Im Turbo-Kapitalismus einer globalisierten Weltwirtschaft besteht die Gefahr, daß sich die Standards des sozialen und ökologischen Handelns von Unternehmen auf den kleinsmöglichen Nenner reduzieren. Dies ist nicht nur unvereinbar mit einer menschengerechten, nachhaltigen Entwicklung, sondern es widerspricht auf dem langfristigen wohlverstandenen eigenen Interesse von Unternehmen. Das Buch zeigt die Möglichkeiten, unternehmensethische Ambitionen in die Praxis umzusetzen.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 22.09.1997Unternehmensethik - Moral bringt Kapital
Klaus Leisinger appelliert an das Eigeninteresse der Betriebe
Klaus M. Leisinger: Unternehmensethik. Globale Verantwortung und modernes Management. Verlag C. H. Beck, München 1997, 250 Seiten, 45 DM.
Die liberale Demokratie verwirklicht sich unter anderem durch die Bewegungsfreiheit für ihre Unternehmen. Sie arbeiten nicht staatsfrei, aber staatsfern. In diesem Raum freiheitlicher Entscheidungsfindung vollzieht sich die beispiellose Wohlstandsmehrung der Marktwirtschaft. Jeder Unternehmer hat dabei zuerst die begrenzten Ziele des eigenen Betriebs im Auge. Auch soziale und ökologische Verpflichtungen müssen sich zuallererst für das eigene Unternehmen lohnen, sei es im Ansehen, im Vermeiden behördlicher Eingriffe oder in einer anderen Kosten-Nutzen-Relation.
Klaus Leisinger sind diese Gedanken nicht fremd. Und doch sagt er mit Blick auf den Menschen als Wesen mit Vernunft und Moral: "Die zu schützende Existenz des einzelnen sowie die eines Unternehmens muß also mehr als das physische Dasein umfassen - nämlich eine Existenz nach sittlichen Maßstäben." Damit hat Leisinger die Ausgangsposition beschrieben, aus der heraus er seine Gedanken zur Unternehmensethik entwickelt. Es ist ein gut lesbares und höchst lesenswertes Buch. Der Autor, früher für die Pharmaindustrie in Ostafrika tätig, ist heute Geschäftsführer und Delegierter des Stiftungsrates der Ciba-Geigy-Stiftung für Zusammenarbeit mit Entwicklungsländern sowie Professor für Entwicklungssoziologie an der Universität Basel. Er verfügt damit über praktische Erfahrungen als Manager ebenso wie über die Fähigkeit zur theoretischen Durchdringung des Sachverhaltes. Beides kommt dem Band zugute.
Leisinger verengt weder den Blick der Unternehmensethik auf eine "umweltgerechte Produktion", noch erwartet er vom Staat die Allheilmittel in Sachen Moral. Vielmehr geht er in drei Schritten durch das Thema. Zunächst beleuchtet er die heutigen gesellschaftlichen Erwartungen an die Unternehmen und deren eigene Wahrnehmung. Im zweiten Kapitel versucht Leisinger zu zeigen, welche Faktoren ein "ethisches" Verhalten von Unternehmen verhindern und welche Verirrungen das bei Fragen der Menschenrechte, der Vermeidung von Korruption und im Umweltschutz nach sich zieht. Das dritte Kapitel ist verschiedenen Lösungsansätzen gewidmet, deren Ausgangspunkt die Erweiterung des "Shareholder Value" zum "Stakeholder Value" aller von den Unternehmensentscheidungen Betroffenen darstellt. Besonders interessant ist das Kapitel "Moral bringt Kapital". Der Autor räumt ein, daß die Beachtung ethischer Grundsätze zumindest auf kurze Frist mit höheren Kosten sowie Umsatz- und Gewinneinbußen verbunden sein dürfte. Zugleich zeigt er - ungeachtet einiger sozialschwärmerischer Anklänge - die längerfristig positiven Wirkungen, mit denen die Unternehmen rechnen können.
Hier sind vor allem die Kunden gefragt. Prüfungsinstanz für den unternehmerischen Erfolg sind nicht Pfarrer und Zensoren, nicht Staatskommissare oder Richter, sondern die Abnehmer der Produkte und Dienstleistungen, mit anderen Worten der Markt. Unternehmensethik bleibt in vielen Fällen so lange eine bloße Hülle, als die Kunden nicht selbst darauf achten, daß die Manager jene sittlichen Maßstäbe einhalten, die das Gemeinwesen als wichtig erachtet. JÜRGEN DUNSCH
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Klaus Leisinger appelliert an das Eigeninteresse der Betriebe
Klaus M. Leisinger: Unternehmensethik. Globale Verantwortung und modernes Management. Verlag C. H. Beck, München 1997, 250 Seiten, 45 DM.
Die liberale Demokratie verwirklicht sich unter anderem durch die Bewegungsfreiheit für ihre Unternehmen. Sie arbeiten nicht staatsfrei, aber staatsfern. In diesem Raum freiheitlicher Entscheidungsfindung vollzieht sich die beispiellose Wohlstandsmehrung der Marktwirtschaft. Jeder Unternehmer hat dabei zuerst die begrenzten Ziele des eigenen Betriebs im Auge. Auch soziale und ökologische Verpflichtungen müssen sich zuallererst für das eigene Unternehmen lohnen, sei es im Ansehen, im Vermeiden behördlicher Eingriffe oder in einer anderen Kosten-Nutzen-Relation.
Klaus Leisinger sind diese Gedanken nicht fremd. Und doch sagt er mit Blick auf den Menschen als Wesen mit Vernunft und Moral: "Die zu schützende Existenz des einzelnen sowie die eines Unternehmens muß also mehr als das physische Dasein umfassen - nämlich eine Existenz nach sittlichen Maßstäben." Damit hat Leisinger die Ausgangsposition beschrieben, aus der heraus er seine Gedanken zur Unternehmensethik entwickelt. Es ist ein gut lesbares und höchst lesenswertes Buch. Der Autor, früher für die Pharmaindustrie in Ostafrika tätig, ist heute Geschäftsführer und Delegierter des Stiftungsrates der Ciba-Geigy-Stiftung für Zusammenarbeit mit Entwicklungsländern sowie Professor für Entwicklungssoziologie an der Universität Basel. Er verfügt damit über praktische Erfahrungen als Manager ebenso wie über die Fähigkeit zur theoretischen Durchdringung des Sachverhaltes. Beides kommt dem Band zugute.
Leisinger verengt weder den Blick der Unternehmensethik auf eine "umweltgerechte Produktion", noch erwartet er vom Staat die Allheilmittel in Sachen Moral. Vielmehr geht er in drei Schritten durch das Thema. Zunächst beleuchtet er die heutigen gesellschaftlichen Erwartungen an die Unternehmen und deren eigene Wahrnehmung. Im zweiten Kapitel versucht Leisinger zu zeigen, welche Faktoren ein "ethisches" Verhalten von Unternehmen verhindern und welche Verirrungen das bei Fragen der Menschenrechte, der Vermeidung von Korruption und im Umweltschutz nach sich zieht. Das dritte Kapitel ist verschiedenen Lösungsansätzen gewidmet, deren Ausgangspunkt die Erweiterung des "Shareholder Value" zum "Stakeholder Value" aller von den Unternehmensentscheidungen Betroffenen darstellt. Besonders interessant ist das Kapitel "Moral bringt Kapital". Der Autor räumt ein, daß die Beachtung ethischer Grundsätze zumindest auf kurze Frist mit höheren Kosten sowie Umsatz- und Gewinneinbußen verbunden sein dürfte. Zugleich zeigt er - ungeachtet einiger sozialschwärmerischer Anklänge - die längerfristig positiven Wirkungen, mit denen die Unternehmen rechnen können.
Hier sind vor allem die Kunden gefragt. Prüfungsinstanz für den unternehmerischen Erfolg sind nicht Pfarrer und Zensoren, nicht Staatskommissare oder Richter, sondern die Abnehmer der Produkte und Dienstleistungen, mit anderen Worten der Markt. Unternehmensethik bleibt in vielen Fällen so lange eine bloße Hülle, als die Kunden nicht selbst darauf achten, daß die Manager jene sittlichen Maßstäbe einhalten, die das Gemeinwesen als wichtig erachtet. JÜRGEN DUNSCH
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