Bologna, "la grassa", wie die Stadt aufgrund ihrer Neigung zu fleischlichen Genüssen heißt, ist bei uns als Krimistadt noch nicht in den Bücherlisten aufgetaucht - dies allerdings zu Unrecht! Schon seit den siebziger Jahren gibt es den Commissario Antonio Sarti aus der Feder von Loriano
Macchiavelli, der sich mit deinem Helden auf eine wundervoll ironische Weise zu unterhalten pflegt. Nun gibt es…mehrBologna, "la grassa", wie die Stadt aufgrund ihrer Neigung zu fleischlichen Genüssen heißt, ist bei uns als Krimistadt noch nicht in den Bücherlisten aufgetaucht - dies allerdings zu Unrecht! Schon seit den siebziger Jahren gibt es den Commissario Antonio Sarti aus der Feder von Loriano Macchiavelli, der sich mit deinem Helden auf eine wundervoll ironische Weise zu unterhalten pflegt. Nun gibt es die ersten Sarti-Romane also auch nördlich der Alpen, und das ist überfällig, verkörpert Sarti doch einen ganz anderen Typus als die bislang bekannten: Aurelio Zen, Salvo Montalbano, Guarnaccia (der unsäglich überzeichnete Brunetti wird ausdrücklich nicht in dieser Ahnengalerie erwähnt!). Sarti ist auf seine Weise ein echter Italiener: Immer wieder an sich zweifelnd, immer auf der Hut, sich die Mächtigen nicht zum Feind zu machen, aber auch immer mit einem guten Herzen durch seine Heimatstadt unterwegs, wobei ihm allerdings Schlafmangel und ein empfindlicher Magen zu schaffen machen...
Und in Bologna hat er es mit einem kniffligen Fall zu tun: Aus dem Kanalsystem wird eine Leiche angespült, die sich als der Körper eines jungen Kripo-Beamten herausstellt, der wegen angeblicher Mafia-Kontakte in den Norden strafversetzt worden war. Die anfängliche Fährte, auf die Sarti stößt, scheint lange schlüssig, aber die schließlich aufgetane Wahrheit überrascht nicht nur ihn, sondern auch den Leser...
Was macht diesen Roman so lesenswert?
Zunächst einmal die bereits erwähnte Erzählweise von Macchiavelli, die sicherlich auf den ersten Seiten ungewohnt ist, dann aber immer wieder interessante Erzählmomente ermöglicht. Außerdem die Stadt: Ein Großteil der Geschichte - aber beileibe nicht die Ganze! - spielt sich im alten Kanalsystem Bolognas ab, wodurch man die Geheimnisse Stadt in ihrer ganzen Doppeldeutigkeit erlebt. Auch der plot ist überzeugend: gut konstruiert, mit schönen erzählerischen Höhepunkten. Und dann sind da noch die Figuren: Neben Sarti sind da noch der über alle Maßen schrullige und unendlich komische Rosas, ein Faktotum der Bologner Uni, der Sarti auch in den anderen Romanen bei der Lösung der Fälle behilflich ist, sowie der junge Staatsanwalt mit dem vielsagenden Namen Mozart und andere Repräsentanten eines bunt schillernden Menschenkaleidoskops...
Fazit: Dieses Buch wird jeden Liebhaber italienischer Kriminalromane durch seine starke erzählerische Leistung überzeugen! Und: endlich spricht es einmal ein Commissario aus: Der Espresso aus der traditionellen "Moca" muss langsam erwärmt werden, zu schnelle Hitze schadet ihm! Und: Erst den Zucker in die Tasse, dann den Espresso! Man darf Sarti das ruhig glauben, so viel Espresso wie er auf ca. 350 Seiten konsumiert...