Auf der Suche nach meinem russischen Vater
Es ist Sommer, Christa und Wolodja sind verliebt. Die Deutsche und der sowjetische Offizier träumen von einer gemeinsamen Zukunft. Bis sie verraten werden. Jahrzehnte später spürt Ulrich Schacht der verhängnisvollen Geschichte seiner Eltern nach. Gegen den Widerstand seiner Mutter versucht er, seinen Vater zu finden. An einem Frühlingstag steht er einem Mann gegenüber, von dem er hoffte, dass er sein Vater sei. Ein tief bewegendes Zeitzeugnis, exakt wie ein Geschichtsbuch, anschaulich wie ein Roman.
"Aber ihr erster gemeinsamer Sommer war mitten im August schon zu Ende gewesen: vereist, über Nacht. Einen nächsten würde es nicht mehr geben, nie."
Es ist Sommer, Christa und Wolodja sind verliebt. Die Deutsche und der sowjetische Offizier träumen von einer gemeinsamen Zukunft. Bis sie verraten werden. Jahrzehnte später spürt Ulrich Schacht der verhängnisvollen Geschichte seiner Eltern nach. Gegen den Widerstand seiner Mutter versucht er, seinen Vater zu finden. An einem Frühlingstag steht er einem Mann gegenüber, von dem er hoffte, dass er sein Vater sei. Ein tief bewegendes Zeitzeugnis, exakt wie ein Geschichtsbuch, anschaulich wie ein Roman.
"Aber ihr erster gemeinsamer Sommer war mitten im August schon zu Ende gewesen: vereist, über Nacht. Einen nächsten würde es nicht mehr geben, nie."
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 15.04.2011Bestrafte Liebe
Das Eis des Sommers taut erst nach einem halben Jahrhundert zu Tränen, als ein Mann bei Moskau durch den Schnee geht: Fünfzig Jahre zuvor, im Sommer 1950, sind in Wismar Christa und der russische Offizier Wolodja ein Paar, sie wollen heiraten, eine gemeinsame Zukunft haben, in der DDR oder der Sowjetunion. Doch die Sowjets sind dagegen. Den Plan, nach Lübeck zu gehen, wird verraten, Christa zu zehn Jahren Arbeitslager verurteilt, Wolodja versetzt und ihr Kind im Frauengefängnis Hoheneck geboren. 1999 trifft der Mann, der einmal das Kind war, zum ersten Mal seinen Vater: "ohne zu richten, sondern nur zu erkennen, zu verstehen und, ja, vielleicht auch zu verzeihen". Ulrich Schacht spürt anhand von Dokumenten und Briefen dem Verhängnis seiner Eltern nach. Einfühlsam und poetisch erzählt er, wie seine Mutter tapfer vor dem Militärgericht ihre Liebe verteidigte und wie sich sein Vater eingeschüchtert seinem Schicksal ergab. Immer wieder wird deutlich, dass es auch der christliche Glaube war, der seine Mutter an der Willkür der Machthaber nicht verzweifeln ließ. Wie vielen DDR-Oppositionellen sollte er auch Ulrich Schacht Kraft geben, als er von 1973 bis 1976 wegen "staatsfeindlicher Hetze" im Gefängnis saß. "Ein feste Burg ist unser Gott!" - seine Mutter sang diesen Choral mit anderen Frauen im Gefängnis Hoheneck. "Wegen nichts", wie der wiedergefundene Vater am Ende mit tränenerstickter Stimme sagt. Dieses Nichts heißt Diktatur - das erfährt der Leser in diesem Buch, mehr noch: er erleidet es. (Ulrich Schacht: "Vereister Sommer". Auf der Suche nach meinem russischen Vater. Aufbau Verlag, Berlin 2011. 221 S., geb., 19,90 [Euro].) boem
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Das Eis des Sommers taut erst nach einem halben Jahrhundert zu Tränen, als ein Mann bei Moskau durch den Schnee geht: Fünfzig Jahre zuvor, im Sommer 1950, sind in Wismar Christa und der russische Offizier Wolodja ein Paar, sie wollen heiraten, eine gemeinsame Zukunft haben, in der DDR oder der Sowjetunion. Doch die Sowjets sind dagegen. Den Plan, nach Lübeck zu gehen, wird verraten, Christa zu zehn Jahren Arbeitslager verurteilt, Wolodja versetzt und ihr Kind im Frauengefängnis Hoheneck geboren. 1999 trifft der Mann, der einmal das Kind war, zum ersten Mal seinen Vater: "ohne zu richten, sondern nur zu erkennen, zu verstehen und, ja, vielleicht auch zu verzeihen". Ulrich Schacht spürt anhand von Dokumenten und Briefen dem Verhängnis seiner Eltern nach. Einfühlsam und poetisch erzählt er, wie seine Mutter tapfer vor dem Militärgericht ihre Liebe verteidigte und wie sich sein Vater eingeschüchtert seinem Schicksal ergab. Immer wieder wird deutlich, dass es auch der christliche Glaube war, der seine Mutter an der Willkür der Machthaber nicht verzweifeln ließ. Wie vielen DDR-Oppositionellen sollte er auch Ulrich Schacht Kraft geben, als er von 1973 bis 1976 wegen "staatsfeindlicher Hetze" im Gefängnis saß. "Ein feste Burg ist unser Gott!" - seine Mutter sang diesen Choral mit anderen Frauen im Gefängnis Hoheneck. "Wegen nichts", wie der wiedergefundene Vater am Ende mit tränenerstickter Stimme sagt. Dieses Nichts heißt Diktatur - das erfährt der Leser in diesem Buch, mehr noch: er erleidet es. (Ulrich Schacht: "Vereister Sommer". Auf der Suche nach meinem russischen Vater. Aufbau Verlag, Berlin 2011. 221 S., geb., 19,90 [Euro].) boem
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