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81 reproduzierte Bleistiftzeichnungen und einem Text von Franz Erhard Walther

Produktbeschreibung
81 reproduzierte Bleistiftzeichnungen und einem Text von Franz Erhard Walther
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Rezensentin Rose-Maria Gropp nimmt die Herausforderung an, als Betrachterin von Franz Erhard Walthers hier versammelten 81 Zeichnungen an der Vollendung der Arbeiten gleichsam mitzuwirken. Walthers Vorstellung von einer partizipativen Kunst mit Prozesscharakter sieht sie hier umgesetzt, durch Walthers nachvollziehbare Wahrnehmung seiner römischen Umgebung etwa. Als tastende Zeichen liest Gropp Zeichnungen und Schrift des Künstlers. Für sie ein anregendes Unterfangen.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 16.04.2021

Allmähliche Verfertigung eines Ortes

Der Betrachter ist stets mitgedacht: Franz Erhard Walther zeichnet in der römischen Villa Massimo und in Olevano.

Es war Mitte Mai 2018. Bei einem Ausflug in die Stadt, schreibt Franz Erhard Walther, sei ihm recht schnell klargeworden, dass er im Stadtraum nicht werde zeichnen können: "Die notwendige Ruhe und Konzentration hätte ich nicht gefunden." Er war für zehn Tage in die Villa Massimo in Rom eingeladen. So konzentrierte er sich auf den Park der Villa und die drei Tage Aufenthalt in Olevano. Bei immer gleichem Tagesablauf entstanden insgesamt 81 Zeichnungen, im Originalformat 42 mal 29,7 Zentimetern. Sie sind in diesem erlesenen, von Pergamentpapier umhüllten Leinenband in der Größe von 30 mal 21,3 Zentimetern wiedergegeben.

Das sind die Koordinaten für die Entstehung der zarten Blätter; alles Weitere liegt beim Betrachter. Tatsächlich scheinen die Zeichnungen "im Laufe der Tage an Gegenstandsnähe zugenommen" zu haben, wie der Künstler selbst im Nachhinein beobachtet. Sie sind in der Chronologie ihres Entstehens abgebildet: "Beim Zeichnen habe ich sowohl meine Vorstellungen in den Umraum projiziert als auch diesem Strukturen und Formen entnommen. Ein Abbilden des Gesehenen konnte sein, doch war das meist nur ein Anlass für die zeichnerische Organisation der Blätter."

Auf dem ersten Blatt sind Notate zu sehen, wie hingeworfen unter dem Eindruck der neuen Umgebung. Gestisch sind sie nicht, dafür viel zu zögerlich an; Graphismen schon gar nicht. Am ehesten sind sie Zeichen, vorsichtige Markierungen in der Fläche, durchsetzt von Schrift mit Begriffen, deren Bedeutung zu ergründen wäre: "Bühne" am linken oberen Rand, darunter "zentral", ganz unten "Bewegungsraum". "Einfügung" steht rechts außen, "Umwandlung" durchquert eine Mitte, die es nicht gibt. Raum und Zeit erscheinen wie Substrate einer ersten Erkundung, Formulierungen von Gedanken, eingehegt durch buchstäbliche Anleitungen, die dem Zeichner selbst gelten, genauso einem mitgedachten Betrachter.

Man beginnt unwillkürlich, Verbindungslinien nachzuziehen, auf der Suche nach gegebenen Entsprechungen. Vielleicht ist "Umwandlung" als ein Hinweis zu lesen, eine Aufforderung, diese Mitgestaltung zu übernehmen. Denn der Künstler zeigt kein vollendetes Werk, vielmehr macht er die Betrachter zu Handelnden, er holt sie aus der Passivität, gibt ihnen eine Mitverantwortung im Vollzug des Entstehens.

Damit ist man schon passgenau einbezogen in Franz Erhard Walthers Idee einer partizipativen Kunst, die seinen Werkbegriff seit den sechziger Jahren prägt. Diese Praxis hat ihn, 1939 in Fulda geboren, zumal mit seinen performativen Aufführungen zu einem der wichtigsten zeitgenössischen Konzeptkünstler gemacht. Dass er bei der Biennale in Venedig 2017 mit dem Goldenen Löwen als bester Künstler ausgezeichnet wurde, ist nur konsequent. Dabei sind seine Aktionen als "Handlungen" - etwa mit von ihm bewegten, umgefalteten und entfalteten Bahnen aus Baumwollstoff - nicht so leicht zu verstehen. In der erforderlichen Bemühung um das Verständnis seines Agierens liegt freilich das Momentum der Herausforderung.

Die Zeichnungen aus Rom machen diesen Prozesscharakter wunderbar nachvollziehbar. Von Seite zu Seite kristallisiert sich eine Wahrnehmung, die sich als zunehmend körperlich erweist. Das geschieht nicht als linearer Fortschritt, es gibt Nebenwege bei dieser Bewegung; ein Hauptweg existiert nicht. Gleichsam unterwegs, steht auf einer Zeichnung: "gestresst", "Austausch", "Raumwechsel", keine gute Prognose. Das Blatt, das wir abbilden, ist das letzte im Buch: eine üppige Pflanze, ein starker Stamm, im Hintergrund ein paar Skulpturen. Das letzte Wort, unten rechts, heißt: "Plastischer Ort".

ROSE-MARIA GROPP

Franz Erhard Walther:

"Villa Massimo. Olevano". Mit einem Vorwort des Künstlers.

BuchKunst Kleinheinrich, Münster 2020. 186 S., Abb., geb., 40,- [Euro].

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