Mit dem Verlust urtümlicher Landschaften entfremdet sich der Mensch auch seiner Herkunft. Die Sehnsucht nach diesen Urlandschaften jedoch bleibt. Der Fotograf Michel Roggo und der Texter Anton Schwartz haben in ihrer Freiburger Heimat solche Reste mystischer Landschaften gefunden. Während zweier Jahre waren sie unterwegs, um die eigentümlichen Stimmungen solcher archaischer Orte zu erleben und einzufangen. Zu allen Tages- und Nachtzeiten, bei Regen und Schnee, bei Vollmond und im flammenden Abendlicht.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 29.08.2002Schweigen am Erdenrand
"Der moderne Mensch in seinen Kunst- und Erlebniswelten entfremdet sich seiner eigenen Herkunft und seinen Ursprüngen mehr und mehr. Doch mit der Entfremdung wächst auch die Sehnsucht nach den mystisch-mythischen Urlandschaften und nach den eigenen Wurzeln." So heißt es in dem Bildband "Urlandschaften". Und es wird darauf verwiesen, daß diese Urlandschaften an den Rändern der Zivilisation in nur mehr wenigen kleinen Reservaten existieren. Die Legitimation und Motivation, die sich das Buch auf diese Weise selbst verleiht, liegen auf der Hand: je mehr Entfremdung, desto mehr Sehnsucht, je weniger Urlandschaften, desto weniger Wurzeln. Michel Roggo und Anton Schwartz illustrieren diese Logik in Bild und Wort. Roggo fotografiert, während der Autor Schwartz synchron "seine Notizen zum Leben erweckt". Gemeinsam durchwandern die beiden Landschaften in Deutschfreiburg - Brecca, Möser, Burgerwald, Chablais, Stillwasser und Sensegraben: Namen, deren Klang kaum andere Bilder zuläßt als nebelverhüllte Bergkuppen, bemooste Schluchten und verschneite Tannen. Die Sehnsucht sucht Halt in der Naturwüchsigkeit, der wir ja allesamt entstiegen sind; damals, als Urlandschaften eben noch Urlandschaften waren, oder später, als Kant vor der gewaltigen Natur und ihrer Erhabenheit erstarrte, als Maler Runge und Friedrich in der "Landschafterey" die "tiefste Mystik der Religion" fanden. In der Tat wirken die Fotografien Roggos nicht selten, als hätte man aus einem Friedrich eine dieser winzigen Figuren verscheucht, um ein möglichst urwüchsiges und naturgetreues Abbild zu erzielen. "Der Wald steht still, er schweigt", so des Autors lyrische Beobachtung dazu. Das mutet nun reichlich befremdlich an, wenn ein moderner Mensch seine Natursehnsucht in solche Bilder und Worte kleidet.
r.c.
"Urlandschaften", herausgegeben vom Deutschfreiburger Heimatkundeverein, Fotos von Michel Roggo, Texte von Anton Schwartz. Paulusverlag, CH-Freiburg 2001. 120 Seiten, 105 Abbildungen. Gebunden, 29,80 Euro. ISBN 3-7228-0534-1.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
"Der moderne Mensch in seinen Kunst- und Erlebniswelten entfremdet sich seiner eigenen Herkunft und seinen Ursprüngen mehr und mehr. Doch mit der Entfremdung wächst auch die Sehnsucht nach den mystisch-mythischen Urlandschaften und nach den eigenen Wurzeln." So heißt es in dem Bildband "Urlandschaften". Und es wird darauf verwiesen, daß diese Urlandschaften an den Rändern der Zivilisation in nur mehr wenigen kleinen Reservaten existieren. Die Legitimation und Motivation, die sich das Buch auf diese Weise selbst verleiht, liegen auf der Hand: je mehr Entfremdung, desto mehr Sehnsucht, je weniger Urlandschaften, desto weniger Wurzeln. Michel Roggo und Anton Schwartz illustrieren diese Logik in Bild und Wort. Roggo fotografiert, während der Autor Schwartz synchron "seine Notizen zum Leben erweckt". Gemeinsam durchwandern die beiden Landschaften in Deutschfreiburg - Brecca, Möser, Burgerwald, Chablais, Stillwasser und Sensegraben: Namen, deren Klang kaum andere Bilder zuläßt als nebelverhüllte Bergkuppen, bemooste Schluchten und verschneite Tannen. Die Sehnsucht sucht Halt in der Naturwüchsigkeit, der wir ja allesamt entstiegen sind; damals, als Urlandschaften eben noch Urlandschaften waren, oder später, als Kant vor der gewaltigen Natur und ihrer Erhabenheit erstarrte, als Maler Runge und Friedrich in der "Landschafterey" die "tiefste Mystik der Religion" fanden. In der Tat wirken die Fotografien Roggos nicht selten, als hätte man aus einem Friedrich eine dieser winzigen Figuren verscheucht, um ein möglichst urwüchsiges und naturgetreues Abbild zu erzielen. "Der Wald steht still, er schweigt", so des Autors lyrische Beobachtung dazu. Das mutet nun reichlich befremdlich an, wenn ein moderner Mensch seine Natursehnsucht in solche Bilder und Worte kleidet.
r.c.
"Urlandschaften", herausgegeben vom Deutschfreiburger Heimatkundeverein, Fotos von Michel Roggo, Texte von Anton Schwartz. Paulusverlag, CH-Freiburg 2001. 120 Seiten, 105 Abbildungen. Gebunden, 29,80 Euro. ISBN 3-7228-0534-1.
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Skeptisch und gelegentlich "reichlich befremdet" reagiert ein mit "r.c." kürzelnder Rezensent auf diesen Bildband, in dem ein Fotograf und ein Autor Landschaften in Deutschfreiburg durchwandern. Die Namen der durchwanderten Landschaften lassen beim Rezensenten nur Assoziationen von "bemoosten Schluchten" und "nebelverhüllten Bergen" zu und die scheinen hier mehr als reichlich abgebildet zu sein. Manchmal wird der Rezensent an Bilder von Carpar David Friedrich erinnert, was in diesem Fall kein Kompliment zu sein scheint, denn es klingt der Vorwurf des Nachstellens der Bilder mit. Auch die mystikheischenden Texte scheinen nicht dem Geschmack des Rezensenten zu entsprechen.
© Perlentaucher Medien GmbH
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