Produktdetails
- suhrkamp taschenbuch 3271
- Verlag: Suhrkamp
- 12. Aufl.
- Seitenzahl: 375
- Deutsch
- Abmessung: 189mm x 118mm x 24mm
- Gewicht: 350g
- ISBN-13: 9783518397718
- ISBN-10: 3518397710
- Artikelnr.: 09445920
- Herstellerkennzeichnung Die Herstellerinformationen sind derzeit nicht verfügbar.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 16.05.2003Tanz den Mussolini
Jürgen Teipel in der Darmstädter Centralstation auf Punk-Lesereise
Nein, Jürgen Teipel möchte nicht für immer Punk sein. Schon drei Lesereisen hat der Autor des Doku-Romans "Verschwende deine Jugend" hinter sich, etwa 80mal hat er diesen "Volkshochschulkurs über Punk in Deutschland" schon gegeben. 1998 begann Teipel mit etwa 100 Protagonisten der New-Wave- und Punkjahre Interviews zu führen. Im Jahr 2001 erschien das Buch, das der Autor nach einem Stück der "Deutsch Amerikanischen Freundschaft" benannt hat. Teipels Vortrag in der Darmstädter Centralstation ist selbst fast ein Kunstwerk - eine virtuose Montage aus Musik, Diaüberblendungen mit Originalfotografien der Musiker und eingespielten Interviewpassagen.
"Verschwende deine Jugend" ist ein Multiperspektivroman über eine kurze Zeitspanne, die in der Retrospektive so ungemein spannend erscheint, auch wenn etwa Moritz Reichelt, der Düsseldorfer Maler und Musiker der Avantgardeband "Der Plan", in Teipels Buch erzählt: "Wenn man heute an die siebziger Jahre denkt, denkt man immer an schicke Stile. Mode. Möbel. Aber geistig war das in Deutschland eine ganz finstre Zeit. Man spürte noch dieses fürchterliche Nachkriegsdeutschland." Die "Deutsch Amerikanische Freundschaft" probte in den späten Siebzigern den Aufstand - mit Posen und Tönen, die tatsächlich aufregend und neu waren. "Tanz den Mussolini" skandierte Gabi Delgado-Lopez im hektischen Sprechgesang, der schon vorher als Tänzer von "Mittagspause" zu Ruhm gekommen war, und Robert Görl steuerte den monoton-treibenden Maschinenbeat bei.
Punk in Deutschland ist die Geschichte einer stark segmentierten, störrischen Anti-Hippie-Jugendbewegung, die Anfang der achtziger Jahre unübersichtlich wurde, ins Seichte abglitt und heute als dekorativer Modestil ein Revival erfährt. Was Punk eigentlich ist, wisse er bis heute nicht, sagt Teipel - und findet seine Lesereisen "eher unpunkig". Tatsächlich gibt es kaum Gemeinsamkeiten zwischen der Krachkultur der "Einstürzenden Neubauten", dem hysterischen New Wave der Düsseldorfer "Fehlfarben", Andreas Doraus Minimalelektronik und dem spaßigen Pogo-Punk des "KFC", aus dem später die "Toten Hosen" wurden. "In sieben Tagen ist Schluß damit", sagt Teipel am Ende seines Punk-Kurses, denn er möchte bloß nicht zum "Doktor Punk auf Lebenszeit" werden. Denn Punk war in den frühen Jahren alles andere als akademische Wiederholung.
MARC PESCHKE
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Jürgen Teipel in der Darmstädter Centralstation auf Punk-Lesereise
Nein, Jürgen Teipel möchte nicht für immer Punk sein. Schon drei Lesereisen hat der Autor des Doku-Romans "Verschwende deine Jugend" hinter sich, etwa 80mal hat er diesen "Volkshochschulkurs über Punk in Deutschland" schon gegeben. 1998 begann Teipel mit etwa 100 Protagonisten der New-Wave- und Punkjahre Interviews zu führen. Im Jahr 2001 erschien das Buch, das der Autor nach einem Stück der "Deutsch Amerikanischen Freundschaft" benannt hat. Teipels Vortrag in der Darmstädter Centralstation ist selbst fast ein Kunstwerk - eine virtuose Montage aus Musik, Diaüberblendungen mit Originalfotografien der Musiker und eingespielten Interviewpassagen.
"Verschwende deine Jugend" ist ein Multiperspektivroman über eine kurze Zeitspanne, die in der Retrospektive so ungemein spannend erscheint, auch wenn etwa Moritz Reichelt, der Düsseldorfer Maler und Musiker der Avantgardeband "Der Plan", in Teipels Buch erzählt: "Wenn man heute an die siebziger Jahre denkt, denkt man immer an schicke Stile. Mode. Möbel. Aber geistig war das in Deutschland eine ganz finstre Zeit. Man spürte noch dieses fürchterliche Nachkriegsdeutschland." Die "Deutsch Amerikanische Freundschaft" probte in den späten Siebzigern den Aufstand - mit Posen und Tönen, die tatsächlich aufregend und neu waren. "Tanz den Mussolini" skandierte Gabi Delgado-Lopez im hektischen Sprechgesang, der schon vorher als Tänzer von "Mittagspause" zu Ruhm gekommen war, und Robert Görl steuerte den monoton-treibenden Maschinenbeat bei.
Punk in Deutschland ist die Geschichte einer stark segmentierten, störrischen Anti-Hippie-Jugendbewegung, die Anfang der achtziger Jahre unübersichtlich wurde, ins Seichte abglitt und heute als dekorativer Modestil ein Revival erfährt. Was Punk eigentlich ist, wisse er bis heute nicht, sagt Teipel - und findet seine Lesereisen "eher unpunkig". Tatsächlich gibt es kaum Gemeinsamkeiten zwischen der Krachkultur der "Einstürzenden Neubauten", dem hysterischen New Wave der Düsseldorfer "Fehlfarben", Andreas Doraus Minimalelektronik und dem spaßigen Pogo-Punk des "KFC", aus dem später die "Toten Hosen" wurden. "In sieben Tagen ist Schluß damit", sagt Teipel am Ende seines Punk-Kurses, denn er möchte bloß nicht zum "Doktor Punk auf Lebenszeit" werden. Denn Punk war in den frühen Jahren alles andere als akademische Wiederholung.
MARC PESCHKE
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Die im Buch verwendete "bewährte Form" der Interview-Montage scheint Karl Bruckmaier in seiner Rezension gleich noch einmal austesten zu wollen. Von einem "großen Buch über die Jahre des Punk und der Neuen Deutschen Welle ist da die Rede," dann folgt eine Art "best of"-Teipel: Von 1981, als die Stars der Hitparade Roland Kaiser und Paola hießen, über '82, als Punk zum Marketingkonzept wurde, bis zum Ende des NDW-Sommers mit Nena als Ausklang. Aber das wollen wir, wenn das Buch, dieser "sich oft widersprechende, aber nachvollziehbare Monolog einer Generation" wirklich so "atemberaubend spannend" ist, wie der Rezensent es beschwört, dann lieber von Teipel hören.
© Perlentaucher Medien GmbH
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