Karl August Varnhagen ist meist nur noch bekannt als Mann seiner berühmten Frau, als "Wittwe" und Nachlaßpfleger der Rahel und ihres legendären "jüdischen Salons". Zu unrecht: er war ein liberaler, kosmopolitischer "homme de lettres", Feuilletonist, Kritiker, Sammler, Briefschreiber, Erfinder der biographischen Geschichtsschreibung; ein Meister der "geselligen Lebens-verhältnisse"; der unbequeme Chronist einer romantischen Generation, die um 1800 in Berlin und anderswo in die europäische Moderne aufbrach und meist im nationalen Biedermeier, in der Resignation oder im Exil endete.
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Lothar Müller hat eine Perle entdeckt und betrachtet sie voller Freude. Karl August Varnhagen ist eine verkannte Figur, und Hazel Rosenstrauch leistet in seinen Augen weit weit mehr als die fällige Rehabilitierung des Mannes, der oft nur als Anhängsel seiner Frau Rahel gilt. Sie bettet nämlich, so Müller, die Biografie Varnhagens in die Zeit "zwischen Revolution und Befreiungskriegen" ein und liest Varnhagens Schriften über sein Leben "ebenso sehr als Kritik der unmittelbaren Gegenwart wie als Auskunft über die Vergangenheit des Verfassers". So erwachse aus der Geschichte einer Jugend die Darstellung liberaler und kosmopolitischer Träume, die in der Zeit der Restauration zerplatzten. Rosenstrauchs Blick auf Varnhagen, den überaus fleißigen Chronisten, fasse "die 'Pubertät Deutschlands' ins Auge", seine "romantisch-revolutionären Aufbruchshoffnungen um 1800", die dann arg enttäuscht wurden - zum Schaden der jungen Nation. Dabei geht sie so klug und engagiert vor und vermeidet so konsequent jede "Verklärung und Idyllisierung der 'deutsch-jüdischen Symbiose' in den Berliner Salons des frühen 19. Jahrhunderts", dass Müller ihr sogar locker ein fehlendes Personenregister durchgehen lässt.
© Perlentaucher Medien GmbH
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