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Hat die Ehe noch eine Zukunft? Angesichts der wachsenden Popularität nichtehelicher Lebensgemeinschaften vor allem in Europa scheint Skepsis angebracht. Monika Wienfort verfolgt die Geschichte der Ehe als Rechtsinstitut und Lebensform seit dem Aufkommen der Liebesehe im späten 18. Jahrhundert. Die Stationen einer Ehe werden vom Kennenlernen bis zum Ende, durch Tod eines Partners oder Scheidung, beschrieben. Es geht um staatliche Ehepolitik und den Wandel des Rechts, zum Beispiel bei der Versorgung von Geschiedenen und Hinterbliebenen. Die Aussteuer, die Hochzeitsreise und die Goldene Hochzeit…mehr

Produktbeschreibung
Hat die Ehe noch eine Zukunft? Angesichts der wachsenden Popularität nichtehelicher Lebensgemeinschaften vor allem in Europa scheint Skepsis angebracht. Monika Wienfort verfolgt die Geschichte der Ehe als Rechtsinstitut und Lebensform seit dem Aufkommen der Liebesehe im späten 18. Jahrhundert. Die Stationen einer Ehe werden vom Kennenlernen bis zum Ende, durch Tod eines Partners oder Scheidung, beschrieben. Es geht um staatliche Ehepolitik und den Wandel des Rechts, zum Beispiel bei der Versorgung von Geschiedenen und Hinterbliebenen. Die Aussteuer, die Hochzeitsreise und die Goldene Hochzeit haben ihre je eigene Geschichte. Das weiße Hochzeitskleid kam erst im 19. Jahrhundert in Mode, und neue Vorstellungen einer gelungenen Hochzeitsfeier breiteten sich aus. Eheberatung etablierte sich im 20. Jahrhundert und spiegelte gesellschaftliche und individuelle Erwartungen vor dem Hintergrund der Emanzipation der Frauen. Schließlich werden Ehepaare als Eltern Thema, das allmählich abnehmende Lebensrisiko der Mutterschaft, die steigende Berufstätigkeit von Müttern und die sich verändernden Erziehungsvorstellungen.
Autorenporträt
Monika Wienfort, 1961 geboren, ist habilitierte Historikerin. Von 2002 bis 2011 hatte sie eine Vertretungsprofessur für Neuere Geschichte an der Technischen Universität Berlin inne. Seit September 2012 verfolgt sie ein Forschungsprojekt zur Geschichte von Frauen im ländlichen Preußen um 1900 an der Humboldt-Universität zu Berlin.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Johan Schloemann hätte sich von Monika Wienfort etwas mehr Leidenschaft gewünscht, nicht in der Ehe natürlich, sondern bei ihrer Darstellung der geschichtlichen Entwicklung dieser Institution seit der Romantik bis heute. Kühl sozialhistorisch und wertfrei jenseits flammender Debatten vermag die Autorin laut Schloemann indes zu schildern, was sich beim gemeinsamen Wohnen, in Sachen Hochzeitsnacht oder Geburt so alles verändert hat. Weltanschauung aber kommt nicht vor, meint Schloemann erstaunt, und auch nicht der Name Simone de Beauvoir. Wissenswertes über die Beliebtheit der Ehe heute und gestern und die möglichen Gründe dafür erfährt der Rezensent aber dennoch, geschickt gegliedert und chronologisch geordnet.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 21.08.2014

Von Liebesheiraten ist abzuraten

Wer sagt denn, dass der Bund fürs Leben etwas mit Zuneigung zu tun haben muss? Monika Wienfort untersucht eine traditionsreiche Daseinsform - und macht aus der Ehe eine staubtrockene Angelegenheit.

Das Literaturverzeichnis von Monika Wienforts "Geschichte der Ehe seit der Romantik" weist unter den neunzig Autoren, die sich mit dem Thema befasst haben, einundfünfzig Frauen auf, und von diesen Büchern der Frauen erschien wiederum etwa die Hälfte in den Jahren nach der Jahrtausendwende. Mit der Ehe, dieser sozialen Einrichtung auf stabilem rechtlichem Grund, scheinen gegenwärtig Frauen ein Kapitel ihrer sozialen Geschichte und ihres privaten Lebens aufzuarbeiten.

Während im Laufe des neunzehnten Jahrhunderts die rechtlichen Bestimmungen über das eheliche Verhältnis immer präziser, während Name, Wohnsitz, Mitgift festgelegt und Erbschaftsfragen geklärt wurden, avancierte - ein Widerspruch zu den Gesetzen, die die Ehe regelten - die Liebe zum einzigen ehrenwerten Motiv dieser Verbindung. Die neue emotionale Forderung trat der rechtlichen Organisation der Ehe häufig feindselig gegenüber, gelegentlich gar durchkreuzte sie diese. Unter den patriarchalischen Bedingungen des neunzehnten Jahrhunderts bedeutete deshalb die Liebe für die Frauen eine erste Möglichkeit zu freier Entscheidung, und so verwundert es nicht, wenn das Verhältnis von Liebe und Ehe heute zu einem ihrer bevorzugten wissenschaftlichen Themen geworden ist.

Monika Wienfort konstatiert am Ende ihrer Geschichte der Ehe, dass sich diese "in einem Prozess der Individualisierung zu einer reinen Liebesfrage entwickelt" habe, "in der es um die Dichotomie von Freiheitsgewinn und Abhängigkeit geht". Die Liebe habe in der Epoche seit der Romantik an Bedeutung gewonnen, weil geliebt zu sein eine "persönliche Anerkennung" bedeute und ein "positives Selbstwertgefühl" verschaffe; die Ehe sei "als eine Möglichkeit, das Geliebtwerden sozial zu dokumentieren", erkannt worden und bleibe daher bis heute eine wichtige Institution.

Zwischen der Darstellung der Ehe als Rechtsverhältnis und der als Liebesglück schwanken denn auch die Themen des Buches, das an Gründlichkeit nichts zu wünschen übrig lässt. Gründlich werden die rechtlichen Bestimmungen durchgenommen, ihre Variationen in den sozialen Schichten, wie etwa Vertragsabkommen unter Bürgern oder Bauern oder in unterschiedlichen Ländern und Landschaften - Wienfort etwa unterscheidet zwischen einem "nordwesteuropäischen Heiratsmuster" und einem "alpinen". Gründlich aber werden im historischen Wandel auch alle ästhetischen Erscheinungen, die die Ehe umrahmen, und alle emotionalen Folgen, die mit ihr zu tun haben, beschrieben. Neben den Rechtsfragen, bei denen Monika Wienfort gerne verweilt, stehen deshalb kleine geschichtliche Abrisse über das Heiratsalter, den Polterabend, die Hochzeitsnacht, über Hochzeitsgeschenke, die Hochzeitsreise, die Schwiegermutter, die Witwe, ihre Trauerkleidung, über Heiratsannoncen und die Angst vor dem Heiratsschwindler. Bei dieser Fülle von Details gerät der Leser oft genug ins Staunen über manch besondere historische Modulation im Rahmen dessen, was er im Groben schon wusste: Neu könnte ihm etwa sein, dass es die Heiratsannonce bereits im siebzehnten Jahrhundert gab oder dass sich, aus den Niederlanden kommend, das Wissen über "gewisse Präservativ-Bedeckungen", wie es damals umständlich hieß, über das Rheinland, diese ehemals ökonomisch florierende Region, in Deutschland ausbreitete. Gesetz und Sitte werden nebeneinander abgehandelt und machen aus dem Buch ein Kaleidoskop aus strenger Sachlichkeit und bunter Lebensfülle.

Diesen Charakter kündigen Titel und Untertitel an: Der Titel "Verliebt, verlobt, verheiratet" verspricht dem Leser eine amüsante Lektüre über ein ernstzunehmendes Lebensmodell, der Untertitel verweist auf die sachliche Kompetenz der Autorin. Diese allerdings tritt nur allzu deutlich in den Vordergrund, sowohl im Faktenwissen wie im trockenen Ton der Darbietung auch bei den sittlichen und privaten Momenten des ehelichen Lebens. Wienfort schließt, um dem Sachverhalt eine individuelle Anschaulichkeit zu verleihen, jeden Epochenabschnitt durch die Kurzbiographie eines Ehepaares ab.

Aber auch diese Biographien von Caroline und Wilhelm von Humboldt, Clara und Robert Schumann, dem "Thronfolgerpaar" Victoria und Friedrich von Preußen, Katia und Thomas Mann, Freya und Helmuth von Moltke sind im sachlichen Stil eines faktentreuen Historikers verfasst; sie sind eher historische Protokolle und bereiten dem Leser nicht jenes Vergnügen, das der muntere Titel des Buches verspricht.

Wienfort kompiliert die ihr vorausgehende Forschung fleißig und gewissenhaft. Die Methode der Vermischung von Sachfragen, Rechtsgeschichte und Alltagsverhalten bezieht sie von den französischen "Annalisten", die in den sechziger Jahren des vorigen Jahrhunderts die Geschichtsschreibung durch eine Soziologie des Alltagslebens erweiterten und bereicherten; einer ihrer Gewährsleute dürfte Jack Goody mit seinen Abhandlungen über die Familie aus den siebziger und achtziger Jahren sein. Allerdings hat Wienfort nicht die erzählerische Begabung der Annales-Autoren und nicht die Fähigkeit, das Material rhythmisch zu organisieren, Wichtiges von weniger Wichtigem zu scheiden. Mit monotonem Gleichmut bietet sie alles an, was wissenswert sein könnte. So mag das Buch, das durch Stichworte in viele Unterkapitel gegliedert ist, eher für ein Nachschlagewerk zur Geschichte der Ehe als Rechts- und Lebensmodell gelten denn als bildende Lektüre für die mit ihrer Vergangenheit befasste weibliche Leserschaft.

HANNELORE SCHLAFFER

Monika Wienfort: "Verliebt, verlobt, verheiratet". Eine Geschichte der Ehe seit der Romantik. Verlag C. H. Beck, München 2014. 336 S., Abb., geb., 24,95 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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