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Während der Band "Speer und Er" die Filmgeschichte ancherzählt, versammlt dieser zweite Begleitband zu Heinrich Breloers großem Speer-Film die ausführlichen Gespräche, die der Autor mit Familienmitgliedern, Weggefährten, Experten und Zeitzeugen geführt hat. Gut hundert Stunden Interviews wurden aufgezeichnet, darunter lange Gespräche mit drei Speer-Kindern. Dank der akribischen Vorbereitung Breloers und seiner Beharrlichkeit als Interviewer beitet das Material überraschend neue, aufschlussreiche Einblicke in die Persönlichkeit Albert Speers.
Wie keinem zweiten NS-Führer war es Speer
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Produktbeschreibung
Während der Band "Speer und Er" die Filmgeschichte ancherzählt, versammlt dieser zweite Begleitband zu Heinrich Breloers großem Speer-Film die ausführlichen Gespräche, die der Autor mit Familienmitgliedern, Weggefährten, Experten und Zeitzeugen geführt hat. Gut hundert Stunden Interviews wurden aufgezeichnet, darunter lange Gespräche mit drei Speer-Kindern. Dank der akribischen Vorbereitung Breloers und seiner Beharrlichkeit als Interviewer beitet das Material überraschend neue, aufschlussreiche Einblicke in die Persönlichkeit Albert Speers.

Wie keinem zweiten NS-Führer war es Speer gelungen, der Nachwelt das Bild des unpolitischen, allein der sache dienenden Technokraten zu vermitteln. Wie er seine wahre Rolle frühzeitig vertuschte, wie er Mitarbeiter, Freunde und Vertraue zu manipulieren und für seine Zwecke einzuspannen verstand, wird in den freimütigen Äußerungen der Gesprächspartner Heinrich Breloers auf ungeschminkte Weise deutlich. Zugleich erscheinen Speers Verhältnis zu Hitler, seine Tätigkeit als Architekt und Rüstundsminister des Dritten Reiches, seine Rolle im Nürnberger Prozess und seine Spandauer Haftzeit in neunem Licht. Wichtige Dokumente wie Briefe, Erlasse und Notizen Speers ergänzen den Band.

Autorenporträt
Heinrich Breloer, geboren 1942 in Gelsenkirchen, Studium der Literaturwissenschaften und Philosophie in Bonn und Hamburg , danach Promotion zum Dr. phil. Seit 1972 arbeitet er als Autor und Regisseur für Hörfunk und Fernsehen und erhielt viele Preise.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 25.04.2005

Manager des Grauens
Hitlers Architekt und Rüstungsminister Albert Speer war entgegen einem verbreiteten Klischee ein Mann ohne Gefühle
Drei neue, drei gute, sehr gute Bücher über Albert Speer, den Liebling Hitlers, den Reichsarchitekten, später zudem Reichsminister für Bewaffnung und Munition und anderes mehr, Scheinwerfer auf Teile bizarrer Innenwelten, Erinnerungen von Speers Kindern, dazu bislang unbekannte Funde von Archivaren und Reflexionen von Menschen, die Aufschluss gesucht haben bei Speer über Mechanismen der Schreckensherrschaft - man liest das alles mit Beklemmung, irritiert, fasziniert, am Ende ratlos. Wir wissen nun eine Menge mehr über das Deutschland zur Zeit nationalsozialistischer Herrschaft. Doch verstehen wir wirklich mehr davon?
Wir lernen viel über die Schwierigkeit des Verstehens selbst, vielleicht sogar etwas über die Unmöglichkeit endgültigen Verstehens. Es könnte sein - die verwegene These drängt sich auf -, dass ein Verstehen der Nazis im Wachstum eines immer besser begründeten, immer präziser beschriebenen, immer detailreicher ausgestatteten Nichtverstehens besteht.
Neben den Büchern erwartet uns die suggestive Macht klug ausgedachter Bilderfolgen. Am 9., 11. und 12.Mai werden wir uns vor dem Fernseher den vier Folgen (zwei Teile am 12. Mai) von Heinrich Breloers großartiger Faction-Dokumentation „Speer und Er” aussetzen. Zwei der drei hier vorzustellenden Bücher haben die Fernseh-Produktion begleitet, sind aus ihr hervorgegangen. Über die Filme wird heftig diskutiert werden. Für diese Diskussionen sind die Bücher unentbehrlich, weil sie mehr sind als bloße Begleitbücher, mehr transportieren als in die Filmfassungen einging. Sie gehören von nun an zur Forschungsliteratur, zur Literatur über Albert Speer, den „kultivierten Nazi”, wie er genannt worden ist. Seine Recherchen fasst Breloer in „Speer und Er. Hitlers Architekt und Rüstungsminister” zusammen: „Am Ende war er der Manager des Grauens.”
Das Buch, das Breloer zusammen mit Barbara Hoffmeister geschrieben hat, beruht auf den Drehbüchern, erweitert sie und arrangiert ihr Material neu. Es ist ein spannungsreiches Werk, das für sich selbst steht. Dies zeichnet das Buch aus: Es verharrt nicht im Abernten und Weiterverwerten bereits vorliegender Arbeiten, es zeigt die Ergebnisse einer Rechercheleidenschaft, die angetrieben wird von der Obsession, der deutschen Schreckensgeschichte des 20. Jahrhunderts neue Erkenntnisse abzugewinnen.
„Der kultivierte Nazi”
Als vor allem anderen verstörend erweist sich Breloers präzis und überzeugend geführter Beweis von Speers Organisation, Planung und Ausbeutung mehrerer Konzentrationslager, darunter des Lagers Auschwitz. Da zeigt sich, dass der „kultivierte Nazi” vor dem Nürnberger Tribunal und als Autor autobiografischer Bestseller ein Lügner, als Handelnder ein phantasie- und gefühlloser Verbrecher war. Da hilft auch die nur pathologisch zu erklärende Spaltung des nach 20 Jahren aus der Haft entlassenen Verantwortungs-, nicht Schuldbekenners wenig, der sich zum Selbstschutz in zwei Personen aufteilte. Die eine sagte über die andere (als sei er selbst jetzt nur Beobachter und nicht früher ursächlich Handelnder gewesen): „Er hätte wissen können, wenn er gewollt hätte.” Nur das. Nicht einmal, auch gespalten: „Er hat das in Gang gesetzt, er hat das benutzt.”
In den siebziger Jahren des vorigen Jahrhunderts wurde in der Psychologie ein Wort erfunden, das den Persönlichkeitstyp kennzeichnet, zu dem Speer gehört: Alexithymie. Übersetzt bedeutet es die Unfähigkeit, Gefühle zu lesen und zu empfinden, erst bei sich selbst, dann bei anderen. Gefühlsblindheit ist ein anderes Wort für dieses sich epidemisch in der Welt ausbreitende Phänomen. Wenn wir die stockend-abgehackte, maskiert-distanzierte Redeweise Speers bedenken, die in seinen aufgezeichneten Interviews zu hören war, dann ist es nicht falsch spekuliert, wenn wir ihn dem Stamm dieser Alexithymen zurechnen. Mitleidlose Gefühlsblindheit, nicht zu verwechseln mit Temperamentlosigkeit, gehörte zur seelischen Ausstattung der Nazigrößen und ihrer Knechte. Auch unter diesem Gesichtspunkt gehört Speer ganz und gar zum inneren Kreis der Terrorbande.
Liest man, mit dem Konzept Alexithymie im Kopf, den zweiten Band, den Breloer mit Rainer Zimmer verfasst hat, dann erschließt sich mehr, als die Texte allein enthalten. „Unterwegs zur Familie Speer” bringt die Gespräche in ihrem ganzen Umfang, die Breloer für die Filme geführt hat. Abgedruckt sind die Interviews mit drei Kindern Speers und einem Neffen, dazu Protokolle der Unterhaltungen mit Zeitzeugen und Experten. Seine Arbeitsweise beschreibt Breloer im Vorwort: „Meine Fragen an die Kinder Albert Speers waren immer auch zugleich Fragen an mich selbst.” In diesem Satz zeigt sich eine Haltung, die auf keiner Seite der beiden Bände aufgegeben ist und der sie ihre Faszination verdanken.
Es sind die ständig stumm mitlaufenden Fragen „Wie hätte ich selbst als Täter mich in vergleichbaren Situationen verhalten? Was hätte eine solche Familiengeschichte mit mir als einem Nachkommen angerichtet?” Es sind die Fragen einer Generation, die versucht, der Panzerung durch Gefühlsblindheit zu entkommen. Es ist diese Haltung, durch die der Interviewer dem Geschehen nahe kommt, ohne in die Falle des „Alles verstehen heißt, (fast) alles zu verzeihen” zu geraten. Zurückhaltend formuliert Breloer: „Im Verlauf der vielen Gespräche und durch die Lektüre von immer mehr Akten, Dokumenten und wissenschaftlichen Untersuchungen hat sich mein Bild des Generalbauinspektors und Rüstungsministers Albert Speer deutlich verfinstert.” Breloers Methode führt zu der heutzutage angemessenen Form der Objektivität.
Joachim Fest, Lektor und Redakteur der Erinnerungen Speers und Autor von dessen Biografie, hat nun noch einen Band über den gut erzogenen, doch gar nicht so kultivierten Nazi herausgebracht. Es ist, nicht nur im Licht von Breloers Funden betrachtet, ein Buch der Skepsis, ein Buch über Lug und Trug, die Fest immer gewittert hatte, die er aber, trotz aller Wachsamkeit, nie in Gewissheit überführen konnte. Fest ist auch einer der Gesprächspartner in Breloers Interview-Sammlung, und er lässt da an seinem Ärger über den Manager des Grauens keinen Zweifel. Gleichwohl sind seine Aufzeichnungen nach den Gesprächen mit Speer aufschlussreich. Der Traum jedes Historikers schien sich ihm erfüllt zu haben: Der Mensch, dessen Geschichte er beschreiben wollte, saß ihm leibhaftig gegenüber, war zu allen Auskünften bereit. Nach mancher Aufforderung zur Auskunft sagte Speer zwar: „Ich will es nicht.” Oder: „Stellen Sie mir doch nicht immer diese unbeantwortbaren Fragen” (deshalb der Titel des Buches), aber Geschichte, so erfahren wir, schreibt sich nicht durch Nähe wie von selbst. Solche Historie, Fest weiß das nun, ist immer auch Täuschung und, für den Autor, Enttäuschung. Trotzdem, gerade deswegen, sind viele der Notizen Fests für weitere Diskussionen unentbehrlich.
Drei Bücher, die Geschichte, deutsche Schreckensgeschichte, ungeheuer reich und genau konstruieren und rekonstruieren: Die unabschließbare Analyse der Wunde, die Nazideutschland uns allen zugefügt hat, wird nicht mehr auf sie verzichten können.
KLAUS PODAK
HEINRICH BRELOER: Speer und Er - Hitlers Architekt und Rüstungsminister. Propyläen Verlag, Berlin 2005. 416 Seiten, 24,95 Euro.
HEINRICH BRELOER: Unterwegs zur Familie Speer. Begegnungen, Gespräche, Interviews. Propyläen Verlag, Berlin 2005. 608 Seiten, 24,95 Euro.
JOACHIM FEST: Die unbeantwortbaren Fragen. Gespräche mit Albert Speer. Rowohlt Verlag, Reinbek 2005. 268 Seiten, 19,90 Euro.
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Bei seiner Besprechung von drei Büchern über Albert Speer zeigt sich Klaus Podak über den Band "Unterwegs zur Familie Speer", der die Interviews, die Heinrich Breloer für seine vierteilige "Faction-Dokumentation" über Albert Speer mit Familienmitgliedern, Zeitzeugen und Experten geführt hat, in Gänze dokumentiert, sehr beeindruckt. Das Buch "erschließt mehr, als die Texte allein enthalten", lobt der Rezensent. Denn in den Gesprächen liest man die ständig untergründig präsente Frage, wie sich der Autor und Filmemacher selbst in der Situation "als Täter" verhalten hätte und das ist es auch, was dem Band "seine Faszination" verleiht, so Podak eingenommen. Dabei gerate Breloer allerdings glücklicherweise nicht in die Gefahr, "alles verstehen" und "(fast) alles verzeihen" zu wollen, vielmehr führe dieser Ansatz zu einer "heutzutage angemessenen Form der Objektivität", betont der überzeugte Rezensent.

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