Ein eher leichtes Mädchen namens Holly Golightly sorgte 1961 in Amerika für Kopfschütteln und Naserümpfen. Als unverheiratete,
selbstbewusste Frau, die selbst entscheidet wie sie lebt und mit wem sie schläft, brachte sie das Rollenverständnis ihrer Zeit gehörig
durcheinander. Bis dahin durften sich amerikanische Frauen ausschließlich um Ehemann, Haushalt und Kinder sorgen. Doch Audrey
Hepburn veränderte in Frühstück bei Tiffany ein für alle Mal das Verhältnis der Geschlechter, den Film und die Mode.
Was alles bis zu ihrem legendären Auftritt geschah, erzählt Sam Wasson in diesem sorgfältig recherchierten und äußerst unterhaltsamen
Buch: Er berichtet vom Streit der Produzenten mit Truman Capote, der für die Verfilmung seines Romans Marilyn Monroe in der
Titelrolle sah. Von den diplomatischen Winkelzügen, um die Filmzensurbehörde zu umgehen. Und von Hepburns eigenen Bedenken,
die fürchtete, mit dem Film ihren Ruf zu ruinieren.
Wer dieses Buch gelesen hat, sieht Frühstück bei Tiffany, Audrey Hepburn und die Stadt New York mit völlig neuen Augen.
Sam Wasson studierte Film an der Wesleyan University und an der USC School of Cinematic Arts. Er hat mehrere filmhistorische Arbeiten
unter anderem über Blake Edwards Regisseur von Frühstück bei Tiffany veröffentlicht. Als Journalist schreibt er regelmäßig in
The Hollywood Reporter, Variety, Angeleno Magazine und The Huffington Post. Er lebt in Los Angeles und New York.
selbstbewusste Frau, die selbst entscheidet wie sie lebt und mit wem sie schläft, brachte sie das Rollenverständnis ihrer Zeit gehörig
durcheinander. Bis dahin durften sich amerikanische Frauen ausschließlich um Ehemann, Haushalt und Kinder sorgen. Doch Audrey
Hepburn veränderte in Frühstück bei Tiffany ein für alle Mal das Verhältnis der Geschlechter, den Film und die Mode.
Was alles bis zu ihrem legendären Auftritt geschah, erzählt Sam Wasson in diesem sorgfältig recherchierten und äußerst unterhaltsamen
Buch: Er berichtet vom Streit der Produzenten mit Truman Capote, der für die Verfilmung seines Romans Marilyn Monroe in der
Titelrolle sah. Von den diplomatischen Winkelzügen, um die Filmzensurbehörde zu umgehen. Und von Hepburns eigenen Bedenken,
die fürchtete, mit dem Film ihren Ruf zu ruinieren.
Wer dieses Buch gelesen hat, sieht Frühstück bei Tiffany, Audrey Hepburn und die Stadt New York mit völlig neuen Augen.
Sam Wasson studierte Film an der Wesleyan University und an der USC School of Cinematic Arts. Er hat mehrere filmhistorische Arbeiten
unter anderem über Blake Edwards Regisseur von Frühstück bei Tiffany veröffentlicht. Als Journalist schreibt er regelmäßig in
The Hollywood Reporter, Variety, Angeleno Magazine und The Huffington Post. Er lebt in Los Angeles und New York.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 01.12.2011Die Lady ist ein Callgirl
Alles über "Frühstück bei Tiffany", erzählt von Sam Wasson
Holly Golightly war ein Callgirl, erfunden von Truman Capote mit unverschämten Anleihen bei den Society Ladies, mit denen er in New Yorker Prachtwohnungen und Bars, Landsitzen in Long Island oder an der Cote d'Azur herumhing, angerauht mit einem Schuss Melancholie über die Lebensführung seiner Mutter, die ihn für wechselnde Männer fast immer allein ließ, und mit seiner unverwechselbar scharfen, manchmal vulgären Sprache ins Papier geritzt. Es waren die späten fünfziger Jahre des zwanzigsten Jahrhunderts, und es sah erst einmal nicht so aus, als sei dies die ideale Zeit, Holly Golightlys Geschichte auf die Leinwand zu bringen.
Wie das doch geschah, wer für die Rechte bot und wer wen ausstach, wie das Drehbuch entstand und das Ende zu einem glücklichen wurde (dabei war das Romanende, wenn Holly ihre Katze in den Müll stopft, um ungebunden zu bleiben, doch genial), wie die Zensur, die sich sowieso gerade zu lockern begann, an der Nase herumgeführt wurde, und wie es dazu kam, dass nicht Marilyn Monroe, die Truman Capote im Sinn hatte, nicht Shirley McLaine (sie wäre die beste Wahl gewesen), nicht Jane Fonda (zu jung, hieß es), sondern die unwahrscheinlichste von allen, nämlich Audrey Hepburn diese Rolle spielte, davon erzählt Sam Wasson in seinem herrlichen Buch über "Frühstück bei Tiffany".
Der Autor hat bereits ein Buch über Blake Edwards geschrieben - auch er keineswegs die beste Wahl als Regisseur für diesen Stoff, dem Billy Wilder mehr Würze gegeben hätte -, und so kann er mit Sympathie und natürlich völlig zu Recht daran erinnern, dass "Frühstück bei Tiffany" bei weitem nicht das Meisterwerk ist, als das der Film in diesen Wochen zum fünfzigsten Jahrestag seiner Uraufführung gern gefeiert wird. Aber wichtig war der Film schon. Ob er tatsächlich das Verhältnis der Geschlechter verändert hat, kann dahingestellt bleiben, geändert hat es sich ja, und in den frühen Sechzigern fing das an. Und immerhin wurde die Frau, deren Unschuld und Reinheit das Publikum und die ganze Welt, so scheint es, bezaubert hat, mit diesem Film erwachsen. Sexy. Audrey Hepburn gab sich nicht so sexy, wie Shirley McLaine das gespielt hätte (wie wir aus Wilders "Irma la Douce" wissen), aber doch deutlich anzüglicher, als etwa ihre Prinzessin in "Ein Herz und eine Krone" sich das je hätte träumen lassen. Sie war das gute Mädchen in der Rolle des schlechten Mädchens, das alle liebten und das straffrei davonkam.
Wasson schreibt diese Geschichte nicht nur mit großer Kenntnis der Zeit, der Verhältnisse und der Menschen, die ihre Finger im Spiel hatten. Er schreibt auch mit literarischem Witz und gibt vielen die Ehre, die oft vergessen werden: Henry Mancini, dem Komponisten, der für den Film zwei Oscars gewann, für die Musik und mit Johnny Mercer für den Song "Moon River". Er erzählt vom Drehbuchschreiben und wie George Axelrod versuchte, sein Image aufzupolieren und was Billy Wilder damit zu tun hatte. Edith Head, die bei Audrey Hepburn für Hubert de Givenchy Platz machen musste und doch als Legende in die Filmgeschichte einging, weil sie seit 1925 so ziemlich jeden Star eingekleidet hatte und fünfunddreißigmal für den Oscar nominiert war, wird ebenfalls ein schräges Denkmal gesetzt.
Filmgeschichte, Stargeschichten, Gesellschaftsgeschichte, erzählt entlang eines einzigen Films - das hat Wasson nicht erfunden. "All About ,All About Eve'" von Sam Staggs ist auch so ein Buch. Viele mehr von dieser Art, das wäre was.
VERENA LUEKEN
Sam Wasson:
"Verlieben Sie sich nie in ein wildes Geschöpf".
Audrey Hepburn und "Frühstück bei Tiffany".
Aus dem Englischen von Dörte Kaiser. Steidl Verlag, Göttingen 2011. 251 S., br., 16,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Alles über "Frühstück bei Tiffany", erzählt von Sam Wasson
Holly Golightly war ein Callgirl, erfunden von Truman Capote mit unverschämten Anleihen bei den Society Ladies, mit denen er in New Yorker Prachtwohnungen und Bars, Landsitzen in Long Island oder an der Cote d'Azur herumhing, angerauht mit einem Schuss Melancholie über die Lebensführung seiner Mutter, die ihn für wechselnde Männer fast immer allein ließ, und mit seiner unverwechselbar scharfen, manchmal vulgären Sprache ins Papier geritzt. Es waren die späten fünfziger Jahre des zwanzigsten Jahrhunderts, und es sah erst einmal nicht so aus, als sei dies die ideale Zeit, Holly Golightlys Geschichte auf die Leinwand zu bringen.
Wie das doch geschah, wer für die Rechte bot und wer wen ausstach, wie das Drehbuch entstand und das Ende zu einem glücklichen wurde (dabei war das Romanende, wenn Holly ihre Katze in den Müll stopft, um ungebunden zu bleiben, doch genial), wie die Zensur, die sich sowieso gerade zu lockern begann, an der Nase herumgeführt wurde, und wie es dazu kam, dass nicht Marilyn Monroe, die Truman Capote im Sinn hatte, nicht Shirley McLaine (sie wäre die beste Wahl gewesen), nicht Jane Fonda (zu jung, hieß es), sondern die unwahrscheinlichste von allen, nämlich Audrey Hepburn diese Rolle spielte, davon erzählt Sam Wasson in seinem herrlichen Buch über "Frühstück bei Tiffany".
Der Autor hat bereits ein Buch über Blake Edwards geschrieben - auch er keineswegs die beste Wahl als Regisseur für diesen Stoff, dem Billy Wilder mehr Würze gegeben hätte -, und so kann er mit Sympathie und natürlich völlig zu Recht daran erinnern, dass "Frühstück bei Tiffany" bei weitem nicht das Meisterwerk ist, als das der Film in diesen Wochen zum fünfzigsten Jahrestag seiner Uraufführung gern gefeiert wird. Aber wichtig war der Film schon. Ob er tatsächlich das Verhältnis der Geschlechter verändert hat, kann dahingestellt bleiben, geändert hat es sich ja, und in den frühen Sechzigern fing das an. Und immerhin wurde die Frau, deren Unschuld und Reinheit das Publikum und die ganze Welt, so scheint es, bezaubert hat, mit diesem Film erwachsen. Sexy. Audrey Hepburn gab sich nicht so sexy, wie Shirley McLaine das gespielt hätte (wie wir aus Wilders "Irma la Douce" wissen), aber doch deutlich anzüglicher, als etwa ihre Prinzessin in "Ein Herz und eine Krone" sich das je hätte träumen lassen. Sie war das gute Mädchen in der Rolle des schlechten Mädchens, das alle liebten und das straffrei davonkam.
Wasson schreibt diese Geschichte nicht nur mit großer Kenntnis der Zeit, der Verhältnisse und der Menschen, die ihre Finger im Spiel hatten. Er schreibt auch mit literarischem Witz und gibt vielen die Ehre, die oft vergessen werden: Henry Mancini, dem Komponisten, der für den Film zwei Oscars gewann, für die Musik und mit Johnny Mercer für den Song "Moon River". Er erzählt vom Drehbuchschreiben und wie George Axelrod versuchte, sein Image aufzupolieren und was Billy Wilder damit zu tun hatte. Edith Head, die bei Audrey Hepburn für Hubert de Givenchy Platz machen musste und doch als Legende in die Filmgeschichte einging, weil sie seit 1925 so ziemlich jeden Star eingekleidet hatte und fünfunddreißigmal für den Oscar nominiert war, wird ebenfalls ein schräges Denkmal gesetzt.
Filmgeschichte, Stargeschichten, Gesellschaftsgeschichte, erzählt entlang eines einzigen Films - das hat Wasson nicht erfunden. "All About ,All About Eve'" von Sam Staggs ist auch so ein Buch. Viele mehr von dieser Art, das wäre was.
VERENA LUEKEN
Sam Wasson:
"Verlieben Sie sich nie in ein wildes Geschöpf".
Audrey Hepburn und "Frühstück bei Tiffany".
Aus dem Englischen von Dörte Kaiser. Steidl Verlag, Göttingen 2011. 251 S., br., 16,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 10.01.2012Eine legendäre Fehlbesetzung
Sam Wassons ebenso amüsantes wie aufschlussreiches Buch über Audrey Hepburn blickt hinter die Kulissen von „Frühstück bei Tiffany“
Das einzig Anfechtbare an diesem Buch ist sein deutscher Titel, den die Lektoren anscheinend diesem Buch gegeben haben: „Verlieben Sie sich nie in ein wildes Geschöpf“. Das war es ja gerade – die Schauspielerin Audrey Hepburn war in ihren braven Prinzessinnenrollen so gar nicht wild und als freches Callgirl in „Frühstück bei Tiffany“ tatsächlich eine eklatante Fehlbesetzung. Wütend war darüber der Autor Truman Capote, der bei seiner leichtfertigen Heldin Holly an seine Freundin – na ja – Marilyn Monroe gedacht hatte. Der amerikanische Original-Titel „Fifth Avenue, 5 a. m.“ klingt dagegen zunächst nüchtern, aber beschwört im Kopf anregende Bilder herauf: von Manhattans Wolkenkratzern und von Dreharbeiten im kühlen Morgendunst. Der Autor Sam Wasson spricht – in seinen Anmerkungen zu den Anmerkungen, wobei jene so amüsant und aufschlussreich zu lesen sind wie das ganze Buch – von der schwierigen Gratwanderung zwischen analytischer Schärfe und phantasievoller Annäherung, die ein gutes Sachbuch zu leisten habe.
Um es deutlich festzuhalten: Genau dies ist Wasson rundheraus gelungen. Und er holt weit aus – wir lernen alle am Film Beteiligten kennen: die „Bulldogge“ Truman Capote, die beiden Produzenten Marty Jurow und Richard Shepard, den Drehbuchautor George Axelrod, den Regisseur Blake Edwards, die mächtige Kostümbildnerin Edith Head und natürlich Audrey Hepburn selbst – samt Ehemann Mel Ferrer, der ihre Drehbücher las und ihre Rollen aussuchte. Dieses Buch leistet aber nun weit mehr als eine solide recherchierte Biographie: Wir erfahren eben nicht nur Substantielles über Audrey Hepburn und alle am Tiffany-Filmprojekt beteiligten Menschen, sondern auch über das Frauenbild der 1950er Jahre; außerdem: wie die Filmindustrie Hollywoods funktionierte, warum es die Filmkunst dagegen so schwer hatte und mit welchen Listen Regisseure wie Billy Wilder versuchten, „Gewagtes“ an Hollywoods oberster Zensurbehörde vorbeizuschmuggeln.
In seinen Anmerkungen erklärt Sam Wasson, wie er mit dem umfangreichen Quellenmaterial umging – bei der mythenumrankten Begegnung zwischen Audrey und der französischen Schriftstellerin Colette (die eine passende Besetzung für die Theaterrolle der Gigi suchte) beispielsweise habe er diejenige ausgewählt, die die größte „Schnittmenge“ mit allen aufwies. Dies war seine fundierte Recherchebasis; diese sowie andere Begegnungen und Szenen malt Sam Wasson nun so farbig und nuancenreich aus, spickt sie mit Verben wie einen saftigen Rehrücken, dass die Szenen funkeln und vor Leben vibrieren.
Und manchmal gilt eben auch: Wahr ist nicht, was war, sondern wie es gewesen sein könnte. Die Verabredung des Produzenten Marty Jurow mit Truman Capote im feinen New Yorker Colony Restaurant – wie der boshafte Schriftsteller mit dem zärtlichen Spitznamen „tiny terror“ seinen Auftritt zelebriert: grinsend, wie ein Kobold vorwärts hüpfend, von den Restaurantbesuchern Luftküsse erhaschend, die ihm von allen Seiten entgegenflogen.
In Biographien über Filmstars werden oft Klatsch, unkritisch übernommene Zitatschnipsel und eine oberflächliche Werkschau zu einem faden, klebrigen Porridge verrührt. Besonderen Überdruss erleidet der Leser beim Sujet Audrey Hepburn, denn viele Legendenschreiber erliegen ihrem Charme und schwärmen unkritisch von ihrer Anmut und Reinheit. Dieses kluge – und übrigens mit schönem Papier und apartem Leineneinband sehr ansprechend gestaltete – Buch hebt sich davon wohltuend ab.
EVA SCHÄFERS
SAM WASSON: Verlieben Sie sich nie in ein wildes Geschöpf. Audrey Hepburn und „Frühstück bei Tiffany“. Deutsch von Dörte Kaiser. Steidl Verlag, Göttingen 2011. 251 Seiten, 16 Euro.
Audrey Hepburn während einer Mittagspause bei den Dreharbeiten zu „Frühstück bei Tiffany“ im Juni 1961 sowie zusammen mit ihrem Filmpartner George Peppard am Set. Fotos: Getty Images
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Eine Dienstleistung der DIZ München GmbH
Sam Wassons ebenso amüsantes wie aufschlussreiches Buch über Audrey Hepburn blickt hinter die Kulissen von „Frühstück bei Tiffany“
Das einzig Anfechtbare an diesem Buch ist sein deutscher Titel, den die Lektoren anscheinend diesem Buch gegeben haben: „Verlieben Sie sich nie in ein wildes Geschöpf“. Das war es ja gerade – die Schauspielerin Audrey Hepburn war in ihren braven Prinzessinnenrollen so gar nicht wild und als freches Callgirl in „Frühstück bei Tiffany“ tatsächlich eine eklatante Fehlbesetzung. Wütend war darüber der Autor Truman Capote, der bei seiner leichtfertigen Heldin Holly an seine Freundin – na ja – Marilyn Monroe gedacht hatte. Der amerikanische Original-Titel „Fifth Avenue, 5 a. m.“ klingt dagegen zunächst nüchtern, aber beschwört im Kopf anregende Bilder herauf: von Manhattans Wolkenkratzern und von Dreharbeiten im kühlen Morgendunst. Der Autor Sam Wasson spricht – in seinen Anmerkungen zu den Anmerkungen, wobei jene so amüsant und aufschlussreich zu lesen sind wie das ganze Buch – von der schwierigen Gratwanderung zwischen analytischer Schärfe und phantasievoller Annäherung, die ein gutes Sachbuch zu leisten habe.
Um es deutlich festzuhalten: Genau dies ist Wasson rundheraus gelungen. Und er holt weit aus – wir lernen alle am Film Beteiligten kennen: die „Bulldogge“ Truman Capote, die beiden Produzenten Marty Jurow und Richard Shepard, den Drehbuchautor George Axelrod, den Regisseur Blake Edwards, die mächtige Kostümbildnerin Edith Head und natürlich Audrey Hepburn selbst – samt Ehemann Mel Ferrer, der ihre Drehbücher las und ihre Rollen aussuchte. Dieses Buch leistet aber nun weit mehr als eine solide recherchierte Biographie: Wir erfahren eben nicht nur Substantielles über Audrey Hepburn und alle am Tiffany-Filmprojekt beteiligten Menschen, sondern auch über das Frauenbild der 1950er Jahre; außerdem: wie die Filmindustrie Hollywoods funktionierte, warum es die Filmkunst dagegen so schwer hatte und mit welchen Listen Regisseure wie Billy Wilder versuchten, „Gewagtes“ an Hollywoods oberster Zensurbehörde vorbeizuschmuggeln.
In seinen Anmerkungen erklärt Sam Wasson, wie er mit dem umfangreichen Quellenmaterial umging – bei der mythenumrankten Begegnung zwischen Audrey und der französischen Schriftstellerin Colette (die eine passende Besetzung für die Theaterrolle der Gigi suchte) beispielsweise habe er diejenige ausgewählt, die die größte „Schnittmenge“ mit allen aufwies. Dies war seine fundierte Recherchebasis; diese sowie andere Begegnungen und Szenen malt Sam Wasson nun so farbig und nuancenreich aus, spickt sie mit Verben wie einen saftigen Rehrücken, dass die Szenen funkeln und vor Leben vibrieren.
Und manchmal gilt eben auch: Wahr ist nicht, was war, sondern wie es gewesen sein könnte. Die Verabredung des Produzenten Marty Jurow mit Truman Capote im feinen New Yorker Colony Restaurant – wie der boshafte Schriftsteller mit dem zärtlichen Spitznamen „tiny terror“ seinen Auftritt zelebriert: grinsend, wie ein Kobold vorwärts hüpfend, von den Restaurantbesuchern Luftküsse erhaschend, die ihm von allen Seiten entgegenflogen.
In Biographien über Filmstars werden oft Klatsch, unkritisch übernommene Zitatschnipsel und eine oberflächliche Werkschau zu einem faden, klebrigen Porridge verrührt. Besonderen Überdruss erleidet der Leser beim Sujet Audrey Hepburn, denn viele Legendenschreiber erliegen ihrem Charme und schwärmen unkritisch von ihrer Anmut und Reinheit. Dieses kluge – und übrigens mit schönem Papier und apartem Leineneinband sehr ansprechend gestaltete – Buch hebt sich davon wohltuend ab.
EVA SCHÄFERS
SAM WASSON: Verlieben Sie sich nie in ein wildes Geschöpf. Audrey Hepburn und „Frühstück bei Tiffany“. Deutsch von Dörte Kaiser. Steidl Verlag, Göttingen 2011. 251 Seiten, 16 Euro.
Audrey Hepburn während einer Mittagspause bei den Dreharbeiten zu „Frühstück bei Tiffany“ im Juni 1961 sowie zusammen mit ihrem Filmpartner George Peppard am Set. Fotos: Getty Images
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Einzige Trübung in Eva Schäfers hingerissener Kritik der Audrey-Hepburn-Biografie von Sam Wasson bleibt der deutsche Titel, den die ansonsten restlos begeisterte Rezensentin irreführend findet. Davon abgesehen preist sie die gelungene Mischung aus kluger Analyse und Imagination, denn ein "gutes Sachbuch" hat genau das zu leisten, wie sie in Einigkeit mit dem Autor betont. Mit seiner Biografie schlägt der Autor einen weiten Bogen und vermittelt neben Hepburns Lebensgeschichte auch eine Vorstellung vom Frauenbild der 50er Jahre oder der Filmindustrie Hollywoods, so Schäfers anerkennend. Ihr ist außerdem die sehr schöne Ausstattung des Buches aufgefallen, was den in ihren Augen ohnehin schon glänzenden Eindruck nur noch steigert.
© Perlentaucher Medien GmbH
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