Peter Ferdinand Drucker, geboren 1909 in Wien, gestorben 2006 in Clarendon/Californien, hatte schon im Elternhaus Umgang mit Größen wie Hayek, Mises, Schumpeter und Othmar Spann. Nach dem Studium Journalist in Frankfurt, war er auch in der "Volkskonservativen Bewegung" politisch tätig, für die er u.a. auch Ernst Jünger und Carl Schmitt vergeblich zu keilen suchte; Letzterer bot sich ihm an, seine Habilitationsschrift zu betreuen, von der nur ein Abschnitt über F. J. Stahl abgeschlossen wurde. In dieser Zeit beschäftigte er sich intensiv mit Kierkegaard.Nach seiner Emigration nach England und später in die USA wurde er zu einem der einflußreichsten Management-Autoren, Lehrer und Berater: "The man who invented Management" (New York Times).Zuletzt befaßte er sich mit dem Übergang von der postkapitalistischen zur "Wissensgesellschaft".Zum Buch1939 veröffentlichte Drucker, knapp 30jährig, "The End of Economic Man".Das Scheitern des Kapitalismus und des Sozialismus führt die Massen in ihrer Hoffnungslosigkeit zu Faschismus und Nationalsozialismus, nicht mehr von ökonomischen Faktoren wie des "Homo Oeconomicus" eines Adam Smith sind sie geleitet, die scheinbaren Erfolge der "Wehrwirtschaft" überzeugen, das ethische und kulturelle Erbe des Abendlandes wird verleugnet ...Churchill war einer der ersten, die dem Buch im "Times Literary Supplement" Beifall zollten. Druckers Werke erreichten auch im deutschen Raum hohe Auflagen, während dieses Buch mit zwei nach dem Krieg verfaßten Vorreden erstmals auf Deutsch erscheint.
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 23.05.2011Wehe der Zeit, die Helden braucht
Der Begriff der Exilliteratur wird meist viel zu eng gefasst. Peter F. Drucker ist als Autor von Managementbüchern weltberühmt. Er hat das Management als echte Geisteswissenschaft bezeichnet, die "Führung durch Zielsetzung", den "Wissensarbeiter" und die "Kernkompetenz" erfunden, hat den "Pensionsfondssozialismus" angeprangert und die "postkapitalistische Gesellschaft" ausgerufen. Knapp vierzig Bücher, darunter ein Roman und eine Autobiographie, hat er geschrieben.
Sein erstes auf Englisch publiziertes Buch liegt nun auf Deutsch vor und hat einen Titel - Englisch: "The End of Economic Man" -, der als Auftakt zu einem Publizistenleben in der Unternehmensberatung überraschen kann: "Ursprünge des Totalitarismus. Das Ende des Homo Oeconomicus" (Aus dem Englischen von Konrad und Peter Weiss. Karolinger Verlag, Wien 2010. 238 S., br., 26,- [Euro]). Drucker war dreißig, als er es schrieb, und seit 1933 erst im englischen, dann im amerikanischen Exil, das der in Wien aufgewachsene Sohn eines Verwaltungsbeamten den Nationalsozialisten vorzog.
Die These, die er darin vorträgt, lautet: Der Totalitarismus - diesen Begriff hat Drucker nicht geprägt, aber als einer der Ersten analytisch verwendet - ist als pathologische Staatswucherung nicht zureichend begriffen. Er entspringt einer Gesellschaft, die den Glauben an die ökonomische Rationalität, an den Fortschritt und den Zusammenhang von privatem Egoismus und allgemeiner Wohlfahrt verloren hat. "Wir wollen keine tieferen Brotpreise, wir wollen keine höheren Brotpreise, wir wollen keine unveränderten Brotpreise - wir wollen nationalsozialistische Brotpreise!", zitiert Drucker, der in Frankfurt als Jurist promovierte und bis 1933 dem Staatsrechtler Carl Schmitt nahestand, einen Zeitgenossen. An die Stelle bürgerlicher Einstellungen trete so die Hingabe an charismatische Erscheinungen, reine Macht und Kriegsbegeisterung sowie die Anfälligkeit für Sündenbocktheorien und Wunderglaube. Der heroische Mensch löse den christlichen ab.
Nun hatte allerdings auch der Nationalsozialismus seine ökonomischen Gesichtspunkte: nur dass sie eben auf Gehorsam durch Wohlfahrt, auf Staatsverschuldung und deren Tilgung durch Raub beruhten. Und was die Christlichkeit der Fundamente rechtsstaatlicher Demokratien oder bürgerlicher Mentalität angeht, so kann man darüber lange diskutieren. Doch es ist sehr interessant zu sehen, wie Drucker 1939 die Krise Europas - ganz ähnlich wie zur selben Zeit der Soziologe Talcott Parsons und der Ökonom Karl Polanyi - auf einen zerfallenden, weil sich selbst missverstehenden, das Individuum isolierenden Liberalismus zurückführt.
Durch Freiheit zur Gleichheit: Der Zerfall dieses Versprechens hat für ihn die totalitäre Massensuggestion und die Bereitschaft zur politischen Hysterie in Gang gesetzt. Auch die Kritik des heroischen Menschen gehört zu den Passagen, die bleibende Bedeutung haben. Mit Sebastian Haffners "Germany. Jekyll and Hide", das im Jahr darauf erschien, ist es eine der wachesten Zeitdiagnosen jener Jahre. Winston Churchill hat damals auf beide Werke begeistert reagiert.
JÜRGEN KAUBE
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Der Begriff der Exilliteratur wird meist viel zu eng gefasst. Peter F. Drucker ist als Autor von Managementbüchern weltberühmt. Er hat das Management als echte Geisteswissenschaft bezeichnet, die "Führung durch Zielsetzung", den "Wissensarbeiter" und die "Kernkompetenz" erfunden, hat den "Pensionsfondssozialismus" angeprangert und die "postkapitalistische Gesellschaft" ausgerufen. Knapp vierzig Bücher, darunter ein Roman und eine Autobiographie, hat er geschrieben.
Sein erstes auf Englisch publiziertes Buch liegt nun auf Deutsch vor und hat einen Titel - Englisch: "The End of Economic Man" -, der als Auftakt zu einem Publizistenleben in der Unternehmensberatung überraschen kann: "Ursprünge des Totalitarismus. Das Ende des Homo Oeconomicus" (Aus dem Englischen von Konrad und Peter Weiss. Karolinger Verlag, Wien 2010. 238 S., br., 26,- [Euro]). Drucker war dreißig, als er es schrieb, und seit 1933 erst im englischen, dann im amerikanischen Exil, das der in Wien aufgewachsene Sohn eines Verwaltungsbeamten den Nationalsozialisten vorzog.
Die These, die er darin vorträgt, lautet: Der Totalitarismus - diesen Begriff hat Drucker nicht geprägt, aber als einer der Ersten analytisch verwendet - ist als pathologische Staatswucherung nicht zureichend begriffen. Er entspringt einer Gesellschaft, die den Glauben an die ökonomische Rationalität, an den Fortschritt und den Zusammenhang von privatem Egoismus und allgemeiner Wohlfahrt verloren hat. "Wir wollen keine tieferen Brotpreise, wir wollen keine höheren Brotpreise, wir wollen keine unveränderten Brotpreise - wir wollen nationalsozialistische Brotpreise!", zitiert Drucker, der in Frankfurt als Jurist promovierte und bis 1933 dem Staatsrechtler Carl Schmitt nahestand, einen Zeitgenossen. An die Stelle bürgerlicher Einstellungen trete so die Hingabe an charismatische Erscheinungen, reine Macht und Kriegsbegeisterung sowie die Anfälligkeit für Sündenbocktheorien und Wunderglaube. Der heroische Mensch löse den christlichen ab.
Nun hatte allerdings auch der Nationalsozialismus seine ökonomischen Gesichtspunkte: nur dass sie eben auf Gehorsam durch Wohlfahrt, auf Staatsverschuldung und deren Tilgung durch Raub beruhten. Und was die Christlichkeit der Fundamente rechtsstaatlicher Demokratien oder bürgerlicher Mentalität angeht, so kann man darüber lange diskutieren. Doch es ist sehr interessant zu sehen, wie Drucker 1939 die Krise Europas - ganz ähnlich wie zur selben Zeit der Soziologe Talcott Parsons und der Ökonom Karl Polanyi - auf einen zerfallenden, weil sich selbst missverstehenden, das Individuum isolierenden Liberalismus zurückführt.
Durch Freiheit zur Gleichheit: Der Zerfall dieses Versprechens hat für ihn die totalitäre Massensuggestion und die Bereitschaft zur politischen Hysterie in Gang gesetzt. Auch die Kritik des heroischen Menschen gehört zu den Passagen, die bleibende Bedeutung haben. Mit Sebastian Haffners "Germany. Jekyll and Hide", das im Jahr darauf erschien, ist es eine der wachesten Zeitdiagnosen jener Jahre. Winston Churchill hat damals auf beide Werke begeistert reagiert.
JÜRGEN KAUBE
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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension
Die späte Übersetzung des Klassikers der Totalitarismustheorie von Peter F. Drucker macht für Stefan Breuer Sinn nicht nur als Akt publizistischer Gerechtigkeit. Bei aller Kritik, die der Band seiner Meinung nach verdient - an seiner Carl Schmitts begriffsrealistischem Denken geschuldeten Einseitigkeit (Breuer sieht den Menschen nicht als entweder rational oder irrational agierendes Wesen), seinen, wie er findet, nicht selten "schiefen Urteilen" - entdeckt er doch auch Lobenswertes, Bleibendes. Den Schwung etwa, mit dem Autor zu Werke geht. Und schließlich auch Faktoren, die den irrational handelnden Menschen durchaus eignen, wie er zugibt, und damit seiner Entwicklung.
© Perlentaucher Medien GmbH
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