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Beiträge von Björn Gottstein, Stephanie von Beauvais, Franz Dobler, Katja Huber, Norbert Thoma, Henning Harnisch, Adi Sharma, Noe Noack, Kata Schulte, David Grubbs, Julian Weber, Ludwig Lugmeier, Klaus Walter, Reto Baumann, Martin Krauss, Andreas Niedermann, Schorsch Kamarun, Sven Barske, Gerald von Foris, Hias Schaschko, Jutta Drewes, Helge Reumann, Florian Süßmayr, Holger Bunk

Produktbeschreibung
Beiträge von Björn Gottstein, Stephanie von Beauvais, Franz Dobler, Katja Huber, Norbert Thoma, Henning Harnisch, Adi Sharma, Noe Noack, Kata Schulte, David Grubbs, Julian Weber, Ludwig Lugmeier, Klaus Walter, Reto Baumann, Martin Krauss, Andreas Niedermann, Schorsch Kamarun, Sven Barske, Gerald von Foris, Hias Schaschko, Jutta Drewes, Helge Reumann, Florian Süßmayr, Holger Bunk
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 02.02.2006

"Michael Jordan war ein neuzeitlicher Jesus"

Waren Sie schon einmal Vierter?

Ja, ganz oft im Leben.

Welches Gefühl verbinden Sie damit?

Das Schöne am Sport ist doch, daß man ganz genau weiß, wo man steht. Als Vierter ist man Vierter und kann sich damit auseinandersetzen, ob man sich weiterentwickeln will, um Dritter zu werden, oder ob man abrutscht auf die Plätze 5 bis 105. Sport hilft dabei, sich selber ein bißchen besser kennenzulernen.

War Selbsterkenntnis der Grund für Sie, das Buch "Vierter" zu nennen?

Wenn man ein Buch herausbringt, fragt man sich irgendwann, welcher der passende Titel wäre. Dann verhält man sich wie eine Werbeagentur, wirft ganz viele Namen in die Runde, die sich erst einmal alle doof anhören. Nach einem Jahr kam dann der Vorschlag "Vierter" und traf auf absolute Zustimmung, weil er das Thema des Buches widerspiegelt. Es geht uns nicht um die ersten drei, die sonst im Fokus der medialen Berichterstattung stehen. Der ehrenvolle Vierte, der sich in dem Buch ausdrückt, ist jener, der großen Spaß am Sport hat und das hoffentlich reflektieren kann.

Die Spitzenathleten interessieren Sie als ehemaligen Leistungssportler nicht?

Die nimmt man wahr, mit denen setzt man sich auseinander. Aber unser Buch sollte keines jener Fan-Bücher werden, wie es sie in den letzten Jahren vor allem im Fußball gegeben hat. Der Vierte steht symbolisch für diejenigen, die nicht ganz vorne sind.

Also vor allem für Menschen, die Sport als Hobby betreiben, obwohl der Begriff so klingt, als werde das Ganze nicht ernsthaft betrieben?

Ich finde das Wort Hobby schwierig. Die Frage ist doch, wie wichtig ist es eigentlich den Leuten? Da gibt es manchmal gar nicht so große Unterschiede zwischen Profis, Leistungssportlern und Freizeitsportlern. Für mich war meine aktive Zeit größtenteils nicht Beruf, sondern mehr Spaß. Gott sei Dank bin ich in die erste Liga gestoßen, als sich alles professionalisiert hat und ich für meine Leidenschaft auch noch Geld bekommen habe. Mittlerweile habe ich mich zu einem richtigen Freizeitsportler entwickelt. Ich behaupte, daß jeder einen Zugang zum Sport hat, ob positiv oder negativ. Sport ist Alltagskultur und Mode, allein wenn man sieht, wie Turnschuhe in den letzten zehn Jahren ein Modegegenstand wurden. Und Sportunterricht kann man als Übel erfahren haben, etwa beim Spiel "Wer hat Angst vorm schwarzen Mann" in der ersten Klasse.

In einem Ihrer Texte beschreiben Sie andererseits auch die Arbeit eines Sportlehrers, der aus dem Westen kommt und sich an einer Schule in Mecklenburg-Vorpommern zurechtfinden muß.

Die Rolle, die ein Sportlehrer an sich und für die Schüler spielt, fällt oft durch das Raster; ebenso, wie ein Sportlehrer sein Arbeitsumfeld erlebt. Wir fanden es spannend zu protokollieren, wie ein im Westen sozialisierter Lehrer in ein kleines Dorf in Ostdeutschland kommt und auf die Spannungen zwischen Ostsport und Westsport trifft. Die Idee, mit den Jungs dort Rugby zu spielen, ist eine Transplantation einer Sportart in ein Gebiet, in dem vorher nur die Klassiker Handball, Fußball und Turnen ausgeübt wurden. Aber die Idee ist - im eigentlichen Wortsinne - bei den Schülern angekommen.

Und wie ist die Idee zu Ihrem Buch entstanden?

Am Anfang gab es eine vage Idee. Weil ich Sportfotos liebe, habe ich einmal überlegt, einer Zeitung eine Reihe anzubieten, in der verschiedene Leute ihr Lieblingssportfoto kommentieren. Mit dem Gedanken habe ich mich lange getragen, aber es hat niemals geklappt. Im Freundeskreis fand ich dann Leute, die niemals wirklich etwas mit Sport zu tun hatten, aber den Gegenstand interessant fanden. Die Klammer des Buches ist nun, daß es keine Klammer gibt. Es ist ein wildes Buch auf seine Art, es gibt keinen Anfang und kein Ende. Das Buch ist also nicht rund, aber der Gegenstand ist auch nicht rund - es sei denn, man spricht von Bällen.

Ist Ihr Buch eigentlich ein Sportbuch, ein Kultur-Sachbuch, ein Bilderbuch oder eine Mischung aus allem?

Wenn man anfängt zu kategorisieren, hat man bei einem solchen wilden Buch ein Problem. Wenn man schon eine Kategorie bemühen will, dann ist es ein Klo-Buch. Es läßt sich wunderbar nach und nach auf dem Klo lesen.

Und wen haben Sie als Leser vor Augen?

Es gibt keinen Wunschleser. Es ist zunächst ein biographisches Buch der vier Herausgeber. Es gibt zum Beispiel einen Text über Tennis in den achtziger Jahren, und ich weiß nicht, ob ein Achtzehnjähriger heute dazu Zugang fände. Außerdem steht das Buch für eine Offenheit für das Thema Sport, und es steht für Leute, die hoffentlich einen offenen Kopf haben. Und obwohl die Herausgeber und Autoren aus dem Pop-Umfeld kommen, haben wir definitiv kein Pop-Buch gemacht. Wir wollten die Vielfalt der Präsentationsformen zeigen. Dazu gehört auch, wie man bestimmte Fotos kommentieren kann.

Kommentieren Sie doch einmal Ihr Werk Jesus/Jordan!

Dabei bin ich mal eben zum Künstler mutiert. Es gibt ein wunderbares Buch eines Fotografen aus den Vereinigten Staaten, der über die Jahre Bilder aus der NBA gemacht hat. Und gleichzeitig gibt es dieses Bild von Mantegna. Mich interessierte die Kombination von Mantegnas Jesus und dem neuzeitlichen Pop-Helden Michael Jordan. Der barfüßige Basketballprofi ist ein komischer Ausdruck für einen Sportler, dessen Füße sonst von den neusten Nike-Schuhen bekleidet werden. Er war als ein Sportler, nämlich ein Pop-Held, ein neuzeitlicher Jesus, der als Medienheld in dem Augenblick gestorben ist, in dem er sich vom Sport zurückgezogen hat.

Nach dem Rückzug des Internationalen Fußball-Verbandes von der WM-Gala in Berlin gab es die Diskussion, ob Sport und Kultur überhaupt zusammenpassen. Was meinen Sie?

Die Fußball-WM ist für viele Kunstschaffende eine Möglichkeit, zumindest über einen etwas längeren Zeitraum Geld zu verdienen, weil es in Richtung WM einige Jobs gibt. Das Nachdenken über Fußball dreht derzeit allerdings etwas stark am Rad. Auf einmal sind alle ganz große Fußballreflektoren. Im Herbst wird wohl niemand einen Text mehr schreiben zu Fußball und Kultur.

Die Fragen stellte Thomas Klemm

Besprochenes Buch: Henning Harnisch/Oliver Kleinschmidt/Valerie Trebeljahr/Julian Weber (Hg.): Vierter. Sportbuch. IDverlag Berlin, 132 Seiten, 19,80 Euro.

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