Die Tourismusdebatte hat eine lange Tradition – mit einer Fülle an Publikationen wird sie seit Jahrzehnten geführt, und in jüngster Zeit lässt sich erneut ein Pendelschlag zurück zur Vision des verantwortungsvollen, respektvollen Reisens feststellen. Normative Vorgaben und Verhaltensempfehlungen werden unermüdlich wiederholt – nur ein Vorwurf bleibt unverändert im Raum stehen: Das Fehlen von konkreten empirischen Befunden über das unmittelbare Verhalten von UrlauberInnen an ihrem Urlaubsort, die viel zu geringe Bezugnahme auf die tatsächliche Erlebnisebene im Urlaubsraum, oder mit anderen Worten das „Hinwegtheoretisieren“ über die Köpfe der TouristInnen. Die Wirklichkeit von UrlauberInnen während ihres Aufenthaltes an einem Ort der sogenannten Dritten Welt zu erfassen, zu verstehen und zu erklären, ist Ziel dieser empirischen Studie. Forschungsfragen formulieren sich speziell zu Beginn der Forschungsarbeit in größtmöglicher Offenheit: Welche Situationen haben während des Urlaubsaufenthaltes besondere Bedeutung, wie werden sie erlebt? Was wird in der Urlaubssituation wahrgenommen, was will wahrgenommen werden? Welche Haltung zeigt sich gegenüber anderen UrlauberInnen? Wie sieht der Kontakt zu Einheimischen aus, gibt es überhaupt Berührungspunkte, soll es sie geben? Wie verläuft nonverbale Kommunikation? Inwiefern prägen Vorstellungen und Erwartungen aus der alltäglichen Lebenswelt das Geschehen am Urlaubsort? Welche Rolle spielen Urlaubskonzeptionen in ihrer normativen Dimension? Wo gibt es Diskrepanzen zwischen Urlaubsnormen und dem tatsächlichen Verhalten? Wie wird das beobachtbare und beschreibbare Handeln von UrlauberInnen selbst wahrgenommen, kommentiert und interpretiert? Wie ist schließlich der Urlaubsraum, verstanden als Dimension des Handelns, zu erfassen? Eine solche Forschungskonzeption impliziert den Einsatz von qualitativen Forschungsmethoden. Mit Hilfe von qualitativen Interviews, Zeichnungen der GesprächspartnerInnen, informellen Gesprächen, teilnehmender Beobachtung, ergänzt durch Fotos und Skizzen, wird versucht, die Wirklichkeit der Handelnden in den konkreten Handlungssituationen zu erfassen, um sie nachvollziehbar zu machen und schließlich interpretieren zu können.