Ein besonderes Whos who der deutschen Gegenwartsliteratur: Befragt nach ihren geheimen Leselastern, gestehen hier Daniel Kehlmann, Julia Franck, Annette Pehnt, Franzobel, Alex Capus, Felicitas Hoppe und viele andere, was sie heimlich lesen und lassen uns beruhigt zu unseren Lieblingslektüren greifen, über die wir garantiert nicht im Feuilleton finden.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 31.03.2008Peinliches Lesen
Was wir heimlich tun, tun wir im Verborgenen, und für gewöhnlich schämen wir uns sogar dafür. Die Etymologie des Adjektivs verweist jedoch eigentlich auf das Heimische und Vertraute. So muss man wohl auch nicht enttäuscht sein, wenn man in der Anthologie "Unwürdige Lektüren. Was Autoren heimlich lesen" nicht allzu Schockierendes erfährt. Die ironischen, manchmal sarkastischen, ab und an leidenschaftlichen Bekenntnisse etwa von Daniel Kehlmann (liest beruflich seine eigenen Bücher), Norbert Kron (findet Erkenntnis und Erregung in der "Vogue") oder Franzobel (hofft, sich in der "ekelerregenden" "News" nicht erwähnt zu sehen) enthalten nur wenig Anreiz zum spießbürgerlichen Naserümpfen: Karl May? Hat Arno Schmidt seinerzeit schon in den Adelsstand erhoben! Stephen King? Wurde längst als ernstzunehmender Romancier gewürdigt! Thomas Glavinic, den seine angebliche Triebfeder, die Angst, zu einmal beklemmend-paranoiden, ein andermal zu grotesk-komischen Werken inspiriert, bringt den Reiz des Unterkomplexen in seinem Vorwort auf den Punkt: Im vermeintlich Abgeschmackten kommen Ordnung, Ruhe, Frieden und einfache Antworten zu ihrem Recht: "Karl May hat keine Angst." Zu Hause darf man sich sicher fühlen - und das Heimische des Heimlichen wird letztlich wörtlich genommen, wenn Annette Pehnt den Katalog eines schwedischen Einrichtungshauses zu ihrer Lieblingslektüre erklärt. Wohnst du noch im Trivialen oder wagst du dich hinaus? ("Unwürdige Lektüren". Was Autoren heimlich lesen. Mit einem Vorwort von Thomas Glavinic. Herausgegeben von Thomas Keul. SchirmerGraf Verlag, München 2008. 236 S., geb., 17,80 [Euro].) axmü
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Was wir heimlich tun, tun wir im Verborgenen, und für gewöhnlich schämen wir uns sogar dafür. Die Etymologie des Adjektivs verweist jedoch eigentlich auf das Heimische und Vertraute. So muss man wohl auch nicht enttäuscht sein, wenn man in der Anthologie "Unwürdige Lektüren. Was Autoren heimlich lesen" nicht allzu Schockierendes erfährt. Die ironischen, manchmal sarkastischen, ab und an leidenschaftlichen Bekenntnisse etwa von Daniel Kehlmann (liest beruflich seine eigenen Bücher), Norbert Kron (findet Erkenntnis und Erregung in der "Vogue") oder Franzobel (hofft, sich in der "ekelerregenden" "News" nicht erwähnt zu sehen) enthalten nur wenig Anreiz zum spießbürgerlichen Naserümpfen: Karl May? Hat Arno Schmidt seinerzeit schon in den Adelsstand erhoben! Stephen King? Wurde längst als ernstzunehmender Romancier gewürdigt! Thomas Glavinic, den seine angebliche Triebfeder, die Angst, zu einmal beklemmend-paranoiden, ein andermal zu grotesk-komischen Werken inspiriert, bringt den Reiz des Unterkomplexen in seinem Vorwort auf den Punkt: Im vermeintlich Abgeschmackten kommen Ordnung, Ruhe, Frieden und einfache Antworten zu ihrem Recht: "Karl May hat keine Angst." Zu Hause darf man sich sicher fühlen - und das Heimische des Heimlichen wird letztlich wörtlich genommen, wenn Annette Pehnt den Katalog eines schwedischen Einrichtungshauses zu ihrer Lieblingslektüre erklärt. Wohnst du noch im Trivialen oder wagst du dich hinaus? ("Unwürdige Lektüren". Was Autoren heimlich lesen. Mit einem Vorwort von Thomas Glavinic. Herausgegeben von Thomas Keul. SchirmerGraf Verlag, München 2008. 236 S., geb., 17,80 [Euro].) axmü
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