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Sarajevo, 28. Juni 1914: Der serbische Gymnasiast Gavrilo Princip erschießt den österreichischen Thronfolger Franz Ferdinand und dessen Gattin. Das Attentat dient der Habsburgermonarchie als Anlass, um Serbien anzugreifen - und führt damit geradewegs in den Ersten Weltkrieg. Was trieb den Todesschützen von Sarajevo an, was radikalisierte ihn und ließ ihn zum Attentäter werden? Im Mittelpunkt stehen Phänomene mit verblüffendem Aktualitätsgehalt: Okkupation, gescheiterte Staaten, Terrorismus. Gregor Mayer zieht Parallelen zwischen der damaligen weltpolitischen Unübersichtlichkeit - ihren…mehr

Produktbeschreibung
Sarajevo, 28. Juni 1914: Der serbische Gymnasiast Gavrilo Princip erschießt den österreichischen Thronfolger Franz Ferdinand und dessen Gattin. Das Attentat dient der Habsburgermonarchie als Anlass, um Serbien anzugreifen - und führt damit geradewegs in den Ersten Weltkrieg. Was trieb den Todesschützen von Sarajevo an, was radikalisierte ihn und ließ ihn zum Attentäter werden? Im Mittelpunkt stehen Phänomene mit verblüffendem Aktualitätsgehalt: Okkupation, gescheiterte Staaten, Terrorismus. Gregor Mayer zieht Parallelen zwischen der damaligen weltpolitischen Unübersichtlichkeit - ihren dramatischen Umbrüchen und Modernisierungsängsten - und der heutigen Zeit.
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Autorenporträt
Gregor Mayer geboren 1960, studierte Philosophie und Mathematik in Graz und Wien. Seit Anfang der 1990er-Jahre berichtet er für "profil", "Der Standard" und die Deutsche Presse-Agentur (dpa) aus den Ländern Mittel- und Südosteuropas. In zahlreichen Reportagen beschrieb er die Kriege in Kroatien, Bosnien-Herzegowina und im Kosovo. Von 2003 bis 2005 leitete er das dpa-Büro in Bagdad. Seit 2005 ist er dpa-Sonderkorrespondent u.a. für den Nahen Osten. Er übersetzte Werke des ungarischen Schriftstellers István Eörsi (1931-2005) ins Deutsche, darunter den Essay-Roman "Hiob und Heine. Passagiere im Niemandsland" (Klagenfurt 1999). Er lebt in Belgrad und Budapest.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Dass Gavrilo Princip und seine Mitverschwörer mehr waren als Statisten der Geschichte, hat Michael Martens schon geahnt. Welche politischen Ziele und Ideen diese Männer umtrieb, erfährt er nun, "souverän" zusammengefasst, noch einmal bei Gregor Mayer, der, wegen dünner Quellenlage zu Princip, wie Martens erklärt, gleich das Portät einer ganzen Generation und ihres intellektuellen Weges zeichnet. Was die Verschwörer wollten, woran sie glaubten, was sie wussten, lernt Martens hier. Allerdings auch, dass der Militärgeheimdienst Serbiens doch zumindest einige Fäden in der Hand hielt. Neben den bekannten Fakten entdeckt Martens im Buch auch einige neue Details. Richtig gut gefällt ihm das Buch, wenn der Autor Princip selbst zu Wort kommen lässt.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 24.06.2014

Todesschütze in Sarajevo
Biographie eines Doppelmörders: Gavrilo Princip im Juni 1914

Gavrilo Princip, der Mann, der den österreichischen Thronfolger Franz-Ferdinand und dessen Ehefrau Sophie erschoss, wird oft als Statist der Geschichte abgetan, als zufällige Figur. Dem Historiker Fritz Fischer war Princip in seinem "Griff nach der Weltmacht" (1961) auf 900 Seiten nicht einmal eine Erwähnung wert. Doch Princip und seine Mitverschwörer als bloße Instrumente zu bezeichnen, reduziert eine gesamte Generation am Balkan auf die Rolle von Erfüllungsgehilfen. Das waren die sieben jungen Männer, die sich am 28. Juni 1914 - mit Revolvern und Handgranaten aus Serbien bewaffnet - unter die in Sarajevo wartenden Zivilisten mischten, um den verhassten prospektiven Kaiser der Doppelmonarchie zu töten, jedoch wahrlich nicht. Sie hatten eigene politische Ziele und Ideen, was nicht bedeutet, dass sie nicht trotzdem instrumentalisiert worden wären. Teile des Militärgeheimdiensts im Königreich Serbien und radikale Geheimbünde machten sich den chauvinistischen Idealismus der tatendurstigen Jünglinge zunutze. Anders gesagt: Sie wurden als nützliche Idioten missbraucht.

Weil die Quellenlage zu Princip dünn ist, legt Gregor Mayer sein Buch als Porträt einer Generation und ihrer intellektuellen Entwicklung an. Wer waren die Verschwörer, was wollten sie, woran glaubten sie, was wussten sie von der Welt? Gavrilo Princip, geboren 1894, Bauernsohn aus der Hochebene von Grahovo im Westen Bosniens, war verschlossen, kränklich, intelligent. Besuch des Gymnasiums in Sarajevo, danach stetige Radikalisierung. Will sich vor der Welt beweisen. Wird Mitglied eines serbisch-kroatischen Geheimbunds unter Leitung des späteren Literaturnobelpreisträgers Ivo Andric. Sein Ziel ist die Befreiung Bosniens von habsburgischer Herrschaft und die Gründung eines gemeinsamen Staates der Südslawen. Geht 1912 zu Fuß nach Belgrad, in das unabhängige Königreich Serbien. In verrauchten Schenken der serbischen Hauptstadt wie dem bis heute existierenden "Prolece" (Frühling) reift sein Entschluss zum Attentat. Der serbische Militärgeheimdienst stellt Waffen und Munition zur Verfügung, erteilt ihm Schießunterricht. Princip ist ganz auf seine Idee fixiert. Alkohol und Tabak spielen keine Rolle für ihn, nur Bücher. Princip und seine Mitverschwörer verschlingen politische Literatur, vor allem die russischen Anarchisten und Nihilisten, von Bakunin bis Tschernyschewsky. Garibaldi, Mazzini, Thomas G. Masaryk und südslawische Freischärlerführer der Kämpfe gegen die Osmanen sind ihre Hausgötter.

Mayer fasst den Fachleuten größtenteils bereits bekannten Stoff souverän zusammen. Und manchmal, so bei seiner Reise nach Grahovo, entdeckt er unverhofft auch neue Details. Am besten ist sein Buch dort, wo Princip selbst spricht, so aus den Akten seines Prozesses vom Oktober 1914. "Ich bin kein Verbrecher, denn ich habe denjenigen beseitigt, der Böses tat. Ich denke, dass ich gut bin", sagte Princip da und nannte sich einen "jugoslawischen Nationalisten", der "die Vereinigung aller Südslawen, in welcher Staatsform auch immer und befreit von Österreich," anstrebe. Dieses Ziel sei "durch Terror" zu erreichen, indem man "diejenigen tötet, die der Vereinigung im Wege stehen und Böses tun. Das Hauptmotiv, das mein Handeln bestimmt hat, war die Rache für all das Leiden, welches mein Volk unter Österreich erdulden musste." Da Princip zum Tatzeitpunkt noch nicht 21 Jahre alt, nach damaligem Gesetz also minderjährig war, konnte der österreichisch-ungarische Rechtsstaat ihn nicht wie einige der älteren Verschwörer zum Tode verurteilen. Ausgezehrt von den elenden Haftbedingungen in der Festung Theresienstadt, starb Princip im April 1918. Wenige Monate später wurde der Staat Jugoslawien gegründet, dessen Entstehung er mit seinem Mord erfolgreich begünstigte.

MICHAEL MARTENS

Gregor Mayer: Verschwörung in Sarajevo. Triumph und Tod des Attentäters Gavrilo Princip. Residenz Verlag, St. Pölten 2014. 160 S., geb., 19,90 [Euro].

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