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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 21.07.2008

Unternehmensbewertung
Ein leider etwas unkoordiniertes Kompendium

Zum Thema Unternehmensbewertung gibt es zahlreiche betriebswirtschaftliche Abhandlungen, die sich insbesondere auf methodische Ausführungen zur Berechnung des ökonomisch exakten Unternehmenswertes konzentrieren. Bei den heute nicht gerade seltenen Anlässen zur Unternehmensbewertung wie Umgründungen, Unternehmenstransaktionen und Privatisierungen helfen die Textbücher allerdings nur bedingt weiter, fehlt es den Bewertern doch üblicherweise an zuverlässigen Prognosen der zukünftigen Cashflows und der Geschäftsrisiken, aus denen sich letztlich der Zukunftswert eines Unternehmens errechnet.

Zwar orientiert sich die Unternehmensbewertung in der Praxis heute an der theoretisch fundierten kapitalmarktorientierten Bewertungsmethodik, dennoch ist sie kein mathematisches Handwerk, sondern eher eine Kunst, die detaillierte Branchenkenntnisse, Erfahrung und Können des Unternehmensbewerters bei der Einschätzung der zukünftigen Unternehmensentwicklung voraussetzt. Unternehmenswerte - und die zugrunde liegenden Annahmen über die Zukunft - sind insofern nicht richtig, sondern sorgfältig oder weniger sorgfältig ermittelt.

Im deutschsprachigen Raum müssen die Bewerter bei den Bewertungsanlässen neben den einschlägigen Rechtsgrundlagen vor allem berufsständische Normen beachten. Genau hier setzt das vorliegende etwas sperrig geschriebene Sammelwerk an, das der österreichische KPMG-Experte Gottwald Kranebitter herausgegeben hat. Das nach kurzer Zeit schon in der zweiten Auflage publizierte Werk erhebt nicht den Anspruch, neue Ansätze der Unternehmensbewertung zu kreieren und setzt sich auch nicht kritisch mit den vorhandenen Ansätzen auseinander.

Es ist vielmehr ein Werk aus der Praxis für die Praxis, an dem zahlreiche Experten aus Deutschland, Österreich und der Schweiz (DACH-Region) leider etwas unkoordiniert ohne die ordnende Hand des Herausgebers mitgewirkt haben. Dies führt zu Redundanzen und hat den Umfang der Schrift über Gebühr aufgebläht.

Das Buch widmet sich ausschließlich der anlassbezogenen Ermittlung von Unternehmenswerten in der Praxis, nicht jedoch der wertorientierten Unternehmensführung (F.A.Z. vom 29. März. 2004). Das Ziel der Unternehmensbewertung sehen die Verfasser darin, einen für den konkreten Anlass und Adressaten sorgfältig errechneten Zukunftswert des Unternehmens zu ermitteln, der nachvollziehbar und in Kauf- und Verkaufsverhandlungen argumentierbar ist, da er die Wachstumschancen, die Ertragslage und Risiken des Bewertungsobjektes richtig wiedergibt.

Das Werk wendet sich gezielt an Praktiker: Unternehmer, Wirtschaftsprüfer, Sachverständige und Investmentbanker. Es erläutert die einschlägigen gesetzlichen und besonders die berufsständischen Normen in der DACH-Region und stellt diese - leider ohne kritische Würdigung - im Volltext zur Verfügung.

Es bietet praktische Hilfestellungen im Hinblick auf die verschiedenen Bewertungsanlässe und die daraus resultierenden Bewertungszwecke und skizziert den Prozess der Bewertung inklusive der Haftung des Gutachters gegenüber dem Besteller des Wertgutachtens. Besonders lesenswert sind die Ausführungen zur Bewertung von Unternehmen aus ganz unterschiedlichen Branchen wie Banken, Versicherungen, Handel und Industrie sowie von Leasinggesellschaften. Eine solche Gegenüberstellung ist in der Fachliteratur Mangelware.

Insgesamt ist das Buch ein Kompendium für den professionellen Unternehmensbewerter, keineswegs jedoch eine Einführung in die Unternehmensbewertung "light". Es trägt dazu bei, dass zur kapitalmarktorientierten Unternehmensbewertung nicht nur alles noch einmal gesagt wird, sondern dass hierfür in der Praxis auch alles richtig getan wird.

ROBERT FIETEN

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