Für den kulturwissenschaftlich orientierten Tübinger Latinisten Hubert Cancik ist die von ihm theoretisch begründete und praktisch geübte Form der "Gesamtinterpretation" ein Ziel humanistischer wie wissenschaftlicher Bildung, das - trotz der angeblich unausweichlichen Spezialisierung - mindestens als regulatives Prinzip nicht aufgegeben werden darf. Ansonsten sieht Cancik die klassischen Texte zur schnöden Literatur degenerieren: "Eine mißverständliche Autonomie der Texte, ein oft verständlicher Argwohn, der Schlagworte wie Biographismus, Psychologismus, Historismus, Positivismus für Argumente hält, pflegen dann die Integration der Texte in ihren kulturellen Kontext - und damit letztlich ihr Verständnis - zu verhindern."
Indem Cancik zusätzlich für eine stärkere Beachtung der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Bedingtheit der Kultur plädiert, erweist sich seine Kulturwissenschaft als Kultur- bzw. Literatursoziologie. Mit der weiteren Pointe, daß die favorisierte Nüchternheit einer solchen Betrachtungsweise der Dichtung und ihrer Interpretationsgeschichte wegen geübt wird: durchaus zu deren Ehren. Die Herausgeber halten die von Cancik betriebene Literaturwissenschaft für so herausragend, daß sie auch für andere, moderne Philologien paradigmatischen Wert gewinnen könnte: Verse sind Verse und Worte eben Worte, doch bleiben diese auf Sachen bezogen, sind alle drei in soziokulturelle Verhältnisse eingebettet und reagieren auf sie. Zugleich transzendieren vor allem hochgeformte Worte, Verse, ihre Ursprungssituation, sind extrem offen für neue, spätere Kontexte, besitzen also stetige Aktualität, vorausgesetzt, es finden sich Übersetzer bzw. Interpreten in so kompetentem wie emphatischen Sinn.
Indem Cancik zusätzlich für eine stärkere Beachtung der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Bedingtheit der Kultur plädiert, erweist sich seine Kulturwissenschaft als Kultur- bzw. Literatursoziologie. Mit der weiteren Pointe, daß die favorisierte Nüchternheit einer solchen Betrachtungsweise der Dichtung und ihrer Interpretationsgeschichte wegen geübt wird: durchaus zu deren Ehren. Die Herausgeber halten die von Cancik betriebene Literaturwissenschaft für so herausragend, daß sie auch für andere, moderne Philologien paradigmatischen Wert gewinnen könnte: Verse sind Verse und Worte eben Worte, doch bleiben diese auf Sachen bezogen, sind alle drei in soziokulturelle Verhältnisse eingebettet und reagieren auf sie. Zugleich transzendieren vor allem hochgeformte Worte, Verse, ihre Ursprungssituation, sind extrem offen für neue, spätere Kontexte, besitzen also stetige Aktualität, vorausgesetzt, es finden sich Übersetzer bzw. Interpreten in so kompetentem wie emphatischen Sinn.