Bonbonpapier am Stacheldraht
Als Matt aufwacht, liegt er im Lazarett. Schädel-Hirn-Trauma nach einem Granatenangriff, sagen die Ärzte. Er selbst kann sich nicht erinnern. Er kann nur mit Mühe seine Beine bewegen, das Sprechen fällt ihm schwer, die einfachsten Wörter fallen ihm nicht mehr ein. Nur ein Bild hat er immer wieder vor Augen: Ali - der irakische Junge, mit dem er sich angefreundet hat -, wie er von den Füßen gerissen wird, erst mit einem Ausdruck von Glück, dann von Entsetzen im Gesicht. Was ist geschehen?
Ein Buch über den Krieg im Irak, erschütternd und spannend wie ein Krimi.
Als Matt aufwacht, liegt er im Lazarett. Schädel-Hirn-Trauma nach einem Granatenangriff, sagen die Ärzte. Er selbst kann sich nicht erinnern. Er kann nur mit Mühe seine Beine bewegen, das Sprechen fällt ihm schwer, die einfachsten Wörter fallen ihm nicht mehr ein. Nur ein Bild hat er immer wieder vor Augen: Ali - der irakische Junge, mit dem er sich angefreundet hat -, wie er von den Füßen gerissen wird, erst mit einem Ausdruck von Glück, dann von Entsetzen im Gesicht. Was ist geschehen?
Ein Buch über den Krieg im Irak, erschütternd und spannend wie ein Krimi.
Die Geschichten eines jungen amerikanischen Soldaten, der im Irak-Krieg in einen Anschlag verwickelt wird
Als der U.S.-Soldat Matt Duffy in einem Militärkrankenhaus aufwacht, ist er zunächst erleichtert: Abgesehen von einem Schädel-Hirn-Trauma hat er den Granatenangriff während einer Patrouille in den Straßen von Bagdad körperlich nahezu unversehrt überstanden, auch wenn er sich anfangs kaum an den Vorfall erinnern kann. Gemeinsam mit anderen Soldaten befindet er sich in einem U.S.-Militärkrankenhaus in Bagdad. Wäre er schwerer verwundet worden, so teilen ihm die Ärzte mit, hätte man ihn direkt in das Lazarett nach Landstuhl in Deutschland geschickt.
Während bei Matt langsam die Erinne-rung zurückkehrt, wachsen seine Zwei-fel an der offiziellen Version des Vor-falls: Hat sein Kamerad Justin, der seinen Vater so gerne mit einem Orden beeindrucken möchte, wirklich sein Leben riskiert, um ihn aus der Gefahrenzone zu retten, wie er es Matt gegenüber behauptet? Zusätzlich verfolgen ihn die bruchstückhaften Erinnerungen an eine Szene mit einem kleinen Jungen, die sich während des Anschlags abspielte. „Das Kind erhob sich in die Luft, ruderte mit den Armen, als würde es schwimmen. Es wirkte überrascht, dann verwirrt, dann unsagbar verängstigt, als es in den türkisfarbenen Himmel geschleudert wurde, höher und höher, bis Matt nur noch seine Schuhsohlen sehen konnte.“ Als er schließlich erfährt, dass der Junge – Ali – bei dem Angriff erschossen wurde, macht sich in ihm quälende Ungewissheit breit: Hat er Ali, der sich oft in der Nähe des Stützpunkts herumtrieb, in der Hektik des Angriffs versehentlich erschossen? Als er sich mit seinen Schuldgefühlen an seine Kameraden wendet, muss er jedoch erkennen, dass niemand daran interessiert ist, die Hintergründe des Vorfalls zu ermitteln – weder der für seine medizinische Bewertung zuständige Offizier, noch die Militärpolizei, die ihn zu dem Anschlag befragt. Matt begreift bald, dass das Militär sich bereits eine eigene Darstellung der Ereignisse zugelegt hat, in der seine eigenen Zweifel und Gewissensbisse keinen Platz haben. Für die Armee ist er ein Kriegsheld, dem man aufgrund seiner im Kampf erlittenen Verletzungen einen Orden, das Purple Heart, verliehen hat.
Dass Patricia McCormick mit Versehrt ein außergewöhnlicher Roman über den Irak-Krieg gelungen ist, zeigt sich vor allem daran, dass sie bewusst ohne eine klare Zuschreibung von Opfern und Tätern auskommt. Man erlebt den Krieg aus der Perspektive eines jungen amerikanischen Soldaten, der an dem Gedanken zu zerbrechen droht, für den Tod eines unschuldigen Jungen verantwortlich zu sein. Dahinter verbirgt sich jedoch das eigentliche Grauen dieses Krieges, nämlich die Ungewissheit darüber, wer nun Freund ist und wer Feind, wer Gegner ist und wer unschuldiges Opfer. Jene Ungewissheit ist es, die dem Protagonisten zusetzt und ihn letztlich zum Kriegsversehrten macht, auch wenn er dabei körperlich unverletzt bleibt. (ab 13 und junge Erwachsene) BJÖRN BUDDE
PATRICIA McCORMICK: Versehrt . Aus dem Amerikanischen von Alexandra Ernst. Fischer Taschenbuch 2011. 192 Seiten, 13,95 Euro.
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