Achtung: Enthält Spoiler für den ersten Band!
Wenn einem der erste Band einer Reihe so richtig, richtig gut gefällt, schlägt er manchmal zu: der Fluch des zweiten Bandes, der einfach nicht mithalten kann mit der ursprünglichen Begeisterung. Sei es, dass die eigenen Erwartungen einfach zu hoch
sind, sei es, dass der Autor bzw die Autorin im ersten Band schon alle guten Ideen verpulvert…mehrAchtung: Enthält Spoiler für den ersten Band!
Wenn einem der erste Band einer Reihe so richtig, richtig gut gefällt, schlägt er manchmal zu: der Fluch des zweiten Bandes, der einfach nicht mithalten kann mit der ursprünglichen Begeisterung. Sei es, dass die eigenen Erwartungen einfach zu hoch sind, sei es, dass der Autor bzw die Autorin im ersten Band schon alle guten Ideen verpulvert haben...
Ich taste mich beim Schreiben dieser Rezension erst heran an die Frage, warum mir auch hier der zweite Band nicht mehr ganz so gut gefallen hat wie der erste.
Nach wie vor bin ich sehr angetan davon, dass die Autorin sich etwas ganz eigenes ausgedacht hat, statt auf die üblichen paranormalen Wesen wie Vampire, Werwölfe und Co zurück zu greifen. Man erfährt jetzt etwas mehr über die Welt der Auserwählten und lernt zum Beispiel den Rat der Ältesten kennen. Es wird auch immer klarer, dass es durchaus Zwist und unterschiedliche Wertvorstellungen gibt, die die Auserwählten entzweien. Da gibt es diejenigen, die stolz auf ihre eigene Skrupellosigkeit sind und Menschen nur als Futter betrachten, und diejenigen, die sich eine friedliche Koexistenz wünschen und darauf achten, die als Spender benutzten Menschen nicht zu verletzten.
Interessant finde ich auch, wie sich die unfreiwillige Lebensgemeinschaft von Cassie und Estelle entwickelt. Cassie sträubt sich mit ganzer Kraft dagegen, sich vollständig mit Estelle zu verbinden, während diese unendlich darunter leidet, zu dieser Halbexistenz verdammt zu sein - und aggressiv, hinterhältig und skrupellos darum kämpft, Cassie komplett zu übernehmen.
Aber so interessant ich das auch fand, so bedingt konnte ich dieses Mal nur mit Cassie (lau)warm werden. Gestört hat mich unter anderem, wie unglaublich begriffsstutzig sie manchmal sein kann. Sie wird z.B. davor gewarnt, dass es sehr, sehr schlimme Folgen haben kann, wenn sie ihren Hunger ignoriert, und prompt tut sie genau das. Oder jemand spielt ihr einen ganz offensichtlichen Hinweis zur Lösung eines Problems zu, und sie kapiert es überhaupt nicht... Gut fand ich nach wie vor, dass sie eine Kämpfernatur ist und bereit ist, Opfer zu bringen, um ihre moralischen Wertvorstellungen nicht verraten zu müssen.
Ranjit blieb in diesem Band für mich etwas blass. Er spielt in meinen Augen eher eine Nebenrolle, gerade weil sich seine und Cassies Interessen (abgesehen von wildem Geknutsche) oft ziemlich unterscheiden und sie daher ohne ihn loszieht, um die Welt zu retten (oder zumindest einen Freund). Richard konnte mich dagegen ein wenig mehr für sich gewinnen. Im ersten Band kam er mir vor wie ein unerträglicher Playboy, der mit oberflächlichen Schmeicheleien um sich wirft... Und jetzt erfährt man zumindest, warum er das tut, und dass es eigentlich eine Art Schutzmechanismus ist.
Isabella war wieder wunderbar. Ich habe mich öfter bei dem Gedanken ertappt, dass ich sie als Hauptfigur besser gefunden hätte als Cassie! Sie ist nicht nur selbstlos und loyal, wenn es um ihre Freunde geht, sie ist auch clever und entschlossen, und Cassie wäre ohne sie mehr als einmal aufgeschmissen.
Jake verändert sich im Laufe des Buches merklich, denn es fällt ihm sehr schwer, Cassie als Auserwählte zu akzeptieren, und das macht ihn oft sehr unfair ihr gegenüber. (Obwohl ich das nachvollziehen konnte, schließlich gehört sie jetzt zu denjenigen, die seine Schwester umgebracht haben.)
So richtig Spannung wollte für mich lange nicht aufkommen. Obwohl es eigentlich viele Konflikte gibt, Cassie nur knapp einer Verurteilung entgeht und dann einen Freund vor einem grauenhaften Schicksal bewahren muss, plätschert die Geschichte über lange Strecken etwas vor sich hin. Die größte Bedrohung, etwas jahrhundertealtes, unsäglich Böses, löst sich gegen Ende dann relativ sang- und klanglos auf. Meine Gedanken waren: Wie, das war's schon?
Den Schreibstil fand ich wieder sehr schön und angenehm zu lesen.