Ein Reigen unterhaltsamer, literarisch hochklassiger TexteGanz in der Tradition so berühmter lateinamerikanischer Autoren wie Jorge Luis Borges und Julio Cortázar schafft Sergio Ramírez es mühelos, seine Leserschaft in den Bann zu schlagen und in die Zwielichtzone zwischen Realität und Imagination, zwischen Wirklichkeit und Wahn zu entführen, die so typisch ist für die lateinamerikanische Literatur und die auch etwas zu tun hat mit der ungeheuren Gewalt der tropischen Umwelt, die unsere europäischen Sicherheiten und Gewissheiten nicht zulässt.In einem nicaraguanischen Dorf verprasst eine ganze Familie auf unerhörte Weise das Erbe des Vaters. Stasi-Chef Mielke bringt den republikflüchtigen Fussballstar Lutz Eigendorf zur Strecke. In Kolumbien wird ein Fussballstar umgebracht, weil er im entscheidenden Qualifikationsspiel der Nationalmannschaft ein Eigentor schiesst. Das Schicksal beschert einer jungen Nicaraguanerin nach vielen Jahren die verlorene Mutter zurück, doch es ist zu spät für einen Neuanfang. Ein Rechtsanwalt bringt den vermeintlichen Liebhaber seiner Frau um, um im Moment der Tat festzustellen, dass er in eine Falle getappt ist. Ein prall gefüllter Nachttopf mit Männerschaum schafft Aufruhr im Haus einer ehrbaren Witwe. Ein ehemaliger Baseballstar verbringt sein Leben als Sektenprediger und wartet darauf, dass ihn sein grosses Trainervorbild in den Baseballhimmel holt. Ein Filmemacher erfährt nach vielen Jahren, dass sein Vater nicht sein Vater ist, ihn aber umso mehr geliebt haben muss.Ramírez ist ein globaler Schriftsteller, ein echter Kosmopolit: Seine Geschichten spielen auf dem nicaraguanischen Dorf genauso wie in Deutschland, Kolumbien oder in den USA. Unzweifelhaft gehört Ramírez zur ersten Garde der zeitgenössischen lateinamerikanischen Autoren.
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Perlentaucher-Notiz zur TAZ-Rezension
Diese Erzählsammlung, so Rezensent Gerhard Dilger, lässt erahnen, warum Sergio Ramirez in Lateinamerika als großer Literat gefeiert wird. In der Tat ziehe er hier "alle Register des 'realistischen Realismus' ", wie er seinen Erzählstil einmal genannt habe, in Abgrenzung zum Schlagwort des "magischen Realismus", das sonst die Leseerwartung in puncto lateinamerikanische Literatur bestimmt. "Scheinbar präzise", anhand von genauen Zeitangaben und Ortsnamen, verorte Ramirez "außergewöhnliche Begebenheiten" in der jüngeren Geschichte, doch dies diene nur dazu, den Anschein der "Authentizität" zu erwecken. Besondere Erwähnung findet unter anderem die Geschichte um den Fußballspieler, der eines Eigentors wegen ermordet wird (Vorlage ist hier die wahre Begebenheit um den kolumbianischen Fußballer Andres Escobar), die Ramirez in der Manier der "altgriechischen Tragödie" aufziehe, indem er alle Ereignisse schicksalhaft auf den Mord zulaufen lasse. Trotz mancher "heiter satirischer" Einschläge, so der angetane Rezensent, herrscht bei Ramirez ein "melancholischer, illusionsloser Grundton" vor, seine Helden sind sowie "Helden des Alltags", die "zum Opfer ihrer eigenen Unzulänglichkeiten oder der schlaglichtartig beleuchteten gesellschaftlichen Verhältnisse werden".
© Perlentaucher Medien GmbH
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