In einer Doppelrezension bespricht Jürgen Kesting zwei Bücher zu Guiseppe Verdi.
1.) Anselm Gerhard, Uwe Schweikert (Hrsg.): "Verdi-Handbuch" (Metzler/Bärenreiter)
Die große Stärke dieses Bandes liegt nach Kesting darin, dass durch die Beiträge von zwei Dutzend Autoren ein recht vielschichtiges und facettenreiches Bild von Verdi und seiner Zeit entsteht. Zahlreiche dieser Beiträge hebt der Rezensent gesondert als besonders gelungen hervor, etwa wenn er den "scharfen Blick" Anselm Gerhards lobt, mit dem dieser verschiedenen Verdi-Klischees nachgeht. "Instruktiv" sei beispielsweise außerdem der Text von Michael Walter über `Die italienische Oper als Wirtschaftsunternehmen` oder auch der Beitrag Anselm Gerhards darüber, dass Verdi
mit musikalischen Opern-Konventionen "keineswegs so oft gebrochen hat", wie oft suggeriert werde. Deutlich zu kurz kommt nach Ansicht des Rezensenten in diesem Band jedoch die Verdi-Rezeption, und auch Themen wie die "Aufführungs- und Inszenierungspraxis" hätten nach Kesting gerne etwas ausführlicher ausfallen können. Bedauerlich sei darüber hinaus, dass die "diskografischen Empfehlungen nicht begründet" werden.
2.) Christian Springer: "Verdi und die Interpreten seiner Zeit" (Holzhausen)
Nach Kesting liegt in diesem Buch der Schwerpunkt gerade in dem Bereich, der im "Verdi-Handbuch" zu kurz komme, nämlich in der Werkgeschichte. Grundlage sind hier vor allem, wie der Leser erfährt, Briefe Verdis und Rezensionen, die Aufschluss über die Entstehungsgeschichte der Opern geben, über Einstudierungen, "Erfolge und Misserfolge der Aufführungen" bis hin zu den Interpreten. Diese Zeugnisse geben nach Kesting einen Eindruck davon, wie sehr Verdi "für eine Kultur der Darstellung kämpfte" und welche Parallelen (aber auch Unterschiede) es darin zu Wagner gab. Besonders "aufschlussreich" findet Kesting die Briefe nicht zuletzt deshalb, weil sich hier ein Eindruck von der "Ästhetik des Verdi-Gesangs" vermittele, zumal sich zeige, dass Verdi nicht nur sehr klare Vorstellungen von den Rollen-Charakteren hatte, sondern auch Aufführungshinweise gegeben und Interpreten "minuziös" beurteilt hat.
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