25,00 €
inkl. MwSt.
Versandkostenfrei*
Sofort lieferbar
  • Buch

1933 wurden im nationalsozialistischen Deutschland in konzertierten Aktionen hunderttausende Bücher missliebiger Autor:innen öffentlich verbrannt. Diese Bücherverbrennungen waren mehr als nur eine kulturpolitische Säuberungsaktion, sie waren zentraler Bestandteil im komplexen Gefüge des nationalsozialistischen Machtdurchsetzungsprozesses. Sie in ihrer Gesamtheit zu betrachten, hat sich das Projekt Verbrannte Orte zum Ziel gesetzt und mittlerweile über 160 Bücherverbrennungen dokumentiert: als Fotografien jener Orte, wie sie heute aussehen. Sie zeigen unspektakuläre Plätze der Alltäglichkeit,…mehr

Produktbeschreibung
1933 wurden im nationalsozialistischen Deutschland in konzertierten Aktionen hunderttausende Bücher missliebiger Autor:innen öffentlich verbrannt. Diese Bücherverbrennungen waren mehr als nur eine kulturpolitische Säuberungsaktion, sie waren zentraler Bestandteil im komplexen Gefüge des nationalsozialistischen Machtdurchsetzungsprozesses. Sie in ihrer Gesamtheit zu betrachten, hat sich das Projekt Verbrannte Orte zum Ziel gesetzt und mittlerweile über 160 Bücherverbrennungen dokumentiert: als Fotografien jener Orte, wie sie heute aussehen. Sie zeigen unspektakuläre Plätze der Alltäglichkeit, nur an wenigen weisen Erinnerungszeichen auf das Geschehene hin. Wie aber betrachten wir diese Orte, wenn wir wissen, was dort passiert ist?Eine Auswahl der Fotografien steht im Mittelpunkt des Buches. Ergänzt werden diese durch Texte, welche die Hintergründe der Bücherverbrennungen beleuchten. Einige Biografien betroffener Autor:innen werden vorgestellt und durch einen detaillierten Blick auf das Thema Exil begleitet. Außerdem wird erörtert, was die Bücherverbrennungen von 1933 mit Demokratie und Meinungsfreiheit von heute zu tun haben.
Autorenporträt
Jan Schenck schloss 2006 sein Fotografiestudium an der Ostkreuzschule für Fotografie ab. Seit 2011 arbeitet er als Erlebnispädagoge. 2013 gründete er das Gedenkprojekt Verbrannte Orte, seit 2020 verantwortet er dort die Projektkoordination.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Einen wichtigen Beitrag zur Erinnerungskultur stellt der Band des Fotografen Jan Schenck für Rezensent Robert Probst dar. Sechzig großformatige Fotos zeigen, wie Orte, an denen im Jahr 1933 Bücherverbrennungen durch die Nationalsozialisten stattfanden, heute aussehen. Zu sehen sind etwa Sportanlagen und Wohnhäuser, an das Geschehene erinnert meistens nichts, stellt der Kritiker bedauernd fest. Ergänzt werden die Fotos durch ein Vorwort des Historikers Werner Treß und von Kurzbiografien der Autoren und Autorinnen, deren Werke verboten und verbrannt wurden. Abschließend weist Probst darauf hin, dass die Bilderserie auch online zu finden ist.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 12.06.2023

Geist
der Vernichtung
Der Fotograf Jan Schenck zeigt,
wie die Orte heute aussehen,
wo 1933 Bücher brannten
„Hoch flammte unter Feuersprüchen das Feuer zum nächtlichen Himmel empor, in dem die Schundliteratur ihren Untergang fand.“ So berichtete der Landbote am 26. Juni 1933 über einen Vorgang auf der Stadtwiese von Sinsheim zwei Tage zuvor. Zunächst war tagsüber ein „Fest der Jugend“ gefeiert worden, am Abend folgte ein Fackelzug durch die Stadt, an dem verschiedene Verbände, Schulen und SS-Formationen teilnahmen. Und weil man nun mal schon mit Feuer hantierte, verbrannte man noch die Bücher, die dem neuen Regime verhasst waren. Von Sieg-Heil-Rufen und „begeistertem“ Gesang des Horst-Wessel-Lieds schrieb die Zeitung auch. Heute steht auf der einstigen Wiese ein Bürogebäude, an die Bücherverbrennung vor 90 Jahren erinnert nichts.
Der Fotograf Jan Schenck hat vor einigen Jahren begonnen, solche vergessenen Orte der Bücherverbrennung zu dokumentieren. Seine Frage: Wie betrachten wir Orte heute, wenn wir wissen, was damals passiert ist? Die Forschung spricht von mehr als 150 Bücherverbrennungen im Deutschen Reich im Jahr 1933. Dabei waren die etwa 30 studentischen Aktionen unter dem Motto „Wider den undeutschen Geist“ rund um den 10. Mai nur ein großer Teil. Aber auch bei den traditionellen Sonnwendfeiern wurden oftmals – wie etwa in Sinsheim – Bücher verfemter Autorinnen und Autoren „dem Feuer übergeben“. Dokumentiert sind Verbrennungen zwischen März und Dezember.
„Vor dem Auge der Weltöffentlichkeit und unübersehbar für die deutsche Bevölkerung offenbarten die Nationalsozialisten im Feuerschein zentraler Straßen und Plätze den Geist der Vernichtung, der ihrer Weltanschauung innewohnte“, schreibt der Historiker Werner Treß in seiner kurzen Einführung. Jan Schenck hat für den vorliegenden Band nun 60 großformatige Fotos ausgewählt. Zu sehen sind die Orte in ihrer heutigen banalen Gewöhnlichkeit. Jetzt sind dort, wo einst die Bücher brannten, Sportplätze, Wohnhäuser, Parkanlagen, verlassene Häuser oder Lagerhallen. Die Abwesenheit von Menschen auf diesen Fotos verleiht ihnen eine gewisse Strenge. Unter den Fotos wird kurz Stadt, Datum und der historische Ablauf skizziert. Und es steht bedauerlich oft hinter dem Stichwort „Gedenkort“ das Wort Nein.
Ergänzt wird das Buch, das sich gut als Einstieg ins Thema eignet, von einigen Kurzbiografien der damals verbotenen und verfolgten Autorinnen und Autoren. Die komplette Bilderserie ist zu finden im Onlinenatlas verbrannte-orte.de. Buch und Atlas helfen, die Spuren, die der NS-Ungeist in Deutschland hinterlassen hat, wieder sichtbar zu machen. Das ist heutzutage wichtiger denn je.
ROBERT PROBST
Jan Schenck (Hg.):
Verbrannte Orte.
Nationalsozialistische Bücherverbrennungen
in Deutschland.
Mandelbaum-Verlag, Wien 2023.
192 Seiten, 25 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
…mehr