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Der achtzigjährige Maler Austin Fraser blickt auf sein Leben zurück. Er denkt voller Reue an Sara, eine Frau, die er in der Einsamkeit des kanadischen Nordens über fünfzehn Jahre hinweg immer wieder gemalt hat. Er hat Sara geliebt, sie aber immer ganz auf Distanz gehalten. Durch eigene Schuld in eine Lebenskrise geraten, versuchte er, Sara endlich für sich zu gewinnen, aber es war zu spät.

Produktbeschreibung
Der achtzigjährige Maler Austin Fraser blickt auf sein Leben zurück. Er denkt voller Reue an Sara, eine Frau, die er in der Einsamkeit des kanadischen Nordens über fünfzehn Jahre hinweg immer wieder gemalt hat. Er hat Sara geliebt, sie aber immer ganz auf Distanz gehalten. Durch eigene Schuld in eine Lebenskrise geraten, versuchte er, Sara endlich für sich zu gewinnen, aber es war zu spät.
Autorenporträt
Jane Urquhart, geboren 1949 in Geralton, Ontario, wuchs in Toronto auf und lebt heute wieder in einer Kleinstadt in Ontario. Sie gehört zu den erfolgreichsten kanadischen Schriftstellerinnen der Gegenwart.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 29.01.1998

Grundiert
Jane Urquharts Pinselschwünge

Ein Roman braucht einen Titel, der auffällt, und so kann es geschehen, daß die Lebensgeschichte eines Malers nicht einfach "Der Maler" heißt, sondern im Englischen "Underpainter" und im Deutschen "Übermalungen". "Underpainting" heißt Grundierung, bezeichnet also das Komplement zum deutschen Titel: das, was durch die Übermalung verschwindet. "Der Maler" allein wäre keine vielversprechende Ankündigung. Als "underpainter" aber bekommt der Künstler das Flair dessen, der durch die Erzählung seiner Geschichte den Auftrag des Lebens, der aufregenden Ereignisse, der bunten Bilder abträgt und die Grundierungen freilegt. Bei einem Roman, der "Übermalungen" heißt, bekommt das Leben, das der "underpainter" im Reden und Erzählen gerade hinwegräumt, um die tieferen Schichten seiner Existenz freizulegen, eine unangemessene Wichtigkeit. Die Oberfläche des Bildes verdeckt die bestimmenden Strukturen, die darunter liegen.

Für beide Lesarten des Romans - Grundierung oder Übermalung - gibt Jane Urquhart Hinweise im Text: "Jetzt, da ich alt bin und die Muster, die mein Leben prägen, nicht mehr verändern kann noch möchte, muß ich mir eingestehen, wieviel von dem, was ich erfahren habe, aus zweiter Hand war. Ich denke unablässig an andere", sagt der, der, was er erlebte, stets nur zur Übermalung seiner Gefühle verwendet hat, von denen er nichts weiter wissen will. "Ich habe gelernt, daß unsere wahren Gefühle in das Gemälde eingingen, wenn wir Distanz zum Sujet hielten. Ich ging jedes Jahr auf Distanz zu meinem Sujet, aber habe ich je meine Gefühle künstlerisch ausgedrückt?" fragt sich der, der sich auf die Suche nach seiner verlorenen Subjektivität begibt.

Tatsächlich besteht der Roman aus zwei auseinanderfallenden Erzählhaltungen. Im ersten Teil faszinieren Landschaftsschilderungen, im zweiten langweilt die Geschichte des Malers und seines Modells, die mit der eines Freundes und dessen Geliebter parallel verläuft. Die Autorin selbst bedenkt den Wechsel dieser beiden Stile als den Übergang von einer intensiven Selbstdarstellung in der Kunst zu einer extensiven Oberflächenmalerei: Die für den Gefühlsausdruck notwendige Distanz sei, so analysiert sich das sprechende Subjekt, bei der Landschaftsmalerei vorhanden gewesen, habe aber nicht die späteren Erlebnisse durchdrungen.

Jane Urquhart hat damit sich selbst das ästhetische Urteil gesprochen. Die Passagen, die die Kindheit ihrer Figur in der dramatischen Kulisse von Rochester schildern, haben eine Intensität, die an die Erzählungen Stifters erinnert. Ihr erwachsener Maler aber macht keinerlei aufregende Erfahrungen.

Lästige Erbschaften werden ihm aufgedrängt: das Häuschen eines ehemaligen Modells, das nicht hatte heiraten wollen, die Sammlung eines befreundeten Porzellanmalers, der weder in seinem Metier noch in seinem Leben große Leistungen aufzuweisen hat, außer daß er sich schließlich mit seiner Freundin den Tod gibt. Die Motivierung dieses Ereignisses, die Wiederkehr einer Geliebten aus sehr fernen Jugendtagen, ist entweder sehr schwach oder so geheimnisvoll, daß der Leser sie fast nicht durchschaut und meint, es handle sich nur um den technischen Trick der Autorin, das Romanende zu inszenieren.

Freilich überschattet dieser Schicksalsschlag die vorangehende Erzählung mit einer gewissen Trauer. Mit einem belegten Timbre murmeln die Erinnerungen des Erzähler-Ichs aus Jugend- und Kriegstagen angenehm dahin. Freilich muß der Über-oder Untermaler am Ende feststellen, daß die Menschen ihm im Unterschied zu seiner Kunst nicht wichtig gewesen waren, daß er Geschichten von Wesen erzählt, die ihm nichts bedeuteten, weil er sie nur hatte leben lassen, um erzählen zu können - um vom Maler also zum Dichter zu werden. HANNELORE SCHLAFFER

Jane Urquhart: "Übermalungen". Roman. Aus dem Amerikanischen übersetzt von Peter Knecht. Berlin Verlag, Berlin 1997. 395 S., geb., 42,- DM.

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