Interview mit Sabine StädingIhre Heldin Petronella Apfelmus, eine zauberhafte Apfelbaumhexe - Hüterin und Beschützerin der Gärten - lebt in einem Apfel und kann sich demnach sehr klein hexen. Steigt sie ihre magische Strickleiter wieder herunter, wird sie größer undgrößer ... Was würden Sie gerne machen, wenn Sie so klein werden könnten wie Petronella ... oder wo würden Sie dann gern Mäuschen spielen?Sabine Städing: Ehrlich gesagt, würde ich diese Eigenschaft bei jedem außer Petronella ziemlich creepy finden. Und deshalb bin ich sehr froh, dass solche Gaben nur bei freundlichen und liebenswerten Apfelhexen zu finden sind.
Sie schreiben ausschließlich Bücher für Kinder und Jugendliche. Wie bewahren Sie sich als Autorin ihr kindliches Herz, um diese magischen Geschichten erzählen und sich so herrliche Dinge wiedas Fledermauslauschohr oder die Apfelmännchen ausdenken zu können?Sabine Städing: Mir macht es einfach Spaß, nach dem gewissen Funken Magie zu suchen. Sicher ein Relikt aus Kindertagen, als wir nach der Schule zum Spielen ins Moor gegangen sind. Wir haben dort nach Koboldhöhlen und Hexennestern gesucht. Das war ungeheuer spannend und auch ein bisschen gruselig, zumal wir immer fündig wurden. Ich kann mich bis heute an dieses besondere Gefühl erinnern.
Alle Ihre Romane wie z. B. auch "Magnolia Steel" oder die brandneue Reihe "Foxgirls" haben etwasmit Magie zu tun. Was fasziniert Sie so an Hexen, Zauberei und Magie?Sabine Städing: Magie ist eine tolle Sache. Mir gefällt dabei vor allem die Grenzenlosigkeit, mit der sie sich über alle Schranken hinwegsetzt. Sie lässt der Fantasie einfach unendlich viel Raum.
Wären Sie selbst eine Hexe und könnten drei Zauber vollbringen, was würden Sie hexen?Sabine Städing: Eine schrecklich schwere Frage. Vermutlich würde ich so lange darüber nachdenken, bis die gute Fee, die mir diese drei Zauber geschenkt hat, ihr Angebot wieder zurückzieht. Als Kind dachte ich allerdings: Ist doch ganz einfach. Du sprichst zwei Wünsche aus und mit dem dritten Wunsch wünschst du dir drei neue. Aber so funktioniert das wohl nicht.
Aber zurück zu Petronella: Wie kam eigentlich der Hirschkäfer Lucius zu Petronella? Können Sie das verraten oder ist das ein Geheimnis?Sabine Städing: Nein, das ist kein Geheimnis. Vor vielen, vielen Jahren, als Petronella in den Garten der alten Mühle gezogen ist, eröffnete sie ein Insektenhotel. Es war Herbst, und sie wollte den vielen Käfern, Florfliegen und Ohrenkneifern einen sicheren und behaglichen Platz zum Überwintern bieten. Einer ihrer ersten Gäste war Lucius. Der Hirschkäfer hatte sich den Flügel an einer Brombeerranke verletzt und wurde von Petronella verarztet. Die beiden haben sich auf Anhieb prima verstanden und sind schließlich ganz dicke Freunde geworden.
Im ersten "Petronella"-Band zog Familie Kuchenbrand in das alte Müllerhaus in Petronellas Garten. Erst wollte sie die Familie vertreiben, doch dann freundete sich Petronella mit den Zwillingen Lea und Luis an. Die waren sofort begeistert von "ihrer" Hexe und bestehen nun so manches Abenteuer, magisch oder nicht. Gibt es schon ein neues Abenteuer mit Petronella, Luis und Lea, an dem Sie gerade arbeiten? Wenn ja: Wann erscheint es?Sabine Städing: Das allerneuste Abenteuer der Apfelhexe ist noch druckfrisch und gerade erschienen. Es heißt"Schneeballschlacht und Wichtelstreiche" und ist, passend zur Jahreszeit, eine Wintergeschichte. Außerdem wird es im Herbst 2016 ein weiteres Petronella-Abenteuer geben. Und wir planen gerade eine Erstlesereihe zu Petronella, weil wir festgestellt haben, dass es auch viele jüngere Kinder gibt, diedie kleine Hexe und die Kuchenbrand-Zwillinge ins Herz geschlossen haben.
Was ist Ihnen wichtig, wenn Sie eine neue Geschichte von Petronella erzählen?Sabine Städing: Zuallererst soll die Geschichte Spaß machen und die Kinder mit einem guten Gefühl zurücklassen. Ich halte nichts von erhobenen Zeigefingern. Trotzdem gibt es natürlich Dinge, die mir wichtig sind. Toleranz zum Beispiel oder der behutsame Umgang mit der Natur. Diese Dinge fließen automatisch in die Geschichten ein - ganz ohne, dass ich es darauf anlege.
Sie sind ausgebildete Schifffahrtskauffrau und Yogalehrerin - und Sie sollen sogar mal nach dem Abitur eine Punk-Zeitschrift herausgegeben haben ... wie fanden Sie Ihren Weg hin zum Schreiben und wie schwer oder leicht war es, einen Verlag für Ihren ersten Jugendroman zu finden?Sabine Städing: Ich habe schon immer gerne geschrieben und mir Geschichten ausgedacht. Das fing mit vollgekritzelten Schulheften an und führte irgendwann zu der "Punk-Zeitschrift", die allerdings eher ein kleines Fanzine war. Es enthielt ein paar Modetipps, aber hauptsächlich Konzert- und Musikbesprechungen. Wir haben es selbst zum Drucker getragen und anschließend vor den Konzerten verkauft. Es hat unglaublich viel Spaß gemacht. Leider sind wir über die vierte Ausgabe nicht hinausgekommen. Mein erstes Manuskript habe ich erst viele Jahre später geschrieben. Es lag anschließend eine ganze Weile in der Schublade, bis ich mir endlich ein Herz gefasst und es an verschiedene Literaturagenturen geschickt habe. Zwei Agenturen hatten Interesse und von da an ging alles ganz schnell. Bereits acht Wochen später war der Vertrag mit dem Boje Verlag unter Dach und Fach.
Wenn Sie auf Lesereise gehen und aus Petronella vorlesen: Was finden die Kinder an der Apfelhexe und an den Geschichten besonders toll, was macht am meisten Spaß?Sabine Städing: Ich glaube, den Kindern gefällt das ganze Paket. Die Verbindung von Petronellas magischer Welt mit der realen Welt der Zwillinge Lea und Luis. Wer würde sich nicht so eine magische, zauberhafte Freundin wünschen? Lustig ist allerdings, wie deutlich sich die Jungs mit Luis Kuchenbrand identifizieren. Man hört es an ihrem kernigen Gelächter, wenn Luis wieder so einen flapsigen Spruch gebracht hat.
Dass die Apfelhexe Petronella natürlich 1a-Apfelkuchenrezepte kennt, ist klar. Aber sie weiß auch sehr viel über alte Apfelsorten wie Herbstprinz, Berliner Schafsnase oder Rote Winterrenette. Sind Sie auch Apfelexpertin und ist es Ihnen wichtig, dass Ihre Leser/-innen diese alten Sorten auchkennenlernen?Sabine Städing: Nein, ich bin ganz sicher keine Expertin für alte Apfelsorten. Aber bei uns, ganz in der Nähe, gibt es eine Streuobstwiese, auf der wachsen der Altländer Pfannkuchenapfel und die Berliner Schafsnase. Die Namen haben mir auf Anhieb so gut gefallen, dass ich sie unbedingt in die Geschichte pflanzen wollte.
Natürlich kämpft Petronella auch gegen die seltsamen Menschen, die Gärten in seelenlose Orte verwandeln wollen - wie sieht Ihr Garten aus, Sabine Städing?Sabine Städing: In meinem kleinen Gartenherrscht prächtiger Wildwuchs. Ich habe beim Pflanzen darauf geachtet, dass er kinder-, vogel- und insektenfreundlich ist. Bis auf ganz wenige Ausnahmen wachsen hier nur einheimische Stauden und Gehölze. Außerdem gibt es hier natürlich auch ein Insektenhotel, das jedes Jahr ausgebucht ist.
Sie leben mit Ihrer Familie im Umland der Hansestadt. Ihr neues Buch, die "Foxgirls", spielt in Hamburg, aber natürlich geht es auch um magische Wesen. Was erwartet die kleinen Leser/-innen ab zehn Jahren in "Foxgirls"?Sabine Städing: "Foxgirls" ist ein Roman, der sich vor allem an die Mädchen richtet. Abenteuer, Romantik und Fuchsmagie spielen darin eine große Rolle. Hauptakteure sind Puder Zucker und Bonnie Vanzetti. Zwei taffe Hamburger Mädchen, die sich nach einem Fuchsbiss in Füchse verwandeln und feststellen, dass ihre Stadt ein deutlich magischererOrt ist, als sie bisher angenommen hatten. Ehe sie sich versehen, geraten sie ins Visier kryptozoologischer Jäger, die magische Wesen jagen und an skrupellose Sammler verkaufen. Ich glaube, dass alle die, denen Magnolia Steel gefallen hat, auch die "Foxgirls" lieben werden.
Wiehieß Ihr liebstes Kinderbuch?Sabine Städing: Das waren eindeutig "Kalle Blomquist" und die "Kinder aus Bullerbü" von Astrid Lindgren.
Las Ihnen Ihre Mutter oder Ihr Vater Geschichten vor?Sabine Städing: Ja, beide. Sowohl mein Vater als auch meine Mutter haben gerne vorgelesen. Meine Schwester und ich haben es geliebt. Zusammen auf dem Sofa oder um den Küchentisch zu sitzen und Geschichten zu hören, ist einfach eine wundervolle Art, Zeit miteinander zu teilen.
Und welche Bücher liest die erwachsene Sabine Städing sonst gerne?Sabine Städing: Ich liebe Walter Moers und C.S. Lewis. Zuletzt gelesen habe ich "Die Bienenhüterin" von Sue Monk Kidd. Nicht mehr brandneu, aber sehr zu empfehlen.
Die schönen Bilder in den "Petronella"-Büchern kommen von SaBine Büchner. Wie können wir uns Ihre Zusammenarbeit vorstellen?Sabine Städing: Wie schön, dass Sie danach fragen. SaBine Büchner ist eine absolut wundervolle Illustratorin. Irgendwie hat es von Anfang an mit uns beiden gepasst. Sie hat Petronella ein Gesicht gegeben und mir mancheBilder direkt aus dem Kopf gezeichnet. Ich liebe ganz besonders die Genauigkeit und die vielen lustigen Details in ihren Illustrationen. Deshalb freue ich mich schon sehr auf die "Petronella"-Erstlesereihe. Da gibt es zwar weniger Text von mir, dafür aber ganz viele farbige Illustrationen von SaBine Büchner.
Petronella Apfelmus gibt es ja auch als Hörbücher. Wie gefällt Ihnen die Stimme der Petronella, die Nana Spier - auch die deutsche Synchronstimme u. a. von Drew Barrymore und Sarah Michelle Gellar ("Buffy") - spricht?Sabine Städing: Nana Spierist ein echter Profi. Ich mag ihre Stimme sehr. Sie spricht Petronella genauso keck und frech, wie es sich für eine Apfelhexe gehört. Es ist ein großes Vergnügen, ihr zuzuhören.
Interview: Literaturtest