erkämpfen. Niemand hat Zeit. Niemand interessiert sich dafür, wer du bist. Du bekommst lediglich ein Budget: den Betrag, den du für die Bank verdienen sollst." Die Szene erinnert an den Stil des bislang nicht eingeholten Bestsellers "Liar's Poker" von Michael Lewis aus dem Jahr 1989.
Während Luyendijk von seinen vielen Begegnungen schreibt, lernt der Leser beinahe nebenbei einiges über Zusammenhänge in der Finanzwelt, darüber, was Banken, Hedgefonds, Aufseher und Verbriefungen sind. Was ihm fehlen mag, ist so etwas wie eine Leitfrage, eine zentrale Botschaft, die der Autor loswerden möchte. Die gibt es nicht, das gibt er auch gleich zu Beginn zu. Ein Fazit zieht er, wenn er seine Antwort auf die Frage von Freunden wiedergibt, was ihn denn bei seiner Feldforschung besonders erstaunt habe: "Am meisten erschütterte mich das zutiefst verwurzelte kurzfristige Denken in offensichtlich höchst gefährlichen Banken. Dass Leute ,ihre' Bank, ohne mit der Wimper zu zucken, als eine austauschbare Plattform oder ,Hülle' beschreiben und Dinge sagen wie: ,Man braucht nun mal einen Standort, um zu handeln.' Aber im Prinzip heißt es: Wir Händler gegen die Bank." Das ist eine beklemmende Aussage. Und eine, die nicht nur er trifft, sieben Jahre nachdem die Investmentbank Lehman Brothers pleiteging.
ALEXANDER ARMBRUSTER.
Joris Luyendijk: "Unter Bankern". Eine Spezies wird besichtigt.
Aus dem Niederländischen von Anne Middelhoek. Tropen Verlag, Stuttgart 2015. 267 S., geb., 19,95 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
»Während Luyendijk von seinen vielen Begegnungen schreibt, lernt der Leser beinahe nebenbei einiges über Zusammenhänge in der Finanzwelt, darüber, was Banken, Hedgefonds, Aufseher und Verbriefungen sind.« Frankfurter Allgemeine Zeitung, 27.7.2015 »Luyendijk geht nicht volkswirtschaftlich vor und argumentiert auch nicht mit einem auf Zahlen basierten Blickwinkel, sondern aus den Augen der betroffenen Mitarbeiter heraus. So öffnen sich dem Leser wahrlich die Augen und er lernt eine andere Sicht der Dinge kennen.« Julian Achleitner, Bankingnews, 20.7.2015 »Wer Joris Luyendijks Buch liest, wird viel Stoff zum Nachdenken und Diskutieren haben.« Rebecca Hillauer, SRF Kultur Kompakt, 12.6.2015 »Eben weil er sich auf die Binnenperspektive einlässt, kann Luyendijk die strukturellen Probleme genau erkennen.« Jens Bisky, Süddeutsche Zeitung, 3.6.2015 »"Unter Bankern" ist vor allem ungemein spannend, bietet es doch einen Einblick in die Gefühlswelt der Menschen, die in "The City", dem Londoner Finanzplatz, großes und ganz großes Geld bewegen.« Anja Kraus, Die Bank, Dezember 2015