In seiner großen Geschichte der Gotteslästerung von der Antike bis heute zeigt der Historiker Gerd Schwerhoff, wie sehr Blasphemie die Menschen seit jeher bewegt. Die weltweite Empörung über die Mohammed-Karikaturen und der Terroranschlag auf »Charlie Hebdo« 2015 haben deutlich gemacht: Gotteslästerung ist kein Relikt der Inquisition, sie ist heute aktueller als vor hundert Jahren. Wer herabsetzt, was für andere heilig ist, muss mit heftigen Reaktionen rechnen. Und wer sich gegen blasphemische »Hassreden« wehrt, kann viele Anhänger mobilisieren.
Gerd Schwerhoff erklärt, warum Menschen seit mehr als 2000 Jahren Gott, Propheten oder Heilige beleidigen. Und warum diese Worte und Taten die Gemüter so sehr erregen. Wir begegnen fluchenden, lästernden Bauern oder Reformatoren, die Marienfiguren und andere Heilige beleidigen und dafür mit dem Tod bestraft werden. Und wir lesen, wie der Aufklärer Voltaire gegen die Bestrafung der Gotteslästerung argumentiert, aber auch, warum eine junge Frau der Gruppe Femen vom Kölner Domkapitel wegen Verletzung religiöser Gefühle angezeigt wurde.
Fast immer werden die »da oben« von denen »unten« geschmäht. Es geht um Ohnmacht und Wut, gegen die Herrschenden, gegen einen scheinbar gleichgültigen Gott oder gegen andere Religionen. Und so sieht man auch die jüngsten Blasphemie-Fälle mit anderen Augen: Die Grenze zwischen Spott und Beleidigung ist fließend, die Schmähung ist immer Teil eines größeren Konflikts - und sie kann in extreme Gewalt münden.
Ein großer, souverän erzählter Bogen von der Antike (mit Judentum und frühem Christentum), über Mittelalter und frühe Neuzeit (mit Inquisition, Ketzerei und Reformation) bis zur Aufklärung und den aktuellen Konfrontationen im Spannungsfeld zwischen Christentum, Laizismus und Islam.
Gerd Schwerhoff erklärt, warum Menschen seit mehr als 2000 Jahren Gott, Propheten oder Heilige beleidigen. Und warum diese Worte und Taten die Gemüter so sehr erregen. Wir begegnen fluchenden, lästernden Bauern oder Reformatoren, die Marienfiguren und andere Heilige beleidigen und dafür mit dem Tod bestraft werden. Und wir lesen, wie der Aufklärer Voltaire gegen die Bestrafung der Gotteslästerung argumentiert, aber auch, warum eine junge Frau der Gruppe Femen vom Kölner Domkapitel wegen Verletzung religiöser Gefühle angezeigt wurde.
Fast immer werden die »da oben« von denen »unten« geschmäht. Es geht um Ohnmacht und Wut, gegen die Herrschenden, gegen einen scheinbar gleichgültigen Gott oder gegen andere Religionen. Und so sieht man auch die jüngsten Blasphemie-Fälle mit anderen Augen: Die Grenze zwischen Spott und Beleidigung ist fließend, die Schmähung ist immer Teil eines größeren Konflikts - und sie kann in extreme Gewalt münden.
Ein großer, souverän erzählter Bogen von der Antike (mit Judentum und frühem Christentum), über Mittelalter und frühe Neuzeit (mit Inquisition, Ketzerei und Reformation) bis zur Aufklärung und den aktuellen Konfrontationen im Spannungsfeld zwischen Christentum, Laizismus und Islam.
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Rezensent Thomas Macho folgt Gerd Schwerhoff durch seine Kulturgeschichte der Blasphemie, von der Antike und der Geschichte des Pausanias über die Kriminalisierung der Blasphemie durch das Christentum, die Bilderstürmer der Frühen Neuzeit und der Avantgarde bis zu den Mohammed-Karikaturen und der Fatwa gegen Rushdie. So umfangreich wie lesbar findet er den Band. Und lehrreich: Als eine Art Gegenwartsdiagnose schließlich, die die politische Instrumentalisierung der Blasphemie in unserer Zeit deutlich macht.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 06.03.2021Im Wirtshaus gewesen, wild geflucht
Der Historiker Gerd Schwerhoff schreibt so gelassen über die Geschichte der Blasphemie, dass man auch heutige Konflikte besser versteht
Am Anfang war das Wort, doch gleich danach kam die Blasphemie. Manchmal fiel beides in eins, wenn die neue Offenbarung ein altes Gottesbild vom Podest stieß und die etablierte Ordnung infrage stellte. Deshalb wurde Jesus, ähnlich wie Sokrates, wahrscheinlich sowohl als Aufrührer wie als Gotteslästerer zum Tode verurteilt. Doch aus dem vermeintlichen Lästerer wurde selbst ein Gelästerter.
Die älteste erhaltene Darstellung des Kreuzes ist nicht zufälligerweise ein Spottbild. Auf einem römischen Graffito, das um das Jahr 300 datiert wird, sieht man ein Strichmännchen, das eine Gestalt anbetet, die am Kreuz hängt und einen Eselskopf trägt. Darunter steht: „Alexamenos verehrt seinen Gott“. Da wollte sich jemand wohl über einen christlichen Bekannten lustig machen. Man kann dies nachvollziehen, denn einen Hingerichteten als Messias zu verehren, war in der Antike eine blasphemische Idee.
Religion war im römischen Reich nicht zuletzt Herrscherkult. So machte sich derjenige, der beim Besuch einer Latrine oder eines Bordells das Porträt des römischen Kaisers auf einer Münze mit sich führte, der Blasphemie schuldig. Noch schlimmer waren die Christen, die dem Kaiser überhaupt die rituelle Verehrung verweigerten. Auch deshalb wurde ihr Gegen-Gott verspottet. Von einem krassen Fall, der an das Alexamenos-Graffito erinnert, berichtete Ende des zweiten Jahrhunderts der Theologe Tertullian: Ein Mann habe ein Bild durch Karthago getragen; darauf sei eine Gestalt zu sehen gewesen, in einer Toga, mit Eselsohren und einer Schrift in der Hand, auf der zu lesen war: „Deus Christianorum – Onokoites“ – „Der Gott der Christen ist einer, der es mit Eseln treibt“.
Solche und viele andere Beispiele stellt der Dresdner Historiker Gerd Schwerhoff in seiner lesenswerten Geschichte der Blasphemie vor. Sie reicht von den Anfängen der europäischen Religionsgeschichte bis zur Gegenwart. Viel Material hat Schwerhoff zusammengetragen, aber er geht darin nicht unter, sondern weiß genau zu differenzieren und lange Entwicklungslinien zu zeichnen. Selbst da, wo es heftig wird, bleibt sein Ton angenehm sachlich.
Offenkundig liegt seine Sympathie bei den modernen Prinzipien der Toleranz und der Meinungsfreiheit, aber es gelingt Schwerhoff, auch das Gekränktsein der Gläubigen zu verstehen. So bringt er das Kunststück zustande, gelassen und fair über Blasphemie zu schreiben – und zwar so, dass man die Geschichte der Religion, aber auch heutige Kulturkonflikte besser versteht.
Als sich das Christentum zur Staatsreligion entwickelte, gewann der Blasphemie-Vorwurf eine neue Wucht. Doch es dauerte, bis diese sich entfaltete. Im 6. Jahrhundert erklärte der oströmische Kaiser Justinian die Gotteslästerung zur Straftat. Aber erst im ausgehenden Mittelalter und in der beginnenden Neuzeit wurde dieser Paragraf genutzt, um Menschen anderer Religionen, vor allem Juden, konsequent zu verfolgen. Daneben diente er der sozialen Disziplinierung. Denn viele der vermeintlichen Straftaten wurden im Wirtshaus von betrunkenen, Karten spielenden und dabei wüst fluchenden Männern begangen.
Besonders interessant wird es mit der Aufklärung. Mutig nahm sie den Kampf gegen die strafrechtliche Verfolgung dieses „imaginären Verbrechens“ auf. Ihren ersten Erfolg erzielte sie im revolutionären Frankreich, das 1791 den Blasphemie-Paragrafen strich. Bemerkenswert ist, dass viele Aufklärer sich eines religiösen Arguments bedienten: Der Unendliche könne von endlichen Wesen gar nicht gelästert werden, es gehe hier nur um eine Verletzung menschlicher Gefühle.
Damit leiteten sie für den Blasphemie-Diskurs einen Wandel ein, der für das Verständnis von Religion in der Moderne insgesamt zentral ist: weg vom Gottesglauben und hin zur Gefühlsreligion. Blasphemie wird nicht mehr verstanden als eine Verletzung der Ehre Gottes, die verboten wird, weil sonst Gottes Zorn über das Land kommen könnte. Jetzt stehen die Gefühle religiöser Gemeinschaften im Zentrum. Sie dürfen nicht gestört werden, weil sonst Aufruhr droht. Ob das ein Fortschritt war? Religiöse Gefühle können gefährlicher sein als der liebe Gott selbst.
Besonders problematisch ist die Verdrehung von Opfer- und Täterrollen. Die in ihren Gefühlen ach so verletzten Anhänger der Mehrheitsreligion reklamieren für sich den Opferstatus, um dann umso härter gegen die vermeintlichen Lästerer loszuschlagen. Andererseits wussten auch laizistische Aktivisten, die emotionale Wirkung gezielter Religionsverspottung für sich zu nutzen.
So hatten in der Belle Époque, als in Frankreich Klerikalismus und Laizismus um die Vorherschafft kämpften, beleidigende Karikaturen Hochkonjunktur. Wer sich diese wüsten Feindbilder von feisten, geilen und gierigen Priestern anschaut, kann noch heute erschrecken. Dies ist die Bildtradition, in der offenkundig manche der nicht eben feinsinnigen Cartoons von Charlie Hebdo stehen.
Der moderne Islam fügt sich dabei erstaunlich gut in den modernen Blasphemie-Diskurs. Nach klassisch-islamischem Verständnis kann ein Geschöpf die Ehre des Schöpfer nicht ankratzen. Dazu ist Allah viel zu erhaben. Umso empfindlicher fallen aber die Reaktionen auf echte oder angebliche Beleidigungen seines Propheten aus. Dabei kann dieser eigentlich kein Objekt einer Blasphemie sein. Denn anders als Jesus Christus für Christen, ist Mohammed für gläubige Muslime nicht göttlicher Natur.
Doch mit solchen Feinheiten halten sich die selbsterklärten Verteidiger des Islam nicht auf. Zu groß ist das politische Potenzial, das in verletzten religiösen Gefühlen steckt. Manchmal ist es auch ein Ventil für die Wut über reale Marginalisierung.
Im Vergleich zu Frankreich oder zur muslimischen Welt erscheint alles, was Schwerhoff aus Deutschland erzählt, als eigentümlich harmlos. Allerdings kommt von hier der beste Kommentar zum Thema. Von 1928 bis 1931 wurde George Grosz der Prozess wegen seiner Grafik „Christus mit Gasmaske“ gemacht. Kirchenvertreter hatten darin eine Verhöhnung Christi sehen wollen, obwohl Grosz nur die unselige Verbindung von Kirche und Militarismus kritisieren wollte.
In der Weltbühne schrieb daraufhin der zu Unrecht vergessene Ludwig Marcuse, dass es nicht richtig sei, einigen Gruppen zu gestatten, die Äußerungen anderer Gruppen zu beschränken, indem ihre, und nur ihre, Gefühle zum Tabu erklärt würden: „Toleranz heißt: seine heiligen Gefühle nicht profanieren zu einer Bevormundung des Nebenmenschen. Man zweifelt doch sehr an der Heiligkeit von Gefühlen, die sich weniger in einem beseligenden Glauben äußern als im Hass gegen die Manifestationen der Ungläubigen.“
Und dann zitiert Schwerhoff noch einen Satz von Marcuse, den man sich auch heute noch zu Herzen nehmen sollte: „Die Privilegien im Anstoßnehmen müssen endlich aufhören!“
JOHANN HINRICH CLAUSSEN
Religiöse Gefühle
können gefährlicher sein
als der liebe Gott selbst
Toleranz heißt: seine heiligen
Gefühle nicht profanieren
zu einer Bevormundung
Gerd Schwerhoff:
Verfluchte Götter.
Die Geschichte der Blasphemie. S. Fischer Verlag, Frankfurt
am Main 2021.
521 Seiten, 25 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
Der Historiker Gerd Schwerhoff schreibt so gelassen über die Geschichte der Blasphemie, dass man auch heutige Konflikte besser versteht
Am Anfang war das Wort, doch gleich danach kam die Blasphemie. Manchmal fiel beides in eins, wenn die neue Offenbarung ein altes Gottesbild vom Podest stieß und die etablierte Ordnung infrage stellte. Deshalb wurde Jesus, ähnlich wie Sokrates, wahrscheinlich sowohl als Aufrührer wie als Gotteslästerer zum Tode verurteilt. Doch aus dem vermeintlichen Lästerer wurde selbst ein Gelästerter.
Die älteste erhaltene Darstellung des Kreuzes ist nicht zufälligerweise ein Spottbild. Auf einem römischen Graffito, das um das Jahr 300 datiert wird, sieht man ein Strichmännchen, das eine Gestalt anbetet, die am Kreuz hängt und einen Eselskopf trägt. Darunter steht: „Alexamenos verehrt seinen Gott“. Da wollte sich jemand wohl über einen christlichen Bekannten lustig machen. Man kann dies nachvollziehen, denn einen Hingerichteten als Messias zu verehren, war in der Antike eine blasphemische Idee.
Religion war im römischen Reich nicht zuletzt Herrscherkult. So machte sich derjenige, der beim Besuch einer Latrine oder eines Bordells das Porträt des römischen Kaisers auf einer Münze mit sich führte, der Blasphemie schuldig. Noch schlimmer waren die Christen, die dem Kaiser überhaupt die rituelle Verehrung verweigerten. Auch deshalb wurde ihr Gegen-Gott verspottet. Von einem krassen Fall, der an das Alexamenos-Graffito erinnert, berichtete Ende des zweiten Jahrhunderts der Theologe Tertullian: Ein Mann habe ein Bild durch Karthago getragen; darauf sei eine Gestalt zu sehen gewesen, in einer Toga, mit Eselsohren und einer Schrift in der Hand, auf der zu lesen war: „Deus Christianorum – Onokoites“ – „Der Gott der Christen ist einer, der es mit Eseln treibt“.
Solche und viele andere Beispiele stellt der Dresdner Historiker Gerd Schwerhoff in seiner lesenswerten Geschichte der Blasphemie vor. Sie reicht von den Anfängen der europäischen Religionsgeschichte bis zur Gegenwart. Viel Material hat Schwerhoff zusammengetragen, aber er geht darin nicht unter, sondern weiß genau zu differenzieren und lange Entwicklungslinien zu zeichnen. Selbst da, wo es heftig wird, bleibt sein Ton angenehm sachlich.
Offenkundig liegt seine Sympathie bei den modernen Prinzipien der Toleranz und der Meinungsfreiheit, aber es gelingt Schwerhoff, auch das Gekränktsein der Gläubigen zu verstehen. So bringt er das Kunststück zustande, gelassen und fair über Blasphemie zu schreiben – und zwar so, dass man die Geschichte der Religion, aber auch heutige Kulturkonflikte besser versteht.
Als sich das Christentum zur Staatsreligion entwickelte, gewann der Blasphemie-Vorwurf eine neue Wucht. Doch es dauerte, bis diese sich entfaltete. Im 6. Jahrhundert erklärte der oströmische Kaiser Justinian die Gotteslästerung zur Straftat. Aber erst im ausgehenden Mittelalter und in der beginnenden Neuzeit wurde dieser Paragraf genutzt, um Menschen anderer Religionen, vor allem Juden, konsequent zu verfolgen. Daneben diente er der sozialen Disziplinierung. Denn viele der vermeintlichen Straftaten wurden im Wirtshaus von betrunkenen, Karten spielenden und dabei wüst fluchenden Männern begangen.
Besonders interessant wird es mit der Aufklärung. Mutig nahm sie den Kampf gegen die strafrechtliche Verfolgung dieses „imaginären Verbrechens“ auf. Ihren ersten Erfolg erzielte sie im revolutionären Frankreich, das 1791 den Blasphemie-Paragrafen strich. Bemerkenswert ist, dass viele Aufklärer sich eines religiösen Arguments bedienten: Der Unendliche könne von endlichen Wesen gar nicht gelästert werden, es gehe hier nur um eine Verletzung menschlicher Gefühle.
Damit leiteten sie für den Blasphemie-Diskurs einen Wandel ein, der für das Verständnis von Religion in der Moderne insgesamt zentral ist: weg vom Gottesglauben und hin zur Gefühlsreligion. Blasphemie wird nicht mehr verstanden als eine Verletzung der Ehre Gottes, die verboten wird, weil sonst Gottes Zorn über das Land kommen könnte. Jetzt stehen die Gefühle religiöser Gemeinschaften im Zentrum. Sie dürfen nicht gestört werden, weil sonst Aufruhr droht. Ob das ein Fortschritt war? Religiöse Gefühle können gefährlicher sein als der liebe Gott selbst.
Besonders problematisch ist die Verdrehung von Opfer- und Täterrollen. Die in ihren Gefühlen ach so verletzten Anhänger der Mehrheitsreligion reklamieren für sich den Opferstatus, um dann umso härter gegen die vermeintlichen Lästerer loszuschlagen. Andererseits wussten auch laizistische Aktivisten, die emotionale Wirkung gezielter Religionsverspottung für sich zu nutzen.
So hatten in der Belle Époque, als in Frankreich Klerikalismus und Laizismus um die Vorherschafft kämpften, beleidigende Karikaturen Hochkonjunktur. Wer sich diese wüsten Feindbilder von feisten, geilen und gierigen Priestern anschaut, kann noch heute erschrecken. Dies ist die Bildtradition, in der offenkundig manche der nicht eben feinsinnigen Cartoons von Charlie Hebdo stehen.
Der moderne Islam fügt sich dabei erstaunlich gut in den modernen Blasphemie-Diskurs. Nach klassisch-islamischem Verständnis kann ein Geschöpf die Ehre des Schöpfer nicht ankratzen. Dazu ist Allah viel zu erhaben. Umso empfindlicher fallen aber die Reaktionen auf echte oder angebliche Beleidigungen seines Propheten aus. Dabei kann dieser eigentlich kein Objekt einer Blasphemie sein. Denn anders als Jesus Christus für Christen, ist Mohammed für gläubige Muslime nicht göttlicher Natur.
Doch mit solchen Feinheiten halten sich die selbsterklärten Verteidiger des Islam nicht auf. Zu groß ist das politische Potenzial, das in verletzten religiösen Gefühlen steckt. Manchmal ist es auch ein Ventil für die Wut über reale Marginalisierung.
Im Vergleich zu Frankreich oder zur muslimischen Welt erscheint alles, was Schwerhoff aus Deutschland erzählt, als eigentümlich harmlos. Allerdings kommt von hier der beste Kommentar zum Thema. Von 1928 bis 1931 wurde George Grosz der Prozess wegen seiner Grafik „Christus mit Gasmaske“ gemacht. Kirchenvertreter hatten darin eine Verhöhnung Christi sehen wollen, obwohl Grosz nur die unselige Verbindung von Kirche und Militarismus kritisieren wollte.
In der Weltbühne schrieb daraufhin der zu Unrecht vergessene Ludwig Marcuse, dass es nicht richtig sei, einigen Gruppen zu gestatten, die Äußerungen anderer Gruppen zu beschränken, indem ihre, und nur ihre, Gefühle zum Tabu erklärt würden: „Toleranz heißt: seine heiligen Gefühle nicht profanieren zu einer Bevormundung des Nebenmenschen. Man zweifelt doch sehr an der Heiligkeit von Gefühlen, die sich weniger in einem beseligenden Glauben äußern als im Hass gegen die Manifestationen der Ungläubigen.“
Und dann zitiert Schwerhoff noch einen Satz von Marcuse, den man sich auch heute noch zu Herzen nehmen sollte: „Die Privilegien im Anstoßnehmen müssen endlich aufhören!“
JOHANN HINRICH CLAUSSEN
Religiöse Gefühle
können gefährlicher sein
als der liebe Gott selbst
Toleranz heißt: seine heiligen
Gefühle nicht profanieren
zu einer Bevormundung
Gerd Schwerhoff:
Verfluchte Götter.
Die Geschichte der Blasphemie. S. Fischer Verlag, Frankfurt
am Main 2021.
521 Seiten, 25 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 13.03.2021O Gott, diese Lästermäuler!
Vorsicht bei allzu großer Nähe zu jenseitigen Mächten: Gerd Schwerhoff hat eine umfassende Kulturgeschichte der Blasphemie geschrieben.
Von Thomas Macho
Die zehn Gebote, die Moses am Berg Sinai offenbart wurden, waren überwiegend Verbote mit Strafandrohungen. Das zweite Verbot lautete bekanntlich: "Du sollst den Namen des Herrn, deines Gottes, nicht missbrauchen; denn der Herr lässt den nicht ungestraft, der seinen Namen missbraucht" (Ex 20,7). Im Dekalog wurde also ein frühes Verbot der Gotteslästerung, der Blasphemie, formuliert, wobei bis heute nicht ganz klar ist, welche Praktiken genau - Meineid, Fluch, Verhöhnung, Spott - inkriminiert waren. Blasphemie ist vielgestaltig, zumal offenbleibt, gegen wen sie sich eigentlich richtet: gegen Gott oder eine Glaubensgemeinschaft, gegen heilige Schriften, Bilder oder Rituale, gegen die Inhalte einer Religion oder gegen ihre Institutionen und Würdenträger.
In Deutschland wurde die Strafbarkeit der Blasphemie erst 1969, im Rahmen der Großen Strafrechtsreform, erheblich eingeschränkt. Seither schützt das Gesetz nicht mehr Gott, Religion oder Kirche, sondern nur mehr den "öffentlichen Frieden". In anderen Ländern, beispielsweise 2012 in den Niederlanden oder 2018 nach einem Referendum in Irland, wurden die einschlägigen Blasphemie-Paragraphen im Strafgesetz inzwischen ganz abgeschafft.
Gleich in der Einleitung seiner umfangreichen, gut lesbaren Geschichte der Blasphemie ruft Gerd Schwerhoff, Professor für Geschichte der Frühen Neuzeit an der Technischen Universität Dresden, in Erinnerung, wie aktuell das Thema immer noch ist: Er spannt einen Bogen vom Todesurteil, das Ajatollah Chomeini am 14. Februar 1989 gegen Salman Rushdie - Autor des Romans "Die satanischen Verse" - verhängt hat, bis zum mörderischen Anschlag auf die Redaktion der französischen Satirezeitschrift "Charlie Hebdo" am 7. Januar 2015.
Doch geht es nicht nur um den Islam. Am Rande erwähnt werden auch die Debatten um avantgardistische Kunst - von Oskar Panizza und George Grosz bis zur situationistischen Künstlergruppe "Spur" - oder die Auseinandersetzungen um Karikaturen, die zumeist weniger Gott als dessen irdische Vertreter angreifen, sei es der Prophet Mohammed oder der Papst. Mehrmals musste sich etwa die Satirezeitschrift "Titanic" gegen Klagen des Vatikans und der katholischen Kirche verteidigen. Was darf die Kunst, was darf Satire oder Kritik? Diese Fragen werden nach wie vor kontrovers diskutiert.
Gerd Schwerhoff hat keine Begriffs- oder Ideengeschichte verfasst, sondern eine farbig erzählte Kulturgeschichte, orientiert an den traditionellen Epochenbezeichnungen. Er beginnt mit den "antiken Fundamenten", mit dem zweimaligen Bericht von den beiden steinernen Tafeln im Buch Exodus, auf denen der Dekalog aufgezeichnet wurde, und mit der anschließenden Frage nach der Differenz zwischen Mono- und Polytheismus.
Die polytheistischen Religionen in der griechischen und römischen Antike kennen zwar auch die Blasphemie, oder besser die Asebie, die Gottlosigkeit, wie mehrere Fallgeschichten bezeugen - vom Asebie-Prozess gegen Sokrates bis zur Geschichte des Pausanias, wonach einige Knaben im Spiel eine Statue der Göttin Artemis "erdrosselten" und danach gesteinigt wurden; doch häufiger sind die Menschen im Polytheismus betroffen von den ständigen Rivalitäten und Streitigkeiten der Götter und Göttinnen auf dem Olymp. Man muss schon, wie Aias nach der Vergewaltigung der Kassandra, gleich mehrere Gottheiten, erst Athene, dann Poseidon, beleidigen, um den Zorn und die Rache der Unsterblichen herauszufordern.
Schwerhoff schildert den Aufstieg des Christentums, die Kodifizierung der Blasphemie als Kriminaldelikt in der lange dauernden Regierungszeit Justinians (im sechsten nachchristlichen Jahrhundert), die Ausgrenzung der Häretiker und den grassierenden Antijudaismus, der direkt mit der christlichen Gründungserzählung verknüpft wurde: Jesus sei als Gotteslästerer durch den Hohepriester Kaiphas angeklagt worden. Später wurden die Juden immer wieder als "gotteslästerliches Volk" beschimpft und verfolgt.
Ein weiteres Kapitel befasst sich mit der Blasphemie im Islam, bevor Schwerhoff sich dem Mittelalter zuwendet, das er als "Zeitalter der Zungensünden" charakterisiert. Die Blasphemie sei im Mittelalter geradezu zu einer alltäglichen "sozialen Praxis" avanciert, wobei sich Schwerhoff mehrfach auf Johan Huizingas "Herbst des Mittelalters" bezieht, in dem Huizinga die Verbreitung der Blasphemie als "Ausdruck einer manchmal allzu großen Nähe und Vertrautheit mit den jenseitigen Mächten" interpretiert, beispielsweise in der einleitend zitierten Geschichte vom frommen maltesischen Fischer, der stets Gott verfluchte, wenn er zu wenige Fische fing.
Das folgende Kapitel über die Blasphemie in den Glaubenskämpfen der Frühen Neuzeit widmet sich den Bilderstürmen. Zunehmend wurde die Gotteslästerung nicht mehr bloß mit "Zungensünden", sondern mit Angriffen auf Heiligenbilder und Statuen assoziiert. Seit dem frühen siebzehnten Jahrhundert wurde die Blasphemie darüber hinaus - vor allem in der Literatur - mit Obszönität verknüpft, wie Schwerhoff an den Prozessen gegen Théophile de Viau, Claude Le Petit oder den Verleger und Buchhändler Edmund Curll demonstriert.
Die Verschränkung von Blasphemie und Pornographie schlägt eine Brücke in das Zeitalter der Aufklärung und in die Moderne, vom "göttlichen Marquis" bis zu Georges Bataille und zur bereits erwähnten künstlerischen Avantgarde. Zahlreiche Fallgeschichten dokumentieren die Konflikte um Repression und Skandalisierung, etwa nach der Hinrichtung des Chevaliers de La Barre, gegen die Voltaire - ebenso wie gegen die Hinrichtung von Jean Calas am 10. März 1762 - protestierte, indem er einen Brief als Flugblatt drucken ließ, in dem es hieß: "Ich weiß, mit welchem Eifer der Fanatismus sich erhebt gegen die Philosophie. Wie gerne würde er ihre beiden Töchter, die Wahrheit und die Toleranz, ebenso töten wie Calas."
Die letzten drei Kapitel kehren wieder zurück in die Gegenwart. Wie schon in der Einleitung schildert Schwerhoff die Aktualität eines "globalen Zeitalters der Blasphemie" an den Beispielen der Fatwa gegen Rushdie oder der Karikaturen des Propheten Mohammed. Kommentiert werden Blasphemie-Anklagen als Instrumente politischer Repression, etwa im Fall des Moskauer Punk-Gebets von Pussy Riot. Diese Debatten, so schließt Schwerhoff in einem Kapitel zum Streit um Blasphemie als "aufklärerische Tugend" oder "rassistische Hatespeech", bezeugen "die Mächtigkeit und die Dynamik eines öffentlichen Blasphemie-Diskurses, der jene Wirklichkeiten, die er widerzuspiegeln vorgibt, selbst produziert". Schwerhoff beklagt, dass "Schmähungen und Gegenschmähung, Empörung und das Gefühl der Verletzung, Anklage und Gegenaktionen" zur Verfestigung einer gefährlichen "Grenzziehung" zwischen einem diffusen Wir und Sie beitragen. Seine Geschichte der Blasphemie gewinnt am Ende das Profil einer Gegenwartsdiagnose, deren Gewicht als bedrückend wahrgenommen werden muss.
Gerd Schwerhoff: "Verfluchte Götter". Die Geschichte der Blasphemie.
S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2021. 528 S., geb., 29,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Vorsicht bei allzu großer Nähe zu jenseitigen Mächten: Gerd Schwerhoff hat eine umfassende Kulturgeschichte der Blasphemie geschrieben.
Von Thomas Macho
Die zehn Gebote, die Moses am Berg Sinai offenbart wurden, waren überwiegend Verbote mit Strafandrohungen. Das zweite Verbot lautete bekanntlich: "Du sollst den Namen des Herrn, deines Gottes, nicht missbrauchen; denn der Herr lässt den nicht ungestraft, der seinen Namen missbraucht" (Ex 20,7). Im Dekalog wurde also ein frühes Verbot der Gotteslästerung, der Blasphemie, formuliert, wobei bis heute nicht ganz klar ist, welche Praktiken genau - Meineid, Fluch, Verhöhnung, Spott - inkriminiert waren. Blasphemie ist vielgestaltig, zumal offenbleibt, gegen wen sie sich eigentlich richtet: gegen Gott oder eine Glaubensgemeinschaft, gegen heilige Schriften, Bilder oder Rituale, gegen die Inhalte einer Religion oder gegen ihre Institutionen und Würdenträger.
In Deutschland wurde die Strafbarkeit der Blasphemie erst 1969, im Rahmen der Großen Strafrechtsreform, erheblich eingeschränkt. Seither schützt das Gesetz nicht mehr Gott, Religion oder Kirche, sondern nur mehr den "öffentlichen Frieden". In anderen Ländern, beispielsweise 2012 in den Niederlanden oder 2018 nach einem Referendum in Irland, wurden die einschlägigen Blasphemie-Paragraphen im Strafgesetz inzwischen ganz abgeschafft.
Gleich in der Einleitung seiner umfangreichen, gut lesbaren Geschichte der Blasphemie ruft Gerd Schwerhoff, Professor für Geschichte der Frühen Neuzeit an der Technischen Universität Dresden, in Erinnerung, wie aktuell das Thema immer noch ist: Er spannt einen Bogen vom Todesurteil, das Ajatollah Chomeini am 14. Februar 1989 gegen Salman Rushdie - Autor des Romans "Die satanischen Verse" - verhängt hat, bis zum mörderischen Anschlag auf die Redaktion der französischen Satirezeitschrift "Charlie Hebdo" am 7. Januar 2015.
Doch geht es nicht nur um den Islam. Am Rande erwähnt werden auch die Debatten um avantgardistische Kunst - von Oskar Panizza und George Grosz bis zur situationistischen Künstlergruppe "Spur" - oder die Auseinandersetzungen um Karikaturen, die zumeist weniger Gott als dessen irdische Vertreter angreifen, sei es der Prophet Mohammed oder der Papst. Mehrmals musste sich etwa die Satirezeitschrift "Titanic" gegen Klagen des Vatikans und der katholischen Kirche verteidigen. Was darf die Kunst, was darf Satire oder Kritik? Diese Fragen werden nach wie vor kontrovers diskutiert.
Gerd Schwerhoff hat keine Begriffs- oder Ideengeschichte verfasst, sondern eine farbig erzählte Kulturgeschichte, orientiert an den traditionellen Epochenbezeichnungen. Er beginnt mit den "antiken Fundamenten", mit dem zweimaligen Bericht von den beiden steinernen Tafeln im Buch Exodus, auf denen der Dekalog aufgezeichnet wurde, und mit der anschließenden Frage nach der Differenz zwischen Mono- und Polytheismus.
Die polytheistischen Religionen in der griechischen und römischen Antike kennen zwar auch die Blasphemie, oder besser die Asebie, die Gottlosigkeit, wie mehrere Fallgeschichten bezeugen - vom Asebie-Prozess gegen Sokrates bis zur Geschichte des Pausanias, wonach einige Knaben im Spiel eine Statue der Göttin Artemis "erdrosselten" und danach gesteinigt wurden; doch häufiger sind die Menschen im Polytheismus betroffen von den ständigen Rivalitäten und Streitigkeiten der Götter und Göttinnen auf dem Olymp. Man muss schon, wie Aias nach der Vergewaltigung der Kassandra, gleich mehrere Gottheiten, erst Athene, dann Poseidon, beleidigen, um den Zorn und die Rache der Unsterblichen herauszufordern.
Schwerhoff schildert den Aufstieg des Christentums, die Kodifizierung der Blasphemie als Kriminaldelikt in der lange dauernden Regierungszeit Justinians (im sechsten nachchristlichen Jahrhundert), die Ausgrenzung der Häretiker und den grassierenden Antijudaismus, der direkt mit der christlichen Gründungserzählung verknüpft wurde: Jesus sei als Gotteslästerer durch den Hohepriester Kaiphas angeklagt worden. Später wurden die Juden immer wieder als "gotteslästerliches Volk" beschimpft und verfolgt.
Ein weiteres Kapitel befasst sich mit der Blasphemie im Islam, bevor Schwerhoff sich dem Mittelalter zuwendet, das er als "Zeitalter der Zungensünden" charakterisiert. Die Blasphemie sei im Mittelalter geradezu zu einer alltäglichen "sozialen Praxis" avanciert, wobei sich Schwerhoff mehrfach auf Johan Huizingas "Herbst des Mittelalters" bezieht, in dem Huizinga die Verbreitung der Blasphemie als "Ausdruck einer manchmal allzu großen Nähe und Vertrautheit mit den jenseitigen Mächten" interpretiert, beispielsweise in der einleitend zitierten Geschichte vom frommen maltesischen Fischer, der stets Gott verfluchte, wenn er zu wenige Fische fing.
Das folgende Kapitel über die Blasphemie in den Glaubenskämpfen der Frühen Neuzeit widmet sich den Bilderstürmen. Zunehmend wurde die Gotteslästerung nicht mehr bloß mit "Zungensünden", sondern mit Angriffen auf Heiligenbilder und Statuen assoziiert. Seit dem frühen siebzehnten Jahrhundert wurde die Blasphemie darüber hinaus - vor allem in der Literatur - mit Obszönität verknüpft, wie Schwerhoff an den Prozessen gegen Théophile de Viau, Claude Le Petit oder den Verleger und Buchhändler Edmund Curll demonstriert.
Die Verschränkung von Blasphemie und Pornographie schlägt eine Brücke in das Zeitalter der Aufklärung und in die Moderne, vom "göttlichen Marquis" bis zu Georges Bataille und zur bereits erwähnten künstlerischen Avantgarde. Zahlreiche Fallgeschichten dokumentieren die Konflikte um Repression und Skandalisierung, etwa nach der Hinrichtung des Chevaliers de La Barre, gegen die Voltaire - ebenso wie gegen die Hinrichtung von Jean Calas am 10. März 1762 - protestierte, indem er einen Brief als Flugblatt drucken ließ, in dem es hieß: "Ich weiß, mit welchem Eifer der Fanatismus sich erhebt gegen die Philosophie. Wie gerne würde er ihre beiden Töchter, die Wahrheit und die Toleranz, ebenso töten wie Calas."
Die letzten drei Kapitel kehren wieder zurück in die Gegenwart. Wie schon in der Einleitung schildert Schwerhoff die Aktualität eines "globalen Zeitalters der Blasphemie" an den Beispielen der Fatwa gegen Rushdie oder der Karikaturen des Propheten Mohammed. Kommentiert werden Blasphemie-Anklagen als Instrumente politischer Repression, etwa im Fall des Moskauer Punk-Gebets von Pussy Riot. Diese Debatten, so schließt Schwerhoff in einem Kapitel zum Streit um Blasphemie als "aufklärerische Tugend" oder "rassistische Hatespeech", bezeugen "die Mächtigkeit und die Dynamik eines öffentlichen Blasphemie-Diskurses, der jene Wirklichkeiten, die er widerzuspiegeln vorgibt, selbst produziert". Schwerhoff beklagt, dass "Schmähungen und Gegenschmähung, Empörung und das Gefühl der Verletzung, Anklage und Gegenaktionen" zur Verfestigung einer gefährlichen "Grenzziehung" zwischen einem diffusen Wir und Sie beitragen. Seine Geschichte der Blasphemie gewinnt am Ende das Profil einer Gegenwartsdiagnose, deren Gewicht als bedrückend wahrgenommen werden muss.
Gerd Schwerhoff: "Verfluchte Götter". Die Geschichte der Blasphemie.
S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2021. 528 S., geb., 29,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Der Frühneuzeithistoriker Gerd Schwerhoff beschreibt die Herabsetzung des Heiligen anschaulich und souverän als höchst ambivalente Geschichte von kollektiver Verletzlichkeit und Selbsterhöhung Barbara Stolberg-Rilinger Süddeutsche Zeitung 20221230