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Der ehemalige Chefredakteur der Tageszeitung 'Cumhuriyet', die 2016 mit dem Alternativen Nobelpreis ausgezeichnet wurde, saß wegen seiner mutigen Berichterstattung über Waffenlieferungen des türkischen Geheimdienstes nach Syrien drei Monate in türkischer Einzelhaft, wurde zu fünfeinhalb Jahren Gefängnis verurteilt und ist nur knapp einem Mordanschlag entkommen. Wäre er während des Putschversuchs in der Türkei im Juli 2016 nicht im Ausland gewesen, säße er jetzt mit hoher Wahrscheinlichkeit wieder im Gefängnis. Doch Dündar ging ins Exil und setzte seinen Kampf für die Pressefreiheit in seinem…mehr

Produktbeschreibung
Der ehemalige Chefredakteur der Tageszeitung 'Cumhuriyet', die 2016 mit dem Alternativen Nobelpreis ausgezeichnet wurde, saß wegen seiner mutigen Berichterstattung über Waffenlieferungen des türkischen Geheimdienstes nach Syrien drei Monate in türkischer Einzelhaft, wurde zu fünfeinhalb Jahren Gefängnis verurteilt und ist nur knapp einem Mordanschlag entkommen. Wäre er während des Putschversuchs in der Türkei im Juli 2016 nicht im Ausland gewesen, säße er jetzt mit hoher Wahrscheinlichkeit wieder im Gefängnis. Doch Dündar ging ins Exil und setzte seinen Kampf für die Pressefreiheit in seinem Land und gegen Erdogan von Berlin aus fort. In seinen Aufzeichnungen aus dem deutschen Exil erzählt er von den Ereignissen, die sich in dem letzten halben Jahr nach seiner Freilassung aus der Untersuchungshaft überschlagen haben: Prozess, Attentat, Urteil, der Putschversuch in seiner Heimat, seine Flucht nach Deutschland, sein Exil in Berlin. Dort führt er ein Leben zwischen Preisen und Anerkennungen, Bedrohungen und Anfeindungen, denn er kämpft weiter für eine demokratische, westlich orientierte Türkei.
Autorenporträt
Can Dündar, geboren 1961, studierte Journalismus in Ankara und London und promovierte 1996 in Politikwissenschaften. Er schrieb für diverse Zeitungen, publizierte über zwei Dutzend Bücher und produzierte zahlreiche Fernsehdokumentationen. Er war Chefredakteur der renommierten Tageszeitung Cumhuriyet und schreibt die Kolumne "Meine Türkei" in der Wochenzeitung Die Zeit. Er ist Gründer und Chefredakteur der journalistischen Plattform #Özgürüz. Dündar lebt und arbeitet zurzeit in Berlin im Exil. Bei Hoffmann und Campe erschienen seine Bücher Lebenslang für die Wahrheit (2016) und Tut was! / Bir sey yap! (2018).
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 13.03.2018

An eine Rückkehr ist nicht zu denken

Der Einsatz für das Gute hat einen Preis. Diese Erkenntnis durchzieht Can Dündars "Aufzeichnungen im deutschen Exil". Von Berlin blickt der türkische Journalist auf sein Land, wo er 2015 nach einer Enthüllung über Munitionslieferungen des Geheimdienstes an Islamisten in Syrien inhaftiert und im Folgejahr angegriffen und verurteilt worden war; wo nach dem Putschversuch im Sommer 2016 Tausende Regimekritiker eingesperrt wurden; wo seine Zeitung, die altehrwürdige "Cumhuriyet", vom Staat mit Repressalien belegt wurde.

Seine Rückkehr in die Heimat, zu seiner Familie, in seinen alten Beruf, wurde immer illusorischer. Der quälende Prozess, sich das bewusst zu machen, und der Umgang damit sind Dündars eigentliches Thema. Die Kapitel oszillieren zwischen einer groben Chronik der Ereignisse in der Türkei, humorvollen Beschreibungen des deutschen Alltags im Unterschied zum türkischen, allgemein-philosophischen Räsonnements und politischen Interventionen. Wobei Dündar mit Kritik am Verhalten des Westens gegenüber den Menschenrechtsverletzungen in der Türkei nicht spart - seit dem Flüchtlingsdeal lege die Europäische Union "auf Nebensächlichkeiten wie Demokratie nicht allzu viel Wert", schreibt er erzürnt.

Auch an anderer Stelle findet er pointierte Formulierungen, etwa wenn er mit Blick auf die Haftanstalt für politische Gefangene in Silivri schreibt, diese sei nach der Verhaftung zahlreicher "Cumhuriyet"Mitarbeiter "zum Bezirk mit der höchsten Alphabetisierungsrate der Türkei geworden". Vor allem aber schildert Dündar aufkommende Zweifel, ob seine Aktivitäten im Exil "lediglich hilfloses Gezappel waren", das nichts bewirkte, aber Freunde und Familie in Gefahr brachte. Er verschweigt nicht, wie sehr Einsamkeit und die türkischen Hasskampagnen gegen seine Person ihn belasten.

Anflüge von Verzweiflung und Verstummen überwindet er schließlich, er begreift sie als Teil einer "Mutprobe", die im Kampf gegen die eigene Angst bestanden werden müsse. Diese Angst fasst Dündar mit einem Bild des 2007 ermordeten armenisch-türkischen Journalisten Hrant Dink in den Satz, in seinem Herzen flatterten "unruhige Tauben". Die Unruhe bleibt, den Einsatz für die bedrängte türkische Demokratie führt Dündar von Deutschland aus fort.

cmei.

Can Dündar: "Verräter". Von Istanbul nach Berlin. Aufzeichnungen im deutschen Exil.

Hoffmann und Campe Verlag, Hamburg 2017. 192 S., geb., 20,- [Euro].

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»(...) lesenswertes Buch.« Andreas Heimann dpa, 10.10.2017