Alexander Kinloch, exzentrischer Sproß eines alten Adelsgeschlechts, lebt in einer ehemaligen Schäferhütte als Maler im schottischen Hochland. Bis zu dem Tag, als ihn seine Mutter nach London ruft, da die Firma seines Stiefvaters dem Ruin entgegentreibt. Alexander setzt nun alles daran, um den Bankrott abzuwehren und einer Reihe gerissener Finanzexperten auf die Schliche zu kommen. Plötzlich nimmt man ihn, den weltfremden Außenseiter, so ernst, daß man ihm nach dem Leben trachtet.
Hinweis: Dieser Artikel kann nur an eine deutsche Lieferadresse ausgeliefert werden.
Hinweis: Dieser Artikel kann nur an eine deutsche Lieferadresse ausgeliefert werden.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 27.06.1998Hopfen, Malz und Stallgeruch
Adel verpflichtet: Dick Francis' Thriller "Verrechnet"
An Alexander Kinloch könnte sich Ernst August, der prügelnde Welfenprinz, ein Beispiel nehmen. Der 29jährige "Sohn des (toten) vierten Sohns eines Grafen" aus Schottland steht zwar einige Sprossen tiefer auf der Adelsleiter als der Welfe. Aber dafür hat der fiktive Held im neuen Thriller von Dick Francis dem realen Deutschen eine charakterliche Gutartigkeit voraus, wie man sie in dieser edlen Ausprägung kaum in der Bibel findet. Wenn Alexander "Al" Kinloch, was in "Verrechnet" einige Male vorkommt, geschlagen wird, hält er den Widersachern zwar nicht die andere Wange hin; doch schlägt er nie zurück. Allenfalls schubst er den Angreifer ein wenig von sich und sperrt ihn, wenn er denn schon gestolpert ist und sich den Kopf angeschlagen hat, zur Ruhigstellung für eine Weile in eine Pferdebox.
Bei Francis, der englischer Champion-Jockey war, ehe er mit dem Schreiben von Kriminalromanen begann, sind Pferdeboxen nie weit von der Hand; nahezu alle seine Romane befassen sich mit Pferden und Reitern, Rennsport und krummen Touren auf diesem Felde. In "Verrechnet" allerdings spielen die Pferde nur noch eine Nebenrolle. Alexander Kinloch, eine jener strahlenden Heldenfiguren ohne Fehl und Tadel, die Francis' Geschichten trotz körperlicher Versehrungen ins Happy-End bringen, ist Maler, anscheinend ein guter. Seiner Unabhängigkeit wegen hat er sich von einer Reitstallbesitzerin scheiden lassen; doch hat die Liebe des Paares unter Scheidung und Trennung nur unwesentlich gelitten. Unbesorgt um Konventionen, lebt Kinloch am Rande der Zivilisation im schottischen Hochland, in einer ehemaligen Schäferhütte ohne elektrischen Strom und fließendes Wasser. Zu Beginn der Handlung erreicht ihn die Nachricht, daß sein Stiefvater Ivan George Westering - "Baronet, Bierbrauer, Stütze des britischen Jockey-Clubs" - einen Herzinfarkt erlitten habe. Obwohl Kinlochs Verhältnis zu seinem Stiefvater nicht besonders herzlich ist, verläßt er Berge und Staffelei, um seiner Mutter beizustehen. Aber noch bevor er abreisen kann, wird er vor seiner Hütte überfallen und schwer zusammengeschlagen, von einem Ganoven-Quartett, das offenbar etwas Wertvolles bei ihm sucht.
Der Überfall ist das brutale Zwischenspiel eines Gaunerstücks, das schon den Herzinfarkt des Bierbrauers Westering ausgelöst hat. Der (spurlos verschwundene) Finanzchef der Brauerei hat das Unternehmen ausgeplündert, indem er seine Guthaben in Millionenhöhe über mehrere Stationen auf Nummernkonten irgendwo in der Welt transportiert hat; nun ist die Brauerei, eine der angesehensten im Königreich, so gut wie pleite.
Der gutmütige Alexander Kinloch, vom kranken Stiefvater gegen dessen eigene Familie mit allen Vollmachten ausgestattet, macht sich nicht nur daran, die Brauerei vor dem Untergang zu retten. Er versteckt auch die beiden Kostbarkeiten, die dem kranken (und bald toten) Baronet noch geblieben sind, vor den Gläubigern und den raffgierigen Erben: einen kiloschweren, edelsteinbesetzten Pokal und ein hochklassiges Rennpferd; so kommt denn doch noch ein wenig Stallgeruch zwischen die Buchseiten. Und weil er einmal angefangen hat mit dem Verstecken wertvoller Dinge, bringt Al für einen Onkel, das gräfliche Oberhaupt der Kinloch-Sippe, gleich noch eine Antiquität von unschätzbarem Wert in Sicherheit, die zwar nicht die Begehrlichkeit von Ganoven, wohl aber das Interesse der staatlichen Denkmalschützer geweckt hat: den Knauf des Zeremonialschwertes, "mit dem sich Prinz Charles Edward" im Jahre 1740 "zum rechtmäßigen König Englands und Schottlands hatte krönen lassen wollen".
Wie üblich bei Francis muß der Held, ein Geistesverwandter des biblischen Hiob, eine Menge erdulden, ehe er die Welt gerettet und die Familienangelegenheiten wieder ins Lot gebracht hat. Obwohl Francis dem Leser dabei einiges an Gutgläubigkeit abverlangt, läßt man sich die Lektüre keinen Augenblick verdrießen. Abgesehen von der schier übermenschlichen Güte des Helden hat Francis' Geschichte, ein modernes Märchen für Erwachsene, keine Schwächen. Ihre Windungen sind logisch konstruiert. Der lakonische Witz der Sprache, die das Unwahrscheinliche mit sanftem Understatement und das Banale mit leichter Ironie präsentiert, nimmt den Leser noch in Passagen gefangen, die anderen Autoren in den sauren Kitsch entgleiten. Francis meistert sie so souverän, wie er vor Jahrzehnten seine Pferde als Sieger ins Ziel brachte, ehe ein mysteriöser Unfall seiner Jockeykarriere ein Ende setzte und ihn zum Schreiben brachte. JOCHEN SCHMIDT
Dick Francis: "Verrechnet". Roman. Aus dem Englischen übersetzt von Malte Krutzsch. Diogenes Verlag, Zürich 1998. 388 S., geb., 44,- DM.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Adel verpflichtet: Dick Francis' Thriller "Verrechnet"
An Alexander Kinloch könnte sich Ernst August, der prügelnde Welfenprinz, ein Beispiel nehmen. Der 29jährige "Sohn des (toten) vierten Sohns eines Grafen" aus Schottland steht zwar einige Sprossen tiefer auf der Adelsleiter als der Welfe. Aber dafür hat der fiktive Held im neuen Thriller von Dick Francis dem realen Deutschen eine charakterliche Gutartigkeit voraus, wie man sie in dieser edlen Ausprägung kaum in der Bibel findet. Wenn Alexander "Al" Kinloch, was in "Verrechnet" einige Male vorkommt, geschlagen wird, hält er den Widersachern zwar nicht die andere Wange hin; doch schlägt er nie zurück. Allenfalls schubst er den Angreifer ein wenig von sich und sperrt ihn, wenn er denn schon gestolpert ist und sich den Kopf angeschlagen hat, zur Ruhigstellung für eine Weile in eine Pferdebox.
Bei Francis, der englischer Champion-Jockey war, ehe er mit dem Schreiben von Kriminalromanen begann, sind Pferdeboxen nie weit von der Hand; nahezu alle seine Romane befassen sich mit Pferden und Reitern, Rennsport und krummen Touren auf diesem Felde. In "Verrechnet" allerdings spielen die Pferde nur noch eine Nebenrolle. Alexander Kinloch, eine jener strahlenden Heldenfiguren ohne Fehl und Tadel, die Francis' Geschichten trotz körperlicher Versehrungen ins Happy-End bringen, ist Maler, anscheinend ein guter. Seiner Unabhängigkeit wegen hat er sich von einer Reitstallbesitzerin scheiden lassen; doch hat die Liebe des Paares unter Scheidung und Trennung nur unwesentlich gelitten. Unbesorgt um Konventionen, lebt Kinloch am Rande der Zivilisation im schottischen Hochland, in einer ehemaligen Schäferhütte ohne elektrischen Strom und fließendes Wasser. Zu Beginn der Handlung erreicht ihn die Nachricht, daß sein Stiefvater Ivan George Westering - "Baronet, Bierbrauer, Stütze des britischen Jockey-Clubs" - einen Herzinfarkt erlitten habe. Obwohl Kinlochs Verhältnis zu seinem Stiefvater nicht besonders herzlich ist, verläßt er Berge und Staffelei, um seiner Mutter beizustehen. Aber noch bevor er abreisen kann, wird er vor seiner Hütte überfallen und schwer zusammengeschlagen, von einem Ganoven-Quartett, das offenbar etwas Wertvolles bei ihm sucht.
Der Überfall ist das brutale Zwischenspiel eines Gaunerstücks, das schon den Herzinfarkt des Bierbrauers Westering ausgelöst hat. Der (spurlos verschwundene) Finanzchef der Brauerei hat das Unternehmen ausgeplündert, indem er seine Guthaben in Millionenhöhe über mehrere Stationen auf Nummernkonten irgendwo in der Welt transportiert hat; nun ist die Brauerei, eine der angesehensten im Königreich, so gut wie pleite.
Der gutmütige Alexander Kinloch, vom kranken Stiefvater gegen dessen eigene Familie mit allen Vollmachten ausgestattet, macht sich nicht nur daran, die Brauerei vor dem Untergang zu retten. Er versteckt auch die beiden Kostbarkeiten, die dem kranken (und bald toten) Baronet noch geblieben sind, vor den Gläubigern und den raffgierigen Erben: einen kiloschweren, edelsteinbesetzten Pokal und ein hochklassiges Rennpferd; so kommt denn doch noch ein wenig Stallgeruch zwischen die Buchseiten. Und weil er einmal angefangen hat mit dem Verstecken wertvoller Dinge, bringt Al für einen Onkel, das gräfliche Oberhaupt der Kinloch-Sippe, gleich noch eine Antiquität von unschätzbarem Wert in Sicherheit, die zwar nicht die Begehrlichkeit von Ganoven, wohl aber das Interesse der staatlichen Denkmalschützer geweckt hat: den Knauf des Zeremonialschwertes, "mit dem sich Prinz Charles Edward" im Jahre 1740 "zum rechtmäßigen König Englands und Schottlands hatte krönen lassen wollen".
Wie üblich bei Francis muß der Held, ein Geistesverwandter des biblischen Hiob, eine Menge erdulden, ehe er die Welt gerettet und die Familienangelegenheiten wieder ins Lot gebracht hat. Obwohl Francis dem Leser dabei einiges an Gutgläubigkeit abverlangt, läßt man sich die Lektüre keinen Augenblick verdrießen. Abgesehen von der schier übermenschlichen Güte des Helden hat Francis' Geschichte, ein modernes Märchen für Erwachsene, keine Schwächen. Ihre Windungen sind logisch konstruiert. Der lakonische Witz der Sprache, die das Unwahrscheinliche mit sanftem Understatement und das Banale mit leichter Ironie präsentiert, nimmt den Leser noch in Passagen gefangen, die anderen Autoren in den sauren Kitsch entgleiten. Francis meistert sie so souverän, wie er vor Jahrzehnten seine Pferde als Sieger ins Ziel brachte, ehe ein mysteriöser Unfall seiner Jockeykarriere ein Ende setzte und ihn zum Schreiben brachte. JOCHEN SCHMIDT
Dick Francis: "Verrechnet". Roman. Aus dem Englischen übersetzt von Malte Krutzsch. Diogenes Verlag, Zürich 1998. 388 S., geb., 44,- DM.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Francis wieder einmal "at his best"
Nicht ein Rätsel, derer mehrere gilt es zu lösen - natürlich spielt Geld eine Rolle, Pferde, Rennen und wieder einmal das, was dem Miteinander von Menschen die größte Würze gibt: Zuneigung auf der einen, Neid auf der anderen Seite.
Kaum ein Autor, dem es wie dem englischen Bestsellerautor gelingt, seine Helden mit solcher Nonchalance körperlich leiden zu lassen, ohne ihren starken Willen und noch stärkeren trockenen Humor zu brechen. Man möchte noch recht viel von ihm lesen! (Michaela Pelz, krimi-forum.de)
"Für alle Liebhaber amüsanter und dennoch spannender Kriminalliteratur ist dieser neue Roman von Dick Francis ein Muß. Denn einmal mehr beweist der große alte Meister aus England, daß dieses Genre viele Facetten hat - und daß Komik und Dramatik auch im Thriller eine unterhaltsame Verbindung eingehen können."(Norddeutscher Rundfunk)
"Der lockere Humor, der sich zu den vertrauten literarischen Qualitäten gesellt, macht Verrechnet zu Francis` bisher bestem Buch."(Westdeutsche Allgemeine)
"Ein Wurf - unterhaltsam, spannend, ironisch; ein wunderbar versöhnliches Buch in der schrillen Welt der Thriller."(SonntagsZeitung)
"Dick Francis` Roman hat keine Schwächen. Wie früher seine Pferde steuert Dick Francis heute seine Bücher als Sieger ins Ziel, den neuen Roman Verrechnet nicht ausgenommen."(Radio Bremen)
Nicht ein Rätsel, derer mehrere gilt es zu lösen - natürlich spielt Geld eine Rolle, Pferde, Rennen und wieder einmal das, was dem Miteinander von Menschen die größte Würze gibt: Zuneigung auf der einen, Neid auf der anderen Seite.
Kaum ein Autor, dem es wie dem englischen Bestsellerautor gelingt, seine Helden mit solcher Nonchalance körperlich leiden zu lassen, ohne ihren starken Willen und noch stärkeren trockenen Humor zu brechen. Man möchte noch recht viel von ihm lesen! (Michaela Pelz, krimi-forum.de)
"Für alle Liebhaber amüsanter und dennoch spannender Kriminalliteratur ist dieser neue Roman von Dick Francis ein Muß. Denn einmal mehr beweist der große alte Meister aus England, daß dieses Genre viele Facetten hat - und daß Komik und Dramatik auch im Thriller eine unterhaltsame Verbindung eingehen können."(Norddeutscher Rundfunk)
"Der lockere Humor, der sich zu den vertrauten literarischen Qualitäten gesellt, macht Verrechnet zu Francis` bisher bestem Buch."(Westdeutsche Allgemeine)
"Ein Wurf - unterhaltsam, spannend, ironisch; ein wunderbar versöhnliches Buch in der schrillen Welt der Thriller."(SonntagsZeitung)
"Dick Francis` Roman hat keine Schwächen. Wie früher seine Pferde steuert Dick Francis heute seine Bücher als Sieger ins Ziel, den neuen Roman Verrechnet nicht ausgenommen."(Radio Bremen)
»Es gibt wohl keinen anderen Kriminalautor, der ein bestimmtes Thema in so vielen, spannenden Variationen vorgeführt hat.« Freie Presse Freie Presse