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"Kann ich gar nichts behalten? Was ist von mir noch übrig?" So könnten viele Figuren in Paul Schraders Filmen fragen. Das tun sie nicht. Sie fragen stattdessen "Was bin ich wert?" oder sagen: "Einige meiner Illusionen wurden zerstört" - wenn ihr bisheriges Leben in Trümmern liegt. Paul Schrader zwingt seinen Figuren existenzielle Entscheidungen in Form drastischer Bedrohungen auf. Er setzt sie gefangen, um zu zeigen, dass sie vorher nicht frei waren oder schickt sie auf die Suche - nach sich selbst. Bettina Klix beschreibt, wie Schrader seine Figuren preisgibt - und rettet.Dieses Buch…mehr

Produktbeschreibung
"Kann ich gar nichts behalten? Was ist von mir noch übrig?" So könnten viele Figuren in Paul Schraders Filmen fragen. Das tun sie nicht. Sie fragen stattdessen "Was bin ich wert?" oder sagen: "Einige meiner Illusionen wurden zerstört" - wenn ihr bisheriges Leben in Trümmern liegt. Paul Schrader zwingt seinen Figuren existenzielle Entscheidungen in Form drastischer Bedrohungen auf. Er setzt sie gefangen, um zu zeigen, dass sie vorher nicht frei waren oder schickt sie auf die Suche - nach sich selbst. Bettina Klix beschreibt, wie Schrader seine Figuren preisgibt - und rettet.Dieses Buch erscheint in der Filmliteraturreihe "Filit", die von Rolf Aurich und Wolfgang Jacobsen herausgegeben wird.Man kann die "Filit"-Reihe abonnieren und bekommt dann jeden neuen Band bei Erscheinen automatisch zugeschickt. Bei Interesse melde man sich bitte beim Verlag.
Autorenporträt
Bettina Klix, geboren 1961 in Berlin, studierte Germanistik und Sozialpädagogik. Sie veröffentlichte: "Tiefenrausch", (1986); "Sehen Sprechen Gehen" (1993); "Willkommen im Wunderland" (mit Christine Kriegerowski, 2008). 2011 erscheint die Prosaauswahl "Rapture of the Depths" in englischer Übersetzung.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 02.12.2010

Verlorene
Über Paul Schraders Filme

Immer wieder Eingeschlossene, immer wieder ein Gefängnis. Das Thema des amerikanischen Kinos ist zwar die Freiheit, aber Paul Schrader findet sie in ihrem Gegenteil: Seine Figuren sind gefangen, oft genug in ihrer Herkunft, ihrem Milieu, manchmal auch in ihrem Körper, ihrer Paranoia - und fast immer in irgendeiner Familie. Und auch wenn sie fliehen können, entpuppt sich diese Flucht oft genug nur als Beginn neuer Fesseln. Schon in "Hardcore" wird das deutlich, Schraders zweitem Film, in dem er von einem religiös erzogenen Mädchen erzählt, das in der Pornoindustrie Zuflucht vor ihrem Elternhaus findet - und eine religiöse Gemeinschaft anderer Art. In "Patty Hearst" (1988) über die entführte Verlegertochter erzählt Schrader wieder von einer jungen Frau, für die Gefangenschaft und "Gehirnwäsche" auch zu einer Art Rettung werden vor der Strenge des Elternhauses, den Zwängen der Wohlbehütetheit. Er fühle sich zum Widersprüchlichen hingezogen, hat Schrader erzählt, erst im Zusammenspiel der Gegensätze finde sich die Essenz eines Charakters. Bettina Klix sieht es jetzt ähnlich: "Es wird beschrieben, wie Schrader seine Figuren preisgibt - und rettet." So formuliert sie im Vorwort zu "Verlorene Söhne, Töchter, Väter".

In ihrem Buch "über Paul Schrader" (so der Untertitel) macht Klix erst mal alles ganz anders, als man es erwartet. Von den siebzehn Filmen, die der 1946 geborene Schrader bisher als Regisseur gedreht hat, kommen überhaupt nur sieben vor. Weder vom "transcendental style" ist hier die Rede noch vom "Taxi Driver" oder den vier Drehbüchern für Scorsese. Auch die Merkwürdigkeit, das ausgerechnet ein im calvinistischen Milieu aufgewachsener Mann zu einem der wichtigsten Autoren des italoamerikanischen Kinos werden konnte, wird hier nicht analysiert. Und auch über "Mishima", diesen ganz und gar seltsamen, ungemein schönen Film-Solitär erfährt man nichts.

Aber wie bei Filmen ist es auch bei einem Buch sinnlos, das fertige Werk mit seinen eigenen Erwartungen zu konfrontieren. Und dass dieses Buch, auch wenn es von einer umfassenden Werkanalyse zu Schrader denkbar weit entfernt ist, trotzdem die Lektüre unbedingt lohnt, hat zwei einfache Gründe. Zum einen, weil Klix am Beispiel Schrader etwas hierzulande überaus Seltenes praktiziert: ein "anschmiegendes" Schreiben über Kino, so etwas wie eine phänomenologische dichte Beschreibung von Film, nah am Gegenstand, aber sehr persönlich. Und weil man die Filme mit Klix' Augen sieht, und nur mit ihnen, sieht man dann quasi einen neuen Film: in "Cat People" etwa die Umformulierung der christlichen Behauptung vom Körper als Gefängnis der Seele. Oder in "The Walker" (2007) die Geschichte eines Menschen, der in der sozialen Degradierung seine Freiheit (wieder-)findet. Damit erzählt Klix' Schrader zugleich, was Freiheit mit Verlorenheit zu tun hat, warum die Familien auch im amerikanischen Kino ein "Terrorzusammenhang" (Alexander Kluge) sind. Denn das Wort "verloren" im Titel kann man auf Englisch noch besser, nämlich doppelsinniger ausdrücken: "Lost", das heißt auch verlassen, gottverlassen - und da ist der "transcendental style", Schraders private Ästhetik des Erhabenen, plötzlich dann doch da.

RÜDIGER SUCHSLAND

Bettina Klix: "Verlorene Söhne, Töchter, Väter. Über Paul Schrader", Berlin 2010, 128 Seiten, 13 [Euro].

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