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"Mein Sohn, ich glaube, ich habe dich verstanden." Im April 1964 ruft Veit Harlan seinen Sohn Thomas nach Capri an sein Sterbebett, doch für das Gespräch, das mit diesem Satz hätte beginnen können, ist es zu spät. Drei Tage dauert das Sterben, drei Tage erinnert Thomas sich an die gemeinsame Geschichte: an seine Erleichterung über den Freispruch für den Vater, als dieser 1949 wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit angeklagt ist, und an sein Entsetzen über den Richter dieses Freispruchs, der als NS-Staatsanwalt Todesurteile erwirkt hatte. Wir sehen den jungen Thomas, der Deutschland…mehr

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Produktbeschreibung
"Mein Sohn, ich glaube, ich habe dich verstanden." Im April 1964 ruft Veit Harlan seinen Sohn Thomas nach Capri an sein Sterbebett, doch für das Gespräch, das mit diesem Satz hätte beginnen können, ist es zu spät.
Drei Tage dauert das Sterben, drei Tage erinnert Thomas sich an die gemeinsame Geschichte: an seine Erleichterung über den Freispruch für den Vater, als dieser 1949 wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit angeklagt ist, und an sein Entsetzen über den Richter dieses Freispruchs,
der als NS-Staatsanwalt Todesurteile erwirkt
hatte. Wir sehen den jungen Thomas, der Deutschland verlassen hat und in Paris Thomas Mann, "in seinem erschütterten Körper tief versunken", Tee serviert, wir sehen Szenen im München der Nachkriegszeit, wo Veit in einem Café das Wiedersehen mit Kurt Georg Kiesinger
feiert, wir sehen Klaus Kinski, den zum Entsetzen des Vaters engsten Freund des Sohns, wie er zusammen mit Thomas Autos im Englischen Garten anzündet. Wir erleben eine "verirrte, verwirrte Familie", die nicht an Jud Süß allein zerbrach.
Veit will Abbitte leisten dafür, dass der Sohn den Vater zwanzig Jahre lang alleingelassen hat, und will gleichzeitig "in Ordnung bringen, was noch nicht in Ordnung gebracht" ist. Es ist eine Liebeserklärung und eine Verdammung, beides zugleich, in einem Ton vereint und von ungeheurer sprachlicher Kraft.
Autorenporträt
Harlan, Thomas
Thomas Harlan wurde 1929 geboren als Sohn der Schauspielerin Hilde Körber und von Veit Harlan, dem Regisseur des nationalsozialistischen Propagandafilms «Jud Süß». Er hat mehrere Filme gedreht, darunter «Torre Bela» (1977) und «Wundkanal» (1984), außerdem hat er Theaterstücke und mehrere Bücher geschrieben, namentlich die Romane «Rosa» (2000) und «Heldenfriedhof» (2006) sowie den Erzählungsband «Die Stadt Ys» (2007). Harlan starb am 16.10.2010.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 27.03.2011

Literatur "Vater, Du Geliebter, Verstockter, höre doch! (. . .) Ich habe Dich geliebt. Laß mich dein Sohn sein, Dein ältester, laß mich. Dein Sohn", lauten die letzten Worte in Thomas Harlans Buch "Veit", das der 81-Jährige zwischen dem 31. Mai und dem 4. Juni 2010 in Schönau am Königssee wenige Monate vor seinem Tod diktiert hat (Rowohlt, 156 Seiten, 17,95 Euro). Es ist eine Art Abschiedsbrief, Anklageschrift und Liebesbekundung in einem, letzte Worte an die übergroße, traumatisch besetzte Vaterfigur Veit Harlan, Regisseur des antisemitischen NS-Propagandafilms "Jud Süß". Ein Leben lang hatte Thomas, der 1929 als erstes Kind Veit Harlans mit der UFA-Schauspielerin Hilde Körber geboren wurde, mit diesem Vater gerungen; ein Vater, der ihn verstieß und den der Sohn bekämpfte, bis Veit 1964 auf Capri, da ließ der Vater den Sohn an sein Bett kommen, in Thomas' Armen starb. Das Buch, das sich wie ein Vermächtnis liest, ist, mit seiner unglaublichen poetischen Wucht, mit seinen Rilke- und Kafka-Anspielungen, noch einmal Ausdruck dieses Ringens, das kein Ende finden konnte. Und es ist zugleich eine kleine Autobiographie: Die wilden Jahre der "Ganovenfreundschaft" mit Klaus Kinski, mit dem Thomas das Münchner Kino anzündete, in dem ein Film des Vaters lief; das Theaterstück "Ich und kein Engel" über den Aufstand im Warschauer Getto; die Flucht nach Paris, die auch eine Sprachflucht war; seine Recherchen über die Täter, die, mit Unterstützung seines Freundes, des Staatsanwalts Fritz Bauer, zu 2000 Anklagen gegen NS-Kriegsverbrecher führten - all das findet man hier, angerissen oft nur und vom Verlag sorgfältig kommentiert. "Ich bin der Sohn meiner Eltern. Das ist eine Katastrophe. Die hat mich bestimmt", hat, als er noch lebte, Thomas Harlan gesagt. In genau diesem Sinne ist "Veit" ein Katastrophenbuch, zart und unerbittlich.

jia

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Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension

Vor allem als zeitgeschichtliches Dokument und Abbild einer mit vielen Fragen zurückbleibenden, sich an der vergangenen Schuld abarbeitenden Vater-Sohn-Beziehung hat Christian Eger Thomas Harlans Prosatext "Veit" gelesen. Der todkranke Autor hat den Text innerhalb von fünf Tagen diktiert und der Rezensenten zeigt sich beeindruckt vom sehr persönlichen Ton dieser "flehend nachgetragenen Liebe". Veit Harlan hielt lebenslang daran fest, er sei zu seinem antisemitischen Propagandafilm "Jud Süß" gezwungen worden, eine "Lebenslüge", an der sich Thomas Harlan zeitlebens heftig stieß, so Eger, den besonders Harlans Darstellung kurzer Szenen am Totenbett seines Vaters sehr beeindruckt haben.

© Perlentaucher Medien GmbH