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Vier Theaterleute und ein Schriftsteller reisen nach Venedig. Dort nimmt sich der venezianische Dramatiker Riccardo Malino ihrer an und führt die Besucher durch das Labyrinth der Stadt, lädt sie in kleine versteckte Kneipen ein und läßt sie hinter die feudalen Fassaden der Paläste am Canal Grande blicken. Großzügig stellt er ihnen für einige Tage sein Haus zur Verfügung. In einer gespenstischen Nacht kommt es dort zu einer unerhörten Begebenheit, und die Vergnügungsreise, die in Paris begann, wird zu einem Alptraum.

Produktbeschreibung
Vier Theaterleute und ein Schriftsteller reisen nach Venedig. Dort nimmt sich der venezianische Dramatiker Riccardo Malino ihrer an und führt die Besucher durch das Labyrinth der Stadt, lädt sie in kleine versteckte Kneipen ein und läßt sie hinter die feudalen Fassaden der Paläste am Canal Grande blicken. Großzügig stellt er ihnen für einige Tage sein Haus zur Verfügung. In einer gespenstischen Nacht kommt es dort zu einer unerhörten Begebenheit, und die Vergnügungsreise, die in Paris begann, wird zu einem Alptraum.
Autorenporträt
E. Y. Meyer wurde 1946 in Liestal geboren. Nach dem Studium der Literatur, der Geschichte und der Philosophie in Bern war er als Primarlehrer tätig. Längere Aufenthalte in New York, Paris und London. Der seit 1974 freischaffende Schriftsteller lebt heute in Bern. Ausgezeichnet wurde Meyer u.a. mit dem Preis der Schweizerischen Schillerstiftung, dem Gerhart-Hauptmann-Preis und dem Buchpreis des Kantons Bern. www.eymeyer.ch
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 29.09.1997

Nichts los in Harry's Bar
Prätentiös: E. Y. Meyer verliert sich in Venedig

Kein Leser, der jemals Gustav von Aschenbach bis zu seinem Tod in Venedig begleitet hat, wird dessen allererste Begegnung vergessen - jene schattenhafte, graugekleidete Gestalt, die an einem schwülwarmen Frühlingsabend jählings vor den erschöpften Künstler hintritt. Die unmittelbare Nähe des Friedhofs, die vorgerückte Stunde, vor allem aber das Äußere und die Gesichtszüge des Fremden lassen keinen Zweifel. Es handelt sich um eine Allegorie des Todes.

In seiner Novelle "Venezianisches Zwischenspiel" läßt E. Y. Meyer den graugekleideten Herrn unversehens auferstehen. Sein Riccardo ist ein Wiedergänger, dessen auffälligstes Merkmal gleichfalls ein erstarrtes Grinsen ist: ekelerregend, triumphal, verzerrt, mephistophelisch, hinterhältig. Doch damit nicht genug, denn wie der Autor des "Tod in Venedig" liebt auch Meyer die sprechenden Namen. Riccardo heißt "Malino", und es bedarf keiner großen Sprachkenntnis, um die Botschaft aufzunehmen: Riccardo ist "maligno", der Boshafte und Bösartige.

Worum geht es? Das "Venezianische Zwischenspiel" erzählt von einer Fahrt, die zugleich eine Reise in der Zeit ist. Die handelnden Personen sind allesamt Theaterleute - ein namenloser Ich-Erzähler und seine gleichfalls namenlose Frau, dazu eine Handvoll Freunde und Bekannte. Giorgio, ein gefeierter Regisseur, möchte eine erfolgreiche Premiere in Harry's Bar in Venedig feiern, und so macht man sich an einem Oktobersonntag auf den Weg von Paris nach Venedig. Widrigkeiten der Technik und des Wetters jedoch machen die Autofahrt schwierig, und als die Reisenden schließlich mitten in der Nacht ihr Ziel erreichen, sind in dem berühmten Lokal längst die Lichter erloschen.

Mit großem erzählerischen Aufwand gestaltet Mayer die folgenden Stunden und Tage als Irrweg durch die Labyrinthe der "Amphibienstadt": "dunkel, kalt, unerbittlich, abweisend, feucht, naß, tot". Gleichzeitig tut er alles, um den Leser die Erschöpfung und die wachsende Orientierungslosigkeit seiner Helden spüren zu lassen. Seitenlang die hingebungsvolle Schilderung der Plätze und Gäßchen, der Brücken und Gebäude, raumgreifend die Exkurse über venezianische Geschichte und Gastronomie, nicht enden wollend die Wiedergabe biographischer Beiläufigkeiten. Der Effekt, wenn er denn gewollt ist, bleibt nicht aus. In dem Maß, wie den Akteuren der Überblick abhanden kommt, verliert sich auch der Faden der Geschichte.

Das "Venezianische Zwischenspiel" ist eine Novelle, und Meyers Motto vergegenwärtigt noch einmal, was Goethe von dieser Gattung verlangte: die Präsentation einer unerhörten Begebenheit. Ebendies ist der Part Riccardos, des Bösartigen, der, wie sich schließlich herausstellt, eine der Frauen aus der kleinen Gesellschaft belästigt hat und nun im Ansehen der übrigen mehr und mehr in die Rolle des "Unmenschen" hineinwächst. Der Gipfel ist erreicht, als Riccardo, ein bekennender Anhänger de Sades und Célines, wenig später den völlig erschöpften Ich-Erzähler grundlos aus dem Schlaf reißt und durch diese Unbedachtheit kaum zu bändigende Mordgelüste wachruft.

Das alles klingt ziemlich banal und ist es auch. Meyer garniert seine Story mit allerlei Reiseführerweisheiten und Speisekartenexotika, doch erzählerisch trägt das wenig ein. Gleiches gilt für die verschwenderisch ausgebreiteten literarischen Preziosen. E. T. A. Hoffmanns Phantastik, Hemingways Virilität, Achenbachsche Morbidezza gehören zweifellos zu den Erlesenheiten der Weltliteratur, doch als Mixtur sind sie kaum zu ertragen. Meyers Erzählung scheitert, weil sie die Atmosphäre lediglich zitiert, anstatt sie zu erzeugen. Überdies fehlt ihr die novellistische Formstrenge, zu schweigen von den Figuren, die, obschon unablässig plappernd, allesamt flach und konturlos bleiben. Ausnehmend störend ist schließlich die buchhalterische Umständlichkeit, mit der Meyer seine eigenen Einfälle und selbst jene unerhörte Begebenheit kommentiert, die durch eine ausladende Betrachtung über Mord und Nichtmord um ihre Pointe gebracht wird. Mit einem Wort: Das "Venezianische Zwischenspiel" ist keine Novelle, es ist eine Farce. RALF KONERSMANN

E. Y. Meyer: "Venezianisches Zwischenspiel". Eine Novelle. Ammann Verlag, Zürich 1997. 155 S., geb., 36,- DM.

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