Klaus Schubert: Neo-Korporatismus - und was dann?
Eine zentrale Fragestellung der Interessengruppen-Forschung ist das "wie" der Einflussnahme, die Modi und Kanäle, über die sich Interessen Gehör verschaffen und zur Durchsetzung gelangen können. Dabei haben sich zwei Erklärungsansätze durchgesetzt: 1. der (Neo-) Korporatismus und 2. der Pluralismus. Beide Theorie-Schulen stoßen aber auf Grenzen ihrer Erklärungskraft. Im Streit dieser beiden Theorien könnte ein weiterer, neuerer Ansatz einen Ausweg bieten, der bisher zu wenig Beachtung gefunden hat: der Ansatz der Politischen Netzwerke.
Christoph Strünck: Arbeitnehmerorganisationen im Prozess der politischen Interessenvermittlung
Arbeitnehmerorganisationen zählen noch immer zu den zentralen Interessengruppen in Demokratien. Neben ihrer Funktion als Verhandlungspartner von Arbeitgebern wirken sie auch in der politischen Interessenvermittlung zwischen Parteien, Parlamenten, Regierungen und Medien mit. Die Organisationstypen sind unterschiedlich: Es gibt das Branchen- und Berufsprinzip, es gibt Massen- oder Nischenorganisationen, und die Organisationsgrade variieren beträchtlich. Verschiedene wirtschaftliche und gesellschaftliche Wandlungstrends machen es allerdings immer schwieriger, Arbeitnehmerinteressen zu definieren und diese zu vertreten. Massive Mitgliederverluste, neue Beschäftigungsverhältnisse und Konfliktlinien sowie Veränderungen des politischen Systems bewirken, dass in Zukunft thematische Interessen-Koalitionen wichtiger sein werden als die einzelne Arbeitnehmer-Organisation.
Wolfgang Schroeder: Entwicklung und Wandel von Arbeitgeberverbänden in Deutschland
Prägend für das deutsche Modell der industriellen Beziehungen sind mitgliederstarke Arbeitgeberverbände, die mit dem Instrument des Flächentarifvertrages eine soziale Regulierung der Einkommensverhältnisse und Wettbewerbsstrukturen anstreben. Seit einigen Jahren ist dieser Typus von Arbeitgeberverband, insbesondere durch Dezentralisierungs-, Deregulierungs- und Desorganisationsprozesse im Rahmen veränderter ökonomischer Rahmenbedingungen, normativer Prämissen (Shareholder etc.), spezifischer Sozialisationsbedingungen und politischer Kräfteverhältnisse unter enormen Veränderungsdruck geraten. Die Zunahme von Tarif- und Verbandsflucht, die Bildung von Arbeitgeberverbänden ohne Tarifbindung und das Engagement für normative und organisatorische Alternativen können als Belege für Desorganisationsprozesse in den Arbeitgeberverbänden gewertet werden. Damit bleibt offen, ob und in welcher Form die Arbeitgeberverbände dem Mitgliederunmut, der abnehmenden Verpflichtungsfähigkeit und der Bedeutungszunahme alternativer Regelungskonzepte Paroli bieten können und wollen. Von den Antworten auf diese Prozesse wird es mit abhängen, in welche Richtung sich der Kapitalismus und die Politik der Interessenartikulation und -durchsetzung in Deutschland im europäisch-globalisierten Kontext verändert.
Nils C. Bandelow: Akteure und Interessen in der Gesundheitspolitik: Vom Korporatismus zum Pluralismus?
Das deutsche Gesundheitswesen galt bisher als Prototyp eines neokorporatistischen Verhandlungssystems. Vor allem die Verbände der Kassenärzte und Krankenkassen wurden als zentralistische Zwangsverbände in die Formulierung und Umsetzung staatlicher Politik eingebunden. Die aktuellen Entwicklungen zeigen grundlegende Veränderungen der gesundheitspolitischen Interessenvermittlung. Die Strukturen der Verbände im Gesundheitswesen nähern sich stärker pluralistischen Formen an. Gleichzeitig findet aber in veränderten Formen weiterhin (und teilweise zunehmend) eine Einbindung der Verbände in die staatliche Politik statt. Diese basiert weniger auf der Idee eines gleichberechtigten Tauschs zwischen den Vertretern gesellschaftlicher Interessen, sondern entspricht zunehmend der politisch und sozial besonders umstrittenen Form des Wettbewerbskorporatismus.
Michèle Knodt/Christine Quittkat: Interessenvermittlung im europäischen Mehrebenensystem
Der vorliegende Beitrag betrachtet die Interessenvermittlung von Wirtschaftsverbänden und Regionen im europäischen Mehrebenensystem. Untersucht wird, wie diese Akteure ihre Interessen in das verflochtene und Ebenen übergreifende System einbringen und welche Besonderheiten der Interessenvermittlung dabei zu beobachten sind. So lässt sich bei den europäischen Strategien der Interessenvermittlung von Wirtschaftsverbänden eine relativ klare Aufgabenteilung zwischen Euroverbänden und nationalen Verbänden erkennen; darüber hinaus werden länderspezifische Unterschiede hinsichtlich der Strategie- und Instrumentenwahl deutlich. Letzteres gilt ähnlich auch für Regionen, wobei nationale und regionale Unterschiede auf die ungleiche Ausstattung europäischer Regionen mit Kompetenzen, Ressourcen und der Fähigkeit zur strategischen Interaktion zurückzuführen sind.
Inhalt:
Wichard Woyke: Einleitung: Interessenvermittlung durch Verbände
Klaus Schubert: Neo-Korporatismus - und was dann?
1. Was ist Neo-Korporatismus?
2. Ausdifferenzierungen des ursprünglichen Modells
3. Veränderte Randbedingungen korporatistischer Politik
4. Variationen in den Beziehungen zwischen Regierung und Verbänden
5. Politische Netzwerke
6. Schluss
Christoph Strünck: Arbeitnehmerorganisationen im Prozess der politischen Interessenvermittlung
1. Von der Arbeiter- zur Arbeitnehmerbewegung
2. Organisationstypen und ihre Funktionen
3. Was sind Arbeitnehmerinteressen?
4. Strategien und Instrumente der Interessenvermittlung
5. Institutionen und Prozess der Interessenvermittlung
6. Wandel der Arbeitnehmerorganisationen, Wandel der Interessenvermittlung
Wolfgang Schroeder: Entwicklung und Wandel von Arbeitgeberverbänden in Deutschland
1. Einführung
2. Die historische Entwicklung der Arbeitgeberverbände
3. Organisatorische Strukturen und ihr Wandel
4. Aktuelle Probleme und strategische Reaktionen der Arbeitgeberverbände
5. Resümee
Nils C. Bandelow: Akteure und Interessen in der Gesundheitspolitik: Vom Korporatismus zum Pluralismus?
1. Einleitung
2. Akteure und Interessen im deutschen Gesundheitswesen
3. Phasen verbandlicher Interessenpolitik
4. Fazit
Michèle Knodt/Christine Quittkat: Interessenvermittlung im europäischen Mehrebenensystem
1. Das europäische Mehrebenensystem
2. Interessenvermittlung der Wirtschaft
3. Regionale Interessenvermittlung in der EU
4. Fazit
Eine zentrale Fragestellung der Interessengruppen-Forschung ist das "wie" der Einflussnahme, die Modi und Kanäle, über die sich Interessen Gehör verschaffen und zur Durchsetzung gelangen können. Dabei haben sich zwei Erklärungsansätze durchgesetzt: 1. der (Neo-) Korporatismus und 2. der Pluralismus. Beide Theorie-Schulen stoßen aber auf Grenzen ihrer Erklärungskraft. Im Streit dieser beiden Theorien könnte ein weiterer, neuerer Ansatz einen Ausweg bieten, der bisher zu wenig Beachtung gefunden hat: der Ansatz der Politischen Netzwerke.
Christoph Strünck: Arbeitnehmerorganisationen im Prozess der politischen Interessenvermittlung
Arbeitnehmerorganisationen zählen noch immer zu den zentralen Interessengruppen in Demokratien. Neben ihrer Funktion als Verhandlungspartner von Arbeitgebern wirken sie auch in der politischen Interessenvermittlung zwischen Parteien, Parlamenten, Regierungen und Medien mit. Die Organisationstypen sind unterschiedlich: Es gibt das Branchen- und Berufsprinzip, es gibt Massen- oder Nischenorganisationen, und die Organisationsgrade variieren beträchtlich. Verschiedene wirtschaftliche und gesellschaftliche Wandlungstrends machen es allerdings immer schwieriger, Arbeitnehmerinteressen zu definieren und diese zu vertreten. Massive Mitgliederverluste, neue Beschäftigungsverhältnisse und Konfliktlinien sowie Veränderungen des politischen Systems bewirken, dass in Zukunft thematische Interessen-Koalitionen wichtiger sein werden als die einzelne Arbeitnehmer-Organisation.
Wolfgang Schroeder: Entwicklung und Wandel von Arbeitgeberverbänden in Deutschland
Prägend für das deutsche Modell der industriellen Beziehungen sind mitgliederstarke Arbeitgeberverbände, die mit dem Instrument des Flächentarifvertrages eine soziale Regulierung der Einkommensverhältnisse und Wettbewerbsstrukturen anstreben. Seit einigen Jahren ist dieser Typus von Arbeitgeberverband, insbesondere durch Dezentralisierungs-, Deregulierungs- und Desorganisationsprozesse im Rahmen veränderter ökonomischer Rahmenbedingungen, normativer Prämissen (Shareholder etc.), spezifischer Sozialisationsbedingungen und politischer Kräfteverhältnisse unter enormen Veränderungsdruck geraten. Die Zunahme von Tarif- und Verbandsflucht, die Bildung von Arbeitgeberverbänden ohne Tarifbindung und das Engagement für normative und organisatorische Alternativen können als Belege für Desorganisationsprozesse in den Arbeitgeberverbänden gewertet werden. Damit bleibt offen, ob und in welcher Form die Arbeitgeberverbände dem Mitgliederunmut, der abnehmenden Verpflichtungsfähigkeit und der Bedeutungszunahme alternativer Regelungskonzepte Paroli bieten können und wollen. Von den Antworten auf diese Prozesse wird es mit abhängen, in welche Richtung sich der Kapitalismus und die Politik der Interessenartikulation und -durchsetzung in Deutschland im europäisch-globalisierten Kontext verändert.
Nils C. Bandelow: Akteure und Interessen in der Gesundheitspolitik: Vom Korporatismus zum Pluralismus?
Das deutsche Gesundheitswesen galt bisher als Prototyp eines neokorporatistischen Verhandlungssystems. Vor allem die Verbände der Kassenärzte und Krankenkassen wurden als zentralistische Zwangsverbände in die Formulierung und Umsetzung staatlicher Politik eingebunden. Die aktuellen Entwicklungen zeigen grundlegende Veränderungen der gesundheitspolitischen Interessenvermittlung. Die Strukturen der Verbände im Gesundheitswesen nähern sich stärker pluralistischen Formen an. Gleichzeitig findet aber in veränderten Formen weiterhin (und teilweise zunehmend) eine Einbindung der Verbände in die staatliche Politik statt. Diese basiert weniger auf der Idee eines gleichberechtigten Tauschs zwischen den Vertretern gesellschaftlicher Interessen, sondern entspricht zunehmend der politisch und sozial besonders umstrittenen Form des Wettbewerbskorporatismus.
Michèle Knodt/Christine Quittkat: Interessenvermittlung im europäischen Mehrebenensystem
Der vorliegende Beitrag betrachtet die Interessenvermittlung von Wirtschaftsverbänden und Regionen im europäischen Mehrebenensystem. Untersucht wird, wie diese Akteure ihre Interessen in das verflochtene und Ebenen übergreifende System einbringen und welche Besonderheiten der Interessenvermittlung dabei zu beobachten sind. So lässt sich bei den europäischen Strategien der Interessenvermittlung von Wirtschaftsverbänden eine relativ klare Aufgabenteilung zwischen Euroverbänden und nationalen Verbänden erkennen; darüber hinaus werden länderspezifische Unterschiede hinsichtlich der Strategie- und Instrumentenwahl deutlich. Letzteres gilt ähnlich auch für Regionen, wobei nationale und regionale Unterschiede auf die ungleiche Ausstattung europäischer Regionen mit Kompetenzen, Ressourcen und der Fähigkeit zur strategischen Interaktion zurückzuführen sind.
Inhalt:
Wichard Woyke: Einleitung: Interessenvermittlung durch Verbände
Klaus Schubert: Neo-Korporatismus - und was dann?
1. Was ist Neo-Korporatismus?
2. Ausdifferenzierungen des ursprünglichen Modells
3. Veränderte Randbedingungen korporatistischer Politik
4. Variationen in den Beziehungen zwischen Regierung und Verbänden
5. Politische Netzwerke
6. Schluss
Christoph Strünck: Arbeitnehmerorganisationen im Prozess der politischen Interessenvermittlung
1. Von der Arbeiter- zur Arbeitnehmerbewegung
2. Organisationstypen und ihre Funktionen
3. Was sind Arbeitnehmerinteressen?
4. Strategien und Instrumente der Interessenvermittlung
5. Institutionen und Prozess der Interessenvermittlung
6. Wandel der Arbeitnehmerorganisationen, Wandel der Interessenvermittlung
Wolfgang Schroeder: Entwicklung und Wandel von Arbeitgeberverbänden in Deutschland
1. Einführung
2. Die historische Entwicklung der Arbeitgeberverbände
3. Organisatorische Strukturen und ihr Wandel
4. Aktuelle Probleme und strategische Reaktionen der Arbeitgeberverbände
5. Resümee
Nils C. Bandelow: Akteure und Interessen in der Gesundheitspolitik: Vom Korporatismus zum Pluralismus?
1. Einleitung
2. Akteure und Interessen im deutschen Gesundheitswesen
3. Phasen verbandlicher Interessenpolitik
4. Fazit
Michèle Knodt/Christine Quittkat: Interessenvermittlung im europäischen Mehrebenensystem
1. Das europäische Mehrebenensystem
2. Interessenvermittlung der Wirtschaft
3. Regionale Interessenvermittlung in der EU
4. Fazit