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  • Broschiertes Buch

Produktdetails
  • Verlag: Das Neue Berlin
  • Seitenzahl: 350
  • Deutsch, Französisch
  • Abmessung: 210mm
  • Gewicht: 623g
  • ISBN-13: 9783360010148
  • ISBN-10: 3360010140
  • Artikelnr.: 09012010
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 20.12.2000

Alles Gute kommt aus Frankreich
Einwanderungsland Brandenburg: Werner Gahrig unternimmt Ausflüge zu den Hugenotten

Brandenburg war immer ein Einwanderungsland. Diesen Satz spricht der brandenburgische Ministerpräsident Stolpe (SPD) gern aus. Er schaut dabei insgeheim auf seine Aktualität im Hinblick auf die ausländerfeindlichen Übergriffe im Land.

Historisch gesehen stimmt die Aussage. Brandenburg hat eine für seine jeweilige Zeit sehr moderne Einwanderungspolitik betrieben. Die Einwanderung der Hugenotten ist dafür das beste Beispiel. "Hugenot" war ursprünglich in Frankreich ein Schimpfwort, mit dem die katholische Liga die Protestanten bezeichnete. Die Hugenotten wurden in ihrem Heimatland verfolgt. Etwa 900 000 soll es gegeben haben, 200 000 davon flohen. Jeder zehnte der Flüchtlinge soll nach Brandenburg gekommen sein. Ursprünglich kamen sie in sechzig brandenburgischen Siedlungen unter.

Überdurchschnittlich viele Hugenotten siedelten in der Uckermark. Nach Brandenburg waren sie eingeladen worden. Der Große Kurfürst hatte den Flüchtlingen im Edikt von Potsdam 1685 nicht nur Religionsfreiheit zugesichert, er gab ihnen auch Privilegien. Das Edikt muß heute herhalten als Beispiel für Toleranz in Glaubensfragen. So war es damals allerdings nicht gemeint. Der Große Kurfürst mußte vielmehr sein Land neu bevölkern, nachdem ihm durch den Dreißigjährigen Krieg etwa die Hälfte der Brandenburger durch Tod oder Flucht verlorengegangen war. Die Hugenotten brachten nicht nur den Wirtschaftsaufschwung nach Brandenburg, sie brachten auch die französische Lebensart mit. Sie brachten den Spargel mit, den Blumenkohl, die Erbse oder den Tabak. Auch Wörter wie Manöver, Buletten oder sogar Muckefuck gehen auf sie zurück. Die Humboldts waren hugenottischer Abstammung, der Zeichner Daniel Chodowiecki und natürlich Theodor Fontane. Was wäre Brandenburg ohne sie!

Die Französische Kirche in Potsdam wurde allerdings erst Mitte des 18. Jahrhunderts nach Plänen von Knobelsdorff gebaut. Sie steht am Bassinplatz und sieht aus wie eine Miniatur der Hedwigskathedrale in Berlin. Die französische Gemeinde muß ihre Tradition erst noch neu finden. Ein paar "echte Hugenotten" gehören dazu, vor allem aber viele andere Menschen, denen das Hugenottische noch heute etwas sagt. In der Kirche ist gerade die restaurierte Orgel fertig geworden. Sie erklang, als am Dienstag dort die Premiere eines Buches gefeiert wurde, das Wege zu den Hugenotten im Land Brandenburg weist. Werner Gahrig, der früher das Ost-Berliner Stadtarchiv geleitet hat und bis September 2000 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für vergleichende Staat-Kirche-Forschung war, hat es geschrieben. Alle beschriebenen Orte hat er selbst besucht. Allein mit den Erlebnissen dieser Reisen ließe sich ein zweites Buch füllen.

"Unterwegs zu den Hugenotten im Land Brandenburg" ist sozusagen die Fortsetzung eines schon sehr erfolgreich gewordenen Buches. Vor einem Jahr erschienen vom selben Autor "Historische Ausflüge" zu den Hugenotten-Stätten in Berlin. Beide Bände sind so schön geworden, daß sie einen Platz unterm märkischen Weihnachtsbaum bekommen sollten. Das ist vor allem den Sponsoren zu danken, die wiederum stark französisch geprägt sind: Gaz de France Deutschland und Erdgas Mark Brandenburg. Beide wunderbaren Bücher sind, so gesehen, Beispiel für deutsch-französische Beziehungen, wie sie sein könnten. Daran sollten sich die offiziellen Vertreter beider Länder ein Beispiel nehmen.

FRANK PERGANDE

"Unterwegs zu den Hugenotten im Land Brandenburg. Historische Ausflüge" von Werner Gahrig erschien als Gemeinschaftsprojekt der Verlage "Edition Ost" und "Das neue Berlin". Das illustrierte Buch hat 352 Seiten und kostet 39,80 Mark. Das Berlin-Buch über die Hugenotten ist gerade in zweiter Auflage erschienen.

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