Die Erinnerung an den Krieg prägte die deutsche Gesellschaft nach 1918. Doch diese Erinnerung war umkämpft. Sozialdemokratische Kriegsveteranen hatten auf diesem Feld eine eigene Stimme. Aus der Perspektive der linken Kriegsveteranen ergeben sich grundlegend neue Einsichten in die historischen Bedingungen für die Stabilität und Zerstörung der Weimarer Republik. Sozialdemokratische Kriegsveteranen nutzten die demokratische Öffentlichkeit der Republik, um ihre eigene, pazifistische Deutung des Krieges zu vertreten. Sie machten Weimar zu ihrer Republik, die sie gegen den heroischen Nationalismus der Rechten verteidigten. Die kulturhistorische Studie von Benjamin Ziemann analysiert die Medien und symbolischen Formen republikanischer Kriegserinnerung.
Perlentaucher-Notiz zur TAZ-Rezension
Ulrich Schröder exzerpiert Ziemanns Studie über die Rolle der Veteranen aus dem Ersten Weltkrieg für die Weimarer Republik. Der üblichen Auffassung, die gesellschaftlich verrohten Soldaten hätten einen maßgeblichen Anteil an Militarisierung und Scheitern der ersten Demokratie in Deutschland geleistet, tritt der Historiker dabei entschieden entgegen: Die beiden größten Veteranenverbände rekrutierten ihre Mitglieder vor allem aus der Arbeiterschaft und waren, trotz einiger, auch von Ziemann vorgelegter Kritikpunkte, im wesentlichen sozialdemokratisch sowie pazifistisch orientiert, berichtet der Kritiker von seiner Lektüre. Auch befürworteten sie den Waffenstillstand und richteten sich später gegen die aus der politischen Führung lancierte Dolchstoßlegende. Inwiefern Schröder zu dem Buch steht, lässt sich anhand seiner Zusammenfassung von Ziemanns Thesen zwar nicht klar erkennen; der ganz am Ende äußerst lakonisch fallende Hinweis, dass Ziemann das unter Historikern mittlerweile verpönte Wort "Machtergreifung" verwendet, lässt jedoch zumindest vorsichtig auf kleinere Vorbehalte schließen.
© Perlentaucher Medien GmbH
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