Faszinierende eigentümerbetriebene Herbergen mit überdurchschnittlich hohem Design werden in dem Sammelwerk dargestellt. Das Buch versteht sich als Überblick der besonders niveauvollen Urlaubsorte vor dem Hintergrund großartiger Natur und Orten. Die vorgestellten Gasthäuser verbinden Design, örtlichen Eigenheiten und hochwertige Architektur, um so einen unverwechselbaren, individuellen Charakter zu bekommen. Die Serie wird mit der Internetseite www.urlaubsarchitektur.com weitergeführt.
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This book is an impressive collection of holiday accommodations with a particular appeal used as high-class and original holiday homes and apartments. An inspiration to visit hidden places with their unique architecture.
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This book is an impressive collection of holiday accommodations with a particular appeal used as high-class and original holiday homes and apartments. An inspiration to visit hidden places with their unique architecture.
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 30.12.2010Alter
Zauber
Chalets stehen für
Individualität – und den
Hokuspokus im Tourismus
Die Tourismusindustrie verkauft schon lange keine Betten mehr. Sie verkauft Geschichten. Geschichten sind häufig Illusionen, Erfindungen. Wenn sie allerdings auf tatsächlichen Begebenheiten beruhen, macht sie das in den Augen vieler Menschen umso besser. Die Literatur funktioniert zum Teil so, erst recht das Fernsehen – und in immer stärkerem Maß der Tourismus: Die Urlauber lassen sich nur zu gerne emotional berühren, und am besten gelingt das offenbar mit Geschichten, die auf einen wahren Kern zurückgehen. Weil die sich leichter mit der eigenen Erfahrungswelt decken.
Zudem müssen sie für jeden leicht verständlich sein. Im Idealfall besteht eine solche von der Tourismusindustrie erzählte Geschichte aus einem einzigen Wort. So wie ein Zauberer nur „Simsalabim“ sagen muss oder „Abrakadabra“, um im staunenden Einverständnis mit seinem Publikum eine Illusion als wahrhaftig auszugeben – und um dieses Publikum dazu zu verleiten, sich auf diese schlichte Zauberformel hin eine ganze Welt auszumalen, von der es liebend gerne ein Teil sein möchte.
Im Tourismus ist „Spa“ so eine Zauberformel oder „Designhotel“. Ein Code, der den Gästen einen positiv emotionalisierten Assoziationsraum öffnet. Das neue Schlüsselwort im alpinen Tourismus heißt: Chalet. Funktionale Kriterien spielen auch hier eine untergeordnete Rolle. Flachbildfernseher, Internetanschluss, Whirlpool und Sauna sind keine Vorzüge, sie werden als Standard erwartet.
Entscheidend ist die Atmosphäre, das Image. Chalets stehen für Privatheit, sie gelten als heimelig, bieten jedoch genug Platz, um mit Freunden eine gute, heitere Zeit zu verbringen. Das deckt sich mit einer generellen Entwicklung im Tourismus: Die Gäste suchen vermehrt kleinere, individuelle Unterkünfte anstelle von Bettenburgen. Das gilt für den Strand- genauso wie für den Stadturlaub. Die Bergvariante davon ist das Chalet. Ob es nun tatsächlich eines ist oder nicht.
Fragt man den Architekten Jan Hamer nach einer Definition, benennt er einige bautypologische Kriterien: Chalets sind aus Holz, haben ein flaches Dach mit breitem Überstand, stehen allein. Präzise definieren lässt sich dieser Haustyp jedoch auf diese Weise nicht. Wenn man wissen möchte, was ein Chalet ausmache, sagt Hamer deshalb, müsse man sich das Musikvideo von George Michaels Hit „Last Christmas“ ansehen: Ein Dutzend Menschen fährt in die Berge, bezieht dort ein Chalet. Sie haben gute Laune, sind ausgelassen, sorglos, genießen die Geborgenheit, den Zusammenhalt. Chalet ist eben viel mehr als ein architektonischer Begriff, er benennt ein Lebensgefühl.
Jan Hamer selbst arbeitet in der Geschäftsführung eines größeren Architekturbüros, das vor allem Laborgebäude baut. Ferienhäuser plant er keine, in gewisser Weise sammelt er sie jedoch: Er ist die maßgebliche Person hinter der Website urlaubsarchitektur.de, dort präsentiert er individuell gestaltete Urlaubsunterkünfte an spektakulären Orten. 40 dieser Häuser und Hotels hat er zudem in einem Buch vorgestellt („Urlaubsarchitektur. A Guide to Architectural Retreats“. Archimapspublishers, Berlin 2010. 144 Seiten, 19,90 Euro). Große Sympathien hat Hamer für die 2005 vom Schweizer Heimatschutz gegründete Stiftung Ferien im Baudenkmal. Die Non-Profit-Organisation hat sich seit Beginn des 20. Jahrhunderts dem Erhalt historischer Baukultur verschrieben. Die Stiftung kauft leerstehende Häuser, für die keine Nutzung absehbar ist, renoviert sie und vermietet sie als Feriendomizile. Derzeit hat sie ein Dutzend Wohnungen im Angebot, mehr als die Hälfte davon sind Chalets. „Wir versuchen, die Häuser möglichst intakt zu halten“, sagt Monika Suter, die Geschäftsführerin der Stiftung. Nur die Bäder und Küchen werden auf einen modernen Stand gebracht. Aufgrund dieser sanften Form der Renovierung lassen sich diese Immobilien schlecht als Wohnsitze verkaufen: Kaum jemand sei bereit, dauerhaft in einem Haus mit niedrigen Decken, kleinen Fenster und steilen Treppen zu leben. Im Urlaub finden das viele Menschen jedoch urig.
Auch Monika Suter bleiben die Ansprüche der Gäste nicht verborgen. Man überlege derzeit, ob man einen Frühstücksservice anbieten solle, sagt sie. Gäste schätzen es, ihr eigenes Ferienhaus zu haben, möglichst direkt an der Skipiste, mit unverstelltem Blick auf das Bergpanorama; dabei aber so gelegen, dass sie selbst nicht beobachtet werden können. Einerseits. Andererseits verlangen sie nach einem hotelähnlichen Service. Also der Möglichkeit, Mahlzeiten nicht immer selbst zubereiten zu müssen, in ein Schwimmbad hüpfen und das Auto in einer Tiefgarage abstellen zu können.
Stefan Pfender hat gemeinsam mit seiner Frau vor zwei Jahren die Maierl-Alm im Skigebiet Kitzbühel gekauft, den alten Berggasthof abgerissen und an die Stelle einen neuen Gasthof mit nurmehr zehn Zimmern gebaut sowie explizit fünf Chalets. Dort habe man „maximale Privatsphäre“, sagt Pfender, man kommt aber trockenen Fußes über unterirdische Gänge in den Gasthof, zur Garage und in die Schwimmhalle. Andernorts entstehen ganze Chaletsiedlungen und Almdörfer, auf der Turracher Höhe zum Beispiel oder auf der Reiteralm in der Dachstein-Tauernregion.
Wie viel solche Anlagen noch mit einem traditionellen Chalet zu tun haben? Nicht all zu viele, aber das gilt im Grunde auch für die historischen Gebäude, die die Stiftung Ferienhaus im Baudenkmal vermietet. Auch die werden nicht mehr auf althergebrachte Weise, will heißen landwirtschaftlich, genutzt und wurden daher baulich der neuen Nutzung angepasst. Neubauten von Chalets den heutigen Bedürfnissen entsprechend zu gestalten, sei durchaus legitim, sagt der Architekt Jan Hamer. „Das ist eine Frage der Baukultur.“ So wie nicht jedes Designhotel, das sich als solches vermarktet, auch eines ist, werde auch die Bezeichnung Chalet mitunter missbraucht. Es geht jedoch nicht darum, an einer althergebrachten Bauweise festzuhalten, sondern sich kreativ mit ihr auseinanderzusetzen. Künstlichkeit ist nicht das Problem. Maßgeblich ist die ästhetische Qualität.
STEFAN FISCHER
Niedrige Fenster und
steile Treppen finden die
meisten nur im Urlaub urig
Die Atmosphäre ist entscheidend, nicht die Ausstattung: Chalets – wie hier im Wintersportgebiet Hasliberg in der Schweiz – symbolisieren ein Lebensgefühl. Foto: Christian Perret/Schweiz Tourismus
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Zauber
Chalets stehen für
Individualität – und den
Hokuspokus im Tourismus
Die Tourismusindustrie verkauft schon lange keine Betten mehr. Sie verkauft Geschichten. Geschichten sind häufig Illusionen, Erfindungen. Wenn sie allerdings auf tatsächlichen Begebenheiten beruhen, macht sie das in den Augen vieler Menschen umso besser. Die Literatur funktioniert zum Teil so, erst recht das Fernsehen – und in immer stärkerem Maß der Tourismus: Die Urlauber lassen sich nur zu gerne emotional berühren, und am besten gelingt das offenbar mit Geschichten, die auf einen wahren Kern zurückgehen. Weil die sich leichter mit der eigenen Erfahrungswelt decken.
Zudem müssen sie für jeden leicht verständlich sein. Im Idealfall besteht eine solche von der Tourismusindustrie erzählte Geschichte aus einem einzigen Wort. So wie ein Zauberer nur „Simsalabim“ sagen muss oder „Abrakadabra“, um im staunenden Einverständnis mit seinem Publikum eine Illusion als wahrhaftig auszugeben – und um dieses Publikum dazu zu verleiten, sich auf diese schlichte Zauberformel hin eine ganze Welt auszumalen, von der es liebend gerne ein Teil sein möchte.
Im Tourismus ist „Spa“ so eine Zauberformel oder „Designhotel“. Ein Code, der den Gästen einen positiv emotionalisierten Assoziationsraum öffnet. Das neue Schlüsselwort im alpinen Tourismus heißt: Chalet. Funktionale Kriterien spielen auch hier eine untergeordnete Rolle. Flachbildfernseher, Internetanschluss, Whirlpool und Sauna sind keine Vorzüge, sie werden als Standard erwartet.
Entscheidend ist die Atmosphäre, das Image. Chalets stehen für Privatheit, sie gelten als heimelig, bieten jedoch genug Platz, um mit Freunden eine gute, heitere Zeit zu verbringen. Das deckt sich mit einer generellen Entwicklung im Tourismus: Die Gäste suchen vermehrt kleinere, individuelle Unterkünfte anstelle von Bettenburgen. Das gilt für den Strand- genauso wie für den Stadturlaub. Die Bergvariante davon ist das Chalet. Ob es nun tatsächlich eines ist oder nicht.
Fragt man den Architekten Jan Hamer nach einer Definition, benennt er einige bautypologische Kriterien: Chalets sind aus Holz, haben ein flaches Dach mit breitem Überstand, stehen allein. Präzise definieren lässt sich dieser Haustyp jedoch auf diese Weise nicht. Wenn man wissen möchte, was ein Chalet ausmache, sagt Hamer deshalb, müsse man sich das Musikvideo von George Michaels Hit „Last Christmas“ ansehen: Ein Dutzend Menschen fährt in die Berge, bezieht dort ein Chalet. Sie haben gute Laune, sind ausgelassen, sorglos, genießen die Geborgenheit, den Zusammenhalt. Chalet ist eben viel mehr als ein architektonischer Begriff, er benennt ein Lebensgefühl.
Jan Hamer selbst arbeitet in der Geschäftsführung eines größeren Architekturbüros, das vor allem Laborgebäude baut. Ferienhäuser plant er keine, in gewisser Weise sammelt er sie jedoch: Er ist die maßgebliche Person hinter der Website urlaubsarchitektur.de, dort präsentiert er individuell gestaltete Urlaubsunterkünfte an spektakulären Orten. 40 dieser Häuser und Hotels hat er zudem in einem Buch vorgestellt („Urlaubsarchitektur. A Guide to Architectural Retreats“. Archimapspublishers, Berlin 2010. 144 Seiten, 19,90 Euro). Große Sympathien hat Hamer für die 2005 vom Schweizer Heimatschutz gegründete Stiftung Ferien im Baudenkmal. Die Non-Profit-Organisation hat sich seit Beginn des 20. Jahrhunderts dem Erhalt historischer Baukultur verschrieben. Die Stiftung kauft leerstehende Häuser, für die keine Nutzung absehbar ist, renoviert sie und vermietet sie als Feriendomizile. Derzeit hat sie ein Dutzend Wohnungen im Angebot, mehr als die Hälfte davon sind Chalets. „Wir versuchen, die Häuser möglichst intakt zu halten“, sagt Monika Suter, die Geschäftsführerin der Stiftung. Nur die Bäder und Küchen werden auf einen modernen Stand gebracht. Aufgrund dieser sanften Form der Renovierung lassen sich diese Immobilien schlecht als Wohnsitze verkaufen: Kaum jemand sei bereit, dauerhaft in einem Haus mit niedrigen Decken, kleinen Fenster und steilen Treppen zu leben. Im Urlaub finden das viele Menschen jedoch urig.
Auch Monika Suter bleiben die Ansprüche der Gäste nicht verborgen. Man überlege derzeit, ob man einen Frühstücksservice anbieten solle, sagt sie. Gäste schätzen es, ihr eigenes Ferienhaus zu haben, möglichst direkt an der Skipiste, mit unverstelltem Blick auf das Bergpanorama; dabei aber so gelegen, dass sie selbst nicht beobachtet werden können. Einerseits. Andererseits verlangen sie nach einem hotelähnlichen Service. Also der Möglichkeit, Mahlzeiten nicht immer selbst zubereiten zu müssen, in ein Schwimmbad hüpfen und das Auto in einer Tiefgarage abstellen zu können.
Stefan Pfender hat gemeinsam mit seiner Frau vor zwei Jahren die Maierl-Alm im Skigebiet Kitzbühel gekauft, den alten Berggasthof abgerissen und an die Stelle einen neuen Gasthof mit nurmehr zehn Zimmern gebaut sowie explizit fünf Chalets. Dort habe man „maximale Privatsphäre“, sagt Pfender, man kommt aber trockenen Fußes über unterirdische Gänge in den Gasthof, zur Garage und in die Schwimmhalle. Andernorts entstehen ganze Chaletsiedlungen und Almdörfer, auf der Turracher Höhe zum Beispiel oder auf der Reiteralm in der Dachstein-Tauernregion.
Wie viel solche Anlagen noch mit einem traditionellen Chalet zu tun haben? Nicht all zu viele, aber das gilt im Grunde auch für die historischen Gebäude, die die Stiftung Ferienhaus im Baudenkmal vermietet. Auch die werden nicht mehr auf althergebrachte Weise, will heißen landwirtschaftlich, genutzt und wurden daher baulich der neuen Nutzung angepasst. Neubauten von Chalets den heutigen Bedürfnissen entsprechend zu gestalten, sei durchaus legitim, sagt der Architekt Jan Hamer. „Das ist eine Frage der Baukultur.“ So wie nicht jedes Designhotel, das sich als solches vermarktet, auch eines ist, werde auch die Bezeichnung Chalet mitunter missbraucht. Es geht jedoch nicht darum, an einer althergebrachten Bauweise festzuhalten, sondern sich kreativ mit ihr auseinanderzusetzen. Künstlichkeit ist nicht das Problem. Maßgeblich ist die ästhetische Qualität.
STEFAN FISCHER
Niedrige Fenster und
steile Treppen finden die
meisten nur im Urlaub urig
Die Atmosphäre ist entscheidend, nicht die Ausstattung: Chalets – wie hier im Wintersportgebiet Hasliberg in der Schweiz – symbolisieren ein Lebensgefühl. Foto: Christian Perret/Schweiz Tourismus
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