Ein Blick nach links, ein Blick nach rechts, ein rasches Beiseitetreten: Ob man nun im Wald oder im Getümmel der Großstadt steht, ab und zu ist es notwendig, schnell ein Versteck zu finden. Das Böse der Welt, die guten Nachbarn, die Familie, der Alltag und die eigenen Unzulänglichkeiten lösen Fluchtreflexe aus. Da ist gut beraten, wer sich rechtzeitig nach Möglichkeiten des Abtauchens umsieht. Petri Tamminen findet sie fast überall: So ist dem ausgebrannten Unternehmensberater die Flughafentoilette ein seelischer Schutzraum; in der Fischerhütte können verantwortungsvolle Familienväter endlich wieder Schwein sein; auf den Dachboden dringt der Lärm der Welt nur gedämpft herauf; im Trubel der eigenen Geburtstagsfeier hilft es, im Hinterzimmer auszuharren. Auch die Suche nach einer guten Wohnung, einem guten Café, einem guten Buch basiert wohl auf der Sehnsucht nach den Kleiderschrankverstecken der Kindheit. Im Versteck kann man alten Gedanken nachhängen, Augenblicke zur Ewigkeit werden lassen, zur Ruhe und zu sich kommen. Oder sich finden lassen. Danach tritt man gestärkt hervor, setzt ein passendes Gesicht auf und begegnet den Anforderungen mit neuer Gelassenheit.
In 42 eigenwilligen Prosastücken, zum Teil melancholiegetränkt, zum Teil mit lakonisch-finnischem Humor gesegnet, wie wir ihn aus seinem Roman Der Eros des Nordens kennen, erschließt uns Petri Tamminen eine ganze Welt voller Verstecke.
"Es ist fast unmöglich, in der Not auf ein Versteck zu kommen, das nichts mit dem früheren Leben zu tun hat."
In 42 eigenwilligen Prosastücken, zum Teil melancholiegetränkt, zum Teil mit lakonisch-finnischem Humor gesegnet, wie wir ihn aus seinem Roman Der Eros des Nordens kennen, erschließt uns Petri Tamminen eine ganze Welt voller Verstecke.
"Es ist fast unmöglich, in der Not auf ein Versteck zu kommen, das nichts mit dem früheren Leben zu tun hat."
Perlentaucher-Notiz zur TAZ-Rezension
Begeistert schreibt Rezensent Jörg Magenau von Petri Tamminens finnischer Abseitigkeit. Tamminen suche nach Orten, an denen man verschwinden könne, egal ob man dort tatsächlich allein ist oder unter Menschen. Wie der Rezensent erklärt, richtet sich dieser ratgeberähnliche Band jedoch nicht an den Verfolgten, der sich verstecken muss, sondern an den tumultgeplagten Gesellschaftsmenschen, dem es freisteht zu verschwinden - also an den, der sich verweigert. In Tamminens kurzen Prosastücken mache der Leser Bekanntschaft mit dem klassischen Dachbodenversteck, aber auch mit der letzten Reihe einer Dichterlesung, einer luxuriösen Behindertentoilette oder dem sozial exponierten Reihenhaus, dessen nächtliche Stille die Wonne des Versteckes verspricht. Für Tamminen sei das Versteck ein spezifisch literarisches Motiv insofern, als jegliche Beobachtung von außen außerstande sei über den inneren Zustand des Sich Versteckenden Aufschluss zu geben. Und in der Tat, der Literarizität des Verstecks kann der angetane Rezensent angesichts dieses Bandes nur zupflichten. Das Einzige, was man diesem Buch vorwerfen könnte, sei so viele schöne Verstecke verraten und ihnen somit ein klein wenig ihre Seele geraubt zu haben.
© Perlentaucher Medien GmbH
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