Väter, Mütter und Dämonen - Roman Ehrlich beschreibt eine Jugend in den Neunzigern
»Videotime«, so hieß die Videothek, in der Roman Ehrlichs Erzähler mit seinem Vater zahllose Filme auslieh, um sie zu Hause auf Leerkassetten zu überspielen. Es sind die neunziger Jahre in einer bayerischen Kleinstadt, deren scheinbar friedliche Ordnung vom Unheimlichen der Filme in ein anderes, fremdartiges Licht getaucht wird. Was zum Beispiel war damals mit den Vätern und Müttern los, die in Justizvollzugsanstalten oder Autohäusern arbeiteten und in ihrer Freizeit die eigenen Kinder auf dem Tennisplatz mit harten Drills trainierten oder hoffnungslos dem Zucker verfallen waren? Welche Rolle spielte man selbst dabei, wenn man jung war und die eigene Welt nur so zu wimmeln schien von Außerirdischen und Besessenen? »Videotime« ist eine Geschichte in auffallend schöner Sprache über die Gesichter und Leerstellen, die sich hinter unseren Masken und Selbstbildern verbergen. Ein beeindruckender, mit großer Souveränität erzählter Roman, der die Frage aufwirft, in welcher Zeit und Welt wir eigentlich leben - und in welcher Haut.
»Videotime«, so hieß die Videothek, in der Roman Ehrlichs Erzähler mit seinem Vater zahllose Filme auslieh, um sie zu Hause auf Leerkassetten zu überspielen. Es sind die neunziger Jahre in einer bayerischen Kleinstadt, deren scheinbar friedliche Ordnung vom Unheimlichen der Filme in ein anderes, fremdartiges Licht getaucht wird. Was zum Beispiel war damals mit den Vätern und Müttern los, die in Justizvollzugsanstalten oder Autohäusern arbeiteten und in ihrer Freizeit die eigenen Kinder auf dem Tennisplatz mit harten Drills trainierten oder hoffnungslos dem Zucker verfallen waren? Welche Rolle spielte man selbst dabei, wenn man jung war und die eigene Welt nur so zu wimmeln schien von Außerirdischen und Besessenen? »Videotime« ist eine Geschichte in auffallend schöner Sprache über die Gesichter und Leerstellen, die sich hinter unseren Masken und Selbstbildern verbergen. Ein beeindruckender, mit großer Souveränität erzählter Roman, der die Frage aufwirft, in welcher Zeit und Welt wir eigentlich leben - und in welcher Haut.
Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Bei der Lektüre von Roman Ehrlichs neuem Buch ist Kritiker Tobias Kniebe sofort hingerissen von dessen Sprache, die genau hinschaut und ihren Gegenstand nahezu obsessiv umkreist: Es reicht nicht, von Stühlen zu sprechen, es sind "Freisitzmöbel in Korbstuhloptik", die Ehrlich beschreibt. Der Ich-Erzähler ist in einer ziemlich typisch deutschen Kleinstadt aufgewachsen und kehrt nun zurück, im Gepäck die Erinnerung an die alte Bundesrepublik zwischen "Waschbetontreppen" und Kriegerdenkmälern und vor allem an all die prägenden Filme, die er sich aus der titelgebenden Videothek "Videotime" ausgeliehen hat, erfahren wir. Dieses Thema gemeinsam mit der genau beobachtenden, aufmerksamen Sprache hätte gereicht, um diesen Roman zur Perfektion zu führen, die Rahmenhandlung rund um einen Familienkonflikt zwischen verbittertem Vater und unterdrückter Mutter hätte Kniebe nicht unbedingt gebraucht. Er ist gespannt auf alles, was da von diesem Autor noch kommen mag.
© Perlentaucher Medien GmbH
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[...] ein brillanter, überraschender und [..] höchst unheimlicher Roman. Christoph Schröder Südwestrundfunk/Lesenswert 20240901