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Produktdetails
  • Verlag: Collection Rolf Heyne
  • Erscheinungstermin: Januar 2007
  • Deutsch
  • Abmessung: 340mm
  • Gewicht: 1490g
  • ISBN-13: 9783899103458
  • ISBN-10: 3899103459
  • Artikelnr.: 21476882
Autorenporträt
Christoph Lohfert, geboren 1937, Studium der Ingenieurs- und Betriebswirtschaft, Promotion 1965. Seit 1970 im Krankenhausbereich als Begleiter zahlreicher Projekte tätig.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 01.11.2007

Die geisterhafte Stadt

Sagen wir es gleich: Venedig ist als Fotomotiv ausgereizt. Ob Kanäle, Gassen oder Masken, das alles hat man schon tausendmal gesehen - nun also Bilder von Christoph Lohfert und Rainer Groothuis. Beide fotografieren schwarzweiß, und beiden ist daran gelegen - oder einem von ihnen? -, keine Touristen zu zeigen - sieht man von Maximilian Schell oder seinem Doppelgänger einmal ab. Sehr oft sind die Straßen sogar menschenleer. Gern experimentieren sie - oder einer von ihnen? - mit Lichteffekten bei greller Sonne oder elektrischer Straßenbeleuchtung. Von da aus ist es nicht weit zur Todesmetapher, auf die sich Elke Heidenreich im Vorwort selbstredend bezieht und die über Umwege auch einige der eingestreuten Schriftstellerzitate kennzeichnet. Da spricht Mark Twain von einer "Art verstohlener Stille" und Charles Dickens von der "geisterhaften Stadt". Die Aufmachung des Buchs ist wunderbar. Solche Liebe sollte man auch einmal anderen Städten schenken.

F.L.

"Venedig" von Christoph Lohfert und Rainer Groothuis. Collection Rolf Heyne, München 2007. Ohne Paginierung, viele Fotos. Gebunden, 39,90 Euro.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 20.03.2007

Zu viele Blicke verbrauchen die Welt
Rainer Groothuis und Christoph Lohfert nähern sich behutsam der allzu bekannten Stadt Venedig Von Kristina Maidt-Zinke
Der polnische Schriftsteller Andrzej Stasiuk hat in seinen Reiseerzählungen „Unterwegs nach Babadag” das merkwürdige Phänomen beschrieben, dass Orte sich unter Blicken abnutzen können: „Blicke glätten die Dinge und Landschaften. Eben daher kommen Zerstörung und Zerfall. Von zu vielen Blicken verbraucht sich die Welt, nutzt sich ab wie eine alte Karte.” Noch stärker dürfte das für den Blick des Malers oder Fotografen gelten, der danach trachtet, gleichsam eine hauchdünne Schicht des Geschauten abzutragen und mit nach Hause zu nehmen. Und wie sehr muss, vor allen anderen Orten der Welt, die Stadt Venedig davon betroffen sein, deren Eigenart und beispiellose Schönheit seit Jahrhunderten die visuellen Begierden ganzer Völkerscharen von Schaulustigen auf sich lenkt, samt einer Reproduktionswut, die sich proportional zu den technischen Möglichkeiten ins Groteske gesteigert hat.
Es ist aber mittlerweile auch die Umkehrung des Vorgangs denkbar. Heute kann der Blick durch die Kamera dem abgenutzten Ort sogar etwas zurückgeben, nimmt er einen Standpunkt ein, der sich dem hektischen Flackern der digitalen Bilderproduktion entzieht, eine Perspektive der behutsamen Annäherung statt der raffenden Aneignung. In diesem Sinne darf der Venedig-Bildband von Rainer Groothuis und Christoph Lohfert, ungeachtet der Vielzahl seiner Vorgänger, freundlich begrüßt werden. In strengem Schwarzweiß hat man die Serenissima schon lange nicht mehr gesehen, denn die meisten Fotografen lassen sich – begreiflicherweise – von ihrer Farbenpracht verführen. Und bei aller Vertrautheit der Motive ist hier das Bestreben offenkundig, ein Venedig zu zeigen, das nur wenige wahrnehmen.
Im Herbst und im Winter, bei Regen oder bei Nacht sind diese Stadtansichten entstanden; Plätze und Gassen sind leergefegt, wie man sie allenfalls frühmorgens oder bei eisigem Wind antrifft, so dass Strukturen und Kontraste überdeutlich hervortreten, der Licht- und Schattenzauber sich in einer Atmosphäre unwirklicher Ruhe und Klarheit entfaltet. Die venezianischen Nebenschauplätze, das Beiläufige, Skurrile und Unscheinbare, zuweilen auch Unschöne haben auf diesen Bildern ihren Platz: Graffiti, Leuchtreklamen, anarchische Plakatwände, achtlos gestaltete Ladenschilder. Sind Menschen zu sehen, handelt es sich überwiegend um die letzten Venezianer, diskret beobachtet in Alltagsszenen oder in Situationen frappierender Einsamkeit. Touristen kommen auch vor, in kleinformatigen Bildserien, die sie sympathisch und eher marginal erscheinen lassen. Die Masken des künstlich wiederbelebten Karnevals wirken dagegen ein wenig aufdringlich und klischeehaft, man hätte sie nicht gebraucht.
Der französische Schriftsteller Roger Grenier notierte unlängst, Venedig werde nicht vom Wasser verschlungen, sondern von einer Wörterflut. Diesen Eindruck bestätigt die Lektüre der begleitenden Texte, von Elke Heidenreichs Vorwort über einschlägige Dichterzitate bis zu den Kommentaren der beiden Fotografen. Seltsam, wie inbrünstig die lebenden Autoren dem Publikum ans Herz legen, nach Venedig zu reisen, als sei das eine ganz neue Idee. Vielleicht haben sie noch nicht gehört, dass die erwartete Besucherzahl heuer nicht mehr bei zwölf, sondern bei zwanzig Millionen liegt. Das sollte allmählich genügen.
Christoph Lohfert & Rainer Groothuis
Venedig
Collection Rolf Heyne, München 2006. Ohne Seitenangabe, 39,90 Euro.
Im Herbst oder Winter, bei Regen oder Nacht sind die meisten der strengen Stadtansichten von Rainer Groothuis und Christoph Lohfert entstanden. Abb. aus dem besprochenen Band
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