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Produktdetails
  • Verlag: Starke
  • 2000.
  • Seitenzahl: 259
  • Deutsch
  • Abmessung: 234mm x 161mm x 20mm
  • Gewicht: 620g
  • ISBN-13: 9783798005662
  • ISBN-10: 3798005664
  • Artikelnr.: 10227618
  • Herstellerkennzeichnung
  • Die Herstellerinformationen sind derzeit nicht verfügbar.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 01.03.2001

Wahrhafftge Schilderey des Ortz, wo der Schatz vergraben ward
Vor dem Krieg gaben sich Stresemanns und Bismarcks in Görlsdorf die Silberklinke in die Hand, nachher stand Graf Lynar nackt da

Alexander Graf zu Lynar-Redern hat seiner Autobiographie "Vergraben im märkischen Sand " den Untertitel "Die Geschichte eines Familienschatzes" gegeben. Vergrabener Schatz! Wer weiß nicht, daß das der älteste Gaunertrick der Welt ist, um Dummköpfen ihr Geld abzuknöpfen? Der 1928 geborene Verfasser hat freilich einen echten Schatz gefunden, und er wußte, wo er suchen mußte, weil er ihn selbst versteckt hatte. Über diesen in der Tat bemerkenswerten Fund ist in dieser Zeitung schon am 14. Februar 1996 berichtet worden: Der Graf hatte als Sechzehnjähriger das Tafelsilber seiner Familie nebst anderen Preziosen 1945 vor den anrückenden Russen in einem Wald nahe seinem Stammsitz Schloß Görlsdorf vergraben.

Die Hoffnung, bald in die Heimat zurückzukehren, wurde durch sowjetische Besatzung und DDR-Regime vereitelt. Nach der Wende hatten sein Bruder und er kurzfristig auf die Rückgabe ihres brandenburgischen Besitzes gehofft, doch das Bundesverfassungsgericht, das die sowjetischen Enteignungen vor Gründung der DDR für gültig erklärt hatte, machte diese letzte Möglichkeit zur Rückkehr zunichte. Der Verbitterung über diese Entscheidung läßt Graf Lynar denn auch freien Lauf. Kein Richter konnte ihn aber daran hindern, 1995 bei Nacht und Nebel mit Hilfe eines amerikanischen Archäologenteams nach seinem alten Familienschatz zu graben. Mit Erfolg: Die Wertgegenstände tauchten auf und wurden ein Jahr später bei Sotheby's für mehrere hunderttausend Mark versteigert.

Bemerkenswert an vorliegendem Werk ist allerdings, daß die Schatzsuche für den Autor nur der Anlaß ist, seine Lebensgeschichte in aller Ausführlichkeit vor uns auszubreiten. Wider Erwarten ist daraus aber doch ein überaus spannender und amüsanter Bericht geworden. Angefangen bei der Familiengeschichte der Lynars und der Rederns, beides alteingesessene preußische Adelsgeschlechter, über die behütete Kindheit und Jugend des Autors auf den Schlössern Görlsdorf und Lindenau, die schreckliche Zeit als Flakhelfer (der Einberufung zur Marine entging er nur durch eine rechtzeitig eingefangene Gelbsucht), Krieg und Vertreibung bis hin zu den Weltreisen des Twens als Bankangestellter (die bürgerliche Version der klassischen "Grand Tour") und seiner späteren Tätigkeit als Lufthansa-Manager spannt sich der Bogen dieses fürwahr ereignisreichen Lebens.

Als besonders gelungen darf der erste Teil der Biographie gelten, in der der Graf die ein für allemal verlorene Welt des preußischen Junkertums vor dem Leser auferstehen läßt. Zwar ist Lynar weit entfernt vom brillanten Stil einer Marion Gräfin Dönhoff oder der historischen Reflexion eines Christian Graf von Krockow, doch gelingt es auch ihm, die Atmosphäre eines ostdeutschen Adelsgutes stimmungsvoll zu vermitteln. Wer hätte etwa gedacht, daß noch bis in das vergangene Jahrhundert hinein die Angestellten des Hofes (und das war praktisch das ganze Dorf) die Herrschaft um Erlaubnis zu bitten hatten, wen sie heiraten wollten? Das subtile, aus dem Mittelalter herübergerettete Lehnsverhältnis von Pflicht, Schutz und Treue muß sich in Ostelbien wie unter einer historischen Glasglocke erhalten haben.

Da unterläßt der Autor natürlich auch das Name-dropping nicht: Kaisers waren selbstverständlich da, um zu jagen (später wurde das Gebiet Mielkes Jagdrevier), und es wimmelt von Romanows, Bismarcks, Stresemanns, Amspergs und Konsorten. Besonders liebevoll erzählt Lynar von seiner Mutter, die als "Powerfrau" avant la lettre nach dem frühen Tod ihres Mannes die Geschicke des Hofes "mit Liebe, aber auch mit Strenge" leitete. Auch das Gesinde entgeht der Schilderung nicht: köstlich die "waschechte Österreicherin Frau Jamnick", die wunderbare Mehlspeisen kochte, doch bei Widerworten der Küchenmädchen auch mal "in blinder Wut mit Töpfen und Pfannen nach ihnen werfen" konnte. Vielleicht muß man in einem Hotel namens Königshof aufgewachsen sein, um diese Atmosphäre voll und ganz nachempfinden zu können.

Weniger interessant mutet die Schilderung der Nachkriegsjahre an. Immerhin wartet der Graf auch hier mit kurzweiligen Histörchen auf, so etwa bei der Schilderung eines Erdbebens in Lima, das ihn unter der Dusche erwischte, so daß er zu einer völlig unbekleideten Flucht in den Garten gezwungen war - FKK wider Willen! Auch nach Finnland verschlug es später den Lufthansa-Agenten, wo er Gefallen am Saunabaden fand.

Kritische Bemerkungen zur preußischen Klassengesellschaft sind von Graf Lynar natürlich nicht zu erwarten, und manchem Leser mögen seine Schilderungen unkritisch, gar reaktionär erscheinen. Auch in seinem Umgang mit Frauen (durchweg "Mädchen" genannt) und Ausländern erweist er sich als Haudegen alter Schule. Dennoch enthält sich der Autor übertriebener Romantisierungen, und seine Nähe zu den Akteuren des 20. Juli, wie Axel von dem Bussche, macht den antinationalsozialistischen Gestus in den Passagen über das Dritte Reich durchaus glaubwürdig. Der Duktus des Verfassers ist durchweg voller Humor, wenngleich nicht ganz uneitel.

Erstaunlicherweise erschien das in englischer Sprache verfaßte Werk zuerst 1998 in Edinburgh. Dem Text merkt man gelegentlich an, daß er zunächst nicht für ein deutsches Publikum bestimmt war. So fühlt sich der Verfasser bemüßigt, zu erläutern, daß "unter normalen Umständen die Deutschen gern und viel reisen". Auch was die "Lufthansa" oder der "rheinische Karneval" sind oder daß "die kommunistische Partei heute PDS heißt", brauchte den deutschen Lesern nicht erst erläutert zu werden. Die im Anhang wiedergegebene "Umgebungskarte von Görlsdorf" ist wenig aussagekräftig. Bei der Fülle der genannten Namen wäre dagegen ein Personenregister wünschenswert gewesen. Ansonsten ist die Ausstattung des im angesehenen genealogischen Fachverlag Starke erschienenen Bandes vorbildlich.

THOMAS FISCHER

Alexander Graf zu Lynar-Redern: "Vergraben im märkischen Sand". Die Geschichte eines Familienschatzes. C.A. Starke Verlag, Limburg 2000. 272 S., 14 Farb- u. S/W-Abb., geb., 49,- DM.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Den Untertitel des Buches hält Thomas Fischer für einen Gaunertrick, die Geschichte vom vergrabenen Schatz indessen hat ihn dennoch in ihren Bann gezogen. Und so ist die ganze Besprechung gestrickt: Alles Mögliche gibt der Rezensent zu bedenken, um es sogleich zu relativieren. Zwar sei die Schatzsuche für den Autor nur der Anlass, seine Lebensgeschichte vor uns auszubreiten, "wider Erwarten" aber findet Fischer das amüsant und sogar spannend, zwar sei der Autor weit entfernt vom brillanten Stils einer Gräfin Dönhoff oder der historischen Reflexion eines Grafen von Krockow, doch könne er die Atmosphäre eines ostdeutschen Adelsgutes "stimmungsvoll" beschreiben. Halb so schlimm findet Fischer auch die eigentlich "weniger interessante" Schilderung der Nachkriegsjahre, "immerhin", so räumt er ein, erfahren wir hier, wie es den Grafen nach Finnland verschlug, wo er Gefallen am Saunabaden fand (!) Dass wir, bei solchen Präferenzen, eine kritische Perspektive in diesem Buch vergeblich suchen, kann "natürlich" nicht verwundern, dafür ist der Duktus des Verfassers - "wenngleich nicht ganz uneitel" - voller Humor, so der Rezensent

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