"Das ist das Erste, was mich an Eibel Erzbergs Gedichten verblüfft: sie sind von einer eleganten Selbstverständlichkeit. Sie hängen nicht am Tropf des Bildungskanons und sie sind auch nicht von den Privatschwierigkeiten jener Art von Autoren gezeichnet, deren Texten man anmerkt, dass sie aus der
tapferen Überwindung einer Einfallslosigkeit entstanden sind.” (Zitat aus dem Nachwort)
Wenn der…mehr"Das ist das Erste, was mich an Eibel Erzbergs Gedichten verblüfft: sie sind von einer eleganten Selbstverständlichkeit. Sie hängen nicht am Tropf des Bildungskanons und sie sind auch nicht von den Privatschwierigkeiten jener Art von Autoren gezeichnet, deren Texten man anmerkt, dass sie aus der tapferen Überwindung einer Einfallslosigkeit entstanden sind.” (Zitat aus dem Nachwort)
Wenn der durchaus elaborierte Essayist und Intellektuelle Franz Schuh so etwas in ein Nachwort schreibt, dann gleicht das quasi einem Ritterschlag – und es macht außerdem Erwartungen auf, zu große natürlich, die von den schlichten, spaßig-sporadischen Gedichten nicht eingelöst werden können.
“and that’s the point
du ziehst am joint
hast eine zündende idee:
das all hat einen knall
ur”
Dabei kann ich verstehen, worauf Schuh mit seinen Ausführungen abzielt, aber er hätte sie halt nicht so generös und groß aufblasen sollen, bis aus Vorzügen strahlende Qualitäten werden. Ja, diese Gedichte hängen an keinem Bildungskanon und die tapfere Überwindung der Einfallslosigkeit kann man ihnen auch nicht vorwerfen. Letzteres aber nur, weil man ihnen generell eher selten eine besondere Mühe ansehen kann. Diese Gedichte sind poetische Eintagsfliegen, die es sich leicht machen, die sich die meiste Zeit von einem Wortspiel zum nächsten, vom Alltagsschnippchen zur Polemik hangeln und das alles in Verse setzen. Hier und da geschieht das mit einem gewissen Formwillen, manchmal aber auch dermaßen salopp und bar jeder Eleganz, dass ich die Haare sträuben. Wenn ein Gedicht schon so beginnt:
“heut gibt’s kein zwingen
kein muss zum gelingen”
muss ich zugeben, schalte ich ab. Dabei ist die Idee hinter diesen Gedichten eine alte und nicht unbedingt schlechte: die der Gebrauchslyrik. Der Verse, die einfach das Profane des Lebens einfangen und, durch ihre Form und ihre Dynamik, um eine transzendente Ebene ergänzen. In manchen Gedichten von Eibel Erzberg geschieht das auf gelungene, sogar sensible Weise. Zum Beispiel in einem Gedicht, wo es um das Lachen geht und wo es heißt:
“meine mutter sagte: schau
und schon lachten meine schwester und ich
[…]
und heute geht das lachen ohne schau
ohne schau genau
nur viel seltener”
Der Wunsch nach dem Kindheitslachen, der hier zum Ausdruck gebracht wird, ist durchaus ein würdiges Sujet für ein Gedicht. Und auch manche schnoddrige oder hintersinnige Replik oder kritische Wortmeldung gelingt dem Autor vorzüglich, so ein Gedicht zum Thema “Normalität”:
“wars nicht vorgestern
oder erst gestern?
noch normal?”
Aber all diese Möglichkeiten schöpft der Band eben nicht immer voll aus und nicht immer formt er sie aus. Oft gefallen sich die Gedichte in einer Gefläztheit, die dann auch etwas Gestelztes mit sich bringt. Die Selbstverständlichkeit, von der Schuh spricht, kann halt schnell zur bequemlichen Basis werden, zur Entschuldigung für wenig Form, für wenig Ästhetik und wenig Gewinn für die Lesenden.
Ich mag die Richtung, in die sich die Leichtigkeit mancher Verse wendet, aber man muss sich hier schon die Rosinen aus dem Kuchen picken. Das nervt mitunter, und bei einer kleineren Auswahl mit etwas weniger plumpen Schnellschüssen, wäre dieser Eindruck zu verhindern gewesen.