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[Vi t Nam, mon amour Viet Nam, mon amour Vietnam, mon amour]

Produktbeschreibung
[Vi t Nam, mon amour Viet Nam, mon amour Vietnam, mon amour]
Autorenporträt
Dietl, Harald§Deutscher Theater- und Filmschauspieler, Synchronsprecher und Schriftsteller
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 26.03.2015

Zwischen Ritual und Pflichtprogramm

Der Schauspieler und Autor Harald Dietl porträtiert in einem impressionistischen Manifest der Sinne die Erlebnisse zweier Vietnam-Reisen, die er miteinander vergleicht, ineinander verschränkt und zu einer Hommage an das Land der Reisfelder zwischen Anmut und Aufbruch bündelt. Die erste führte ihn 1977, zwei Jahre nach Kriegsende, durch das wiedervereinigte, aber von seelischen und materiellen Narben, Wundmalen und Gräben durchzogene Land, die zweite 2003 mit einem undogmatischen Dolmetscher auf ähnliche Route dies- und jenseits des 17. Breitengrads. Dietl schildert Vietnams ewigen Status als Spielball und Abwehrkämpfer zwischen Interessen und Ideologien: Da wären der französische Kolonialismus, die japanische Besatzung und Ausrufung der Demokratischen Republik Vietnam 1945, der erste Indochina-Krieg und die Teilung Vietnams bis zum Vietnam-Krieg. Als Teilnehmer einer der ersten Touristengruppen nach dem Krieg absolviert Dietl Rituale und Pflichtprogramme wie Besuche von Revolutionsmuseen oder des Mausoleums des Staatsgründers, "Frankreichs Bezwinger und Amerikas Fluch" Ho Tschi Minh, lässt sich aber auch in Gesprächen mit Südvietnamesen von den drakonischen Straf- und Erziehungsmaßnahmen des siegreichen Nordens erzählen und Irrwegen der "Boatpeople", die heute als Investoren wieder willkommen sind. Als Archäologe der Erinnerung sucht Dietl nach Relikten und Hinterlassenschaften in Natur und Kultur von Kolonialismus und Krieg: "In manchen Kratern suhlten sich Wasserbüffel, in anderen gedieh Reis, die Höhen bedeckte ein schwacher, nachgewachsener Flaum, den die Einheimischen ,American grass' nannten." Inmitten der modernen Metropolen, "Menschensilos" und Trabantenstädten des potentiellen Tigerstaats konstatiert Dietl in unserer Zeit vor allem Geschichtsvergessenheit. Immer wieder gleicht er deshalb im Wechsel der Erzählebenen das 2003 Erlebte mit Tagebucheinträgen von 1977 ab. Neben bedrückender Vergangenheit finden sich jedoch auch berückende Exkurse zum "schwerelosen Lebensstil" und Volkscharakter der als Garküchenmeister oder Transportkünstler - auf einer Vespa findet die ganze Familie Platz - bekannten Vietnamesen oder zum Heiratsmarkt in den Hoang -Lien-Bergen. So gibt das Buch fernab der kolonialen Nostalgiefalle oder gar des Kriegstourismus fundierte und komprimierte Einblicke in ein bei aller Zerrissenheit zukunftsorientiertes Land.

sg

"VietNam, mon Amour. Bericht zweier Reisen" von Harald Dietl. Verlag Bibliothek der Provinz, Weitra 2014. 132 Seiten, einige Abbildungen. Broschiert, 15 Euro.

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