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Mit Leidenschaft, Ironie und Scharfsinn erzählt Claudio Magris in seinem Essayband von einer Vielzahl von Themen: der Rolle des Intellektuellen in der Politik, der Erfahrung der Grenze, der Frage nach dem freien Willen, und von Autoren der Weltliteratur.
"Claudio Magris hat die Topographie unserer Kultur in vielen wundervollen, rätselhaften und komischen Einzelheiten gezeichnet." (Adolf Muschg)

Produktbeschreibung
Mit Leidenschaft, Ironie und Scharfsinn erzählt Claudio Magris in seinem Essayband von einer Vielzahl von Themen: der Rolle des Intellektuellen in der Politik, der Erfahrung der Grenze, der Frage nach dem freien Willen, und von Autoren der Weltliteratur.

"Claudio Magris hat die Topographie unserer Kultur in vielen wundervollen, rätselhaften und komischen Einzelheiten gezeichnet." (Adolf Muschg)


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Autorenporträt
Claudio Magris, 1939 in Triest geboren, studierte Germanistik in Turin und Freiburg. Bis 2006 war er Professor für Deutsche Sprache und Literatur in Triest. Bei Hanser erschienen zuletzt »Verfahren eingestellt« (Roman, 2017), »Schnappschüsse« (2019) und »Gekrümmte Zeit in Krems« (Erzählungen, 2022). Magris erhielt zahlreiche wichtige Literaturpreise, u.a. 1999 den Premio Strega für »Die Welt en gros und en détail«, 2001 den Leipziger Buchpreis für Europäische Verständigung und 2006 den Prinz-von-Asturien-Preis. 2009 erhielt er den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels und den Essaypreis Charles Veillon. 2012 wurde ihm das Große Verdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland verliehen.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 12.02.2003

Hoffen auf die Apokalypse?
Schön nüchtern: Aufsätze und Essays von Claudio Magris

Der italienische Germanist und Schriftsteller Claudio Magris, auch politisch bemerkenswert engagiert, hat schöne - anmutig gelehrte - Bücher geschrieben: über Triest zum Beispiel, seine vielstimmige Stadt, einst Österreichs Zugang zum Meer, ein anderes über die Donau, kulturell gesehen, von Meßkirch bis Ovid am Schwarzen Meer, vor allem aber das vielschichtig suggestive Kompendium "Die Welt en gros und en détail". Nun also gesammelte Aufsätze oder Essays (mal eher das eine, mal eher das andere), 1999 italienisch erschienen und jetzt auf deutsch.

Der schöne Titel des Bands ist auch der des einleitenden Essays. "Entzauberung" also - das große Stichwort Max Webers wird aufgenommen; bemerkenswerter ist aber die Rettung der Utopie, denn sie wird ja vielfach beargwöhnt. Magris meint, wir brauchen sie doch, und zwar eine "durch Entzauberung berichtigte". Für ihn ist sie einfach Hoffnung, genauer: die Weigerung, "sich in die Dinge zu ergeben, wie sie sind". Utopie erst gebe dem Leben Sinn, "weil sie, ganz gegen jede Wahrscheinlichkeit, fordert, daß das Leben Sinn habe". Hierher gehört nun für ihn gerade auch die Literatur: sie ist ihm "in den beiden letzten Jahrhunderten die Geschichte von Utopie und Entzauberung und die von deren untrennbarer Zusammengehörigkeit". Entzauberung ist schließlich selbst eine Form von Hoffnung, einer "ironischen, melancholischen, wehrhaften". Übrigens hat die Kunst, gerade im Zeichen der "Entzauberung" der Welt (das übersieht Weber, obwohl es ihn bestätigt), gleichsam kontrapunktisch vielfach gerade den Charakter der Verzauberung, den sie zuvor weit weniger hatte, angenommen. Nicht nur bei Richard Wagner, der hier freilich, auch in seinem Einfluß und seiner anhaltenden Wirkung, paradigmatisch steht. Dann der Essay von den "Tröstungen der Apokalypse". Dieses "schreckliche Buch" der Bibel, ihr letztes, kündige nicht - da folgt er zögernd Eugenio Corsini - Künftiges, vielmehr zeige es bloß auf, was schon geschehen sei: Leiden und Sterben Christi und die "Herrlichkeit der Auferstehung". Seinen Teil habe Gott schon getan, und alles liege nun in der Hand des Menschen. Als ob darin Beruhigung wäre! Und da tritt nun der realistische Skeptiker Magris trocken auf den Plan: "Keine Apokalypse kann uns trösten, wenn wir allein sind mit unserem Tod und unserer Angst."

Siebenunddreißig Arbeiten sind in dem Buch versammelt, und es geht in ihnen um Philosophisches, Kulturkritisches (da gibt es Heiteres - der Mann hat wirklich Humor - und sehr Ernstes), dann um Literatur allgemein, schließlich um viele Autoren: sehr große, beträchtliche und kleine wie Charles Sealsfield oder die kluge und schöne Ninon de Lenclos aus dem siebzehnten Jahrhundert. Also etwa: Borges, Erasmus, Luther, Goethe, Hugo (dessen grandioses Machwerk "Dreiundneunzig"), Fontane (den er Strindberg gegenüberstellt), Robert Louis Stevenson, "epigonenhaft und zukunftweisend", ein meisterlicher Essay über das essayistische Werk Thomas Manns, "ein subtiler und gigantischer Kommentar zum eigenen Werk", hier auch eine Rettung der wirklich noch immer verkannten "Betrachtungen eines Unpolitischen", danach ein - entschieden positiver und langer - Essay zu dem so schwer zu beurteilenden Hesse, von dem er sagt, er habe, obwohl Mann "literarisch weit unterlegen", dennoch "in bezug auf die europäische Krise und den Schiffbruch der Vernunft von Anfang an viel tiefer gesehen"; dann, das kann nicht fehlen, aber auch da ist er fair, Hannah Arendt und Martin Heidegger, außerdem Hermann Broch, Primo Levi und - besonders schön schwebend - Eugenio Montale.

Die Beiträge zeichnen sich durch Redlichkeit aus, nirgends wird da geprunkt oder gar geflunkert, dann durch schöne Nüchternheit ("Der Betrachter", pflegte Hugo Friedrich zu sagen, "muß nüchtern bleiben - es reicht, wenn einer enthusiastisch ist") und durch belesene Vernünftigkeit: da herrscht "gesunder Leserverstand", wie Wolf Lepenies im Blick auf Sainte-Beuve sagte. Bemerkenswert ist auch das religiöse Interesse des Autors.

Diese Arbeiten eines in unserer Literatur und Gedankenwelt überaus kundigen Italieners geben auch einen Einblick in eine andere Welt, weil er nämlich immer wieder Autoren zitiert (er zitiert gerne und treffend), die hier kaum einer kennt. Deutsches (und anderes) wird bei ihm also auch von Italien her gesehen. Immer wieder sind da italienische Namen: Giulio Baioni, Giuseppe Bevilacqua, Rossana Rossanda, Pietro Citali, Cesare Cases, Marianello Marianelli, Patrizia Rateni und viele andere. Im kleinen zeigt auch dies: wir sind uns nah, aber doch auch einigermaßen fremd; das "commercium" ist im Kulturellen nach wie vor gering.

Schwer zu verstehen, warum man bei solchen Büchern mit dem Hinweis "Buchbindersynthese" - ein klassisches Kollegenargument - immer so schnell bei der Hand ist, abgesehen von dem vorindustriellen Bild des "Buchbinders", das hier waltet. Wenn das durch zwei Buchdeckel Synthetisierte jeweils gut ist (und es dann auch noch ein Register gibt), was, bitte, ist dann dagegen zu sagen?

HANS-MARTIN GAUGER

Claudio Magris: "Utopie und Entzauberung". Geschichten, Hoffnungen und Illusionen der Moderne. Aus dem Italienischen übersetzt von Ragni Maria Gschwend und Karin Krieger. Carl Hanser Verlag, München, Wien 2002. 95 S., geb., 13,90 [Euro].

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"Eine Diagnose der Moderne, wie sie aktueller und treffender kaum sein könnte."
(Steffen Richter, Neue Zürcher Zeitung, 07.11.02)

Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension

Michael Lützeler würdigt den Autor als den "bekanntesten italienischen Literatur- und Kulturwissenschaftler" und auch die vorliegenden Essays rechtfertigen seiner Ansicht nach den Ruf Magris'. Obwohl die meisten Aufsätze in den 90er Jahren entstanden sind, seien sie nach wie vor aktuell, lobt der Rezensent. Er rühmt Magris als gebildeten, dabei "kosmopolitischen Europäer", wobei ihm besonders gefällt, dass sich der Autor stets auf den "Dialog der Kulturen" einlasse. Die einzelnen Essays dieses Bandes haben Lützeler allesamt gefallen, wobei ihn besonders die Gedanken zu Utopie und Hoffnung angesprochen haben, in denen er Magris als "eigenständigen Schüler" von Ernst Bloch erkennt. Zudem ist er sehr beeindruckt, mit welcher Kenntnis der Autor als "Nichttheologe" die "Offenbarung des Johannes" oder das theologische Problem der "Willensfreiheit" analysiere. Weiter erwähnt er einen Aufsatz zu Goethes "Weltliteratur" als sehr "interessant", und einen Text über Hermann Hesse lobt er für seinen "luziden Exkurs" über die literarische Figur des Vagabunden.

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"Magris' Geschichten, Hoffnungen und Illusionen der Moderne sind schön zu lesen, weise ..." Franziska Meier, Frankfurter Rundschau, 17.04.03

"Ein Lese-Vergügen ersten Ranges." Ralph Gambihler, Dresdner Neueste Nachrichten, 8./9.3.2003

"Eine Diagnose der Moderne, wie sie aktueller und treffender kaum sein könnte." Steffen Richter, Neue Zürcher Zeitung, 07.11.02