Nur über den Zeitraum von rund zweihundert Jahren spricht man in Berlin vom Bautypus der Landhäuser und Villen. Dies änderte sich abrupt mit dem Ende des Zweiten Weltkriegs, der nicht nur das Stadtbild, sondern auch das gesellschaftliche Selbstverständnis so grundlegend veränderte, daß ein erneutes Anknüpfen an diese Bauform ausgeschlossen war. Die Geschichte der Landhäuser selbst reicht jedoch zurück bis in das 16. Jahr-hundert. Damals besaß der Hofadel im Umland der Residenzstadt Berlin aus-gedehnten Gutsbesitz, zu dem zumeist auch anspruchsvolle Wohnhäuser ge-hörten. Doch erst an der Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert begann man, vor den Toren der Stadt als Landhäuser bezeichnete Domizile zu errichten. In ihnen manifestierte sich ein neues Selbstverständnis der bürgerlichen Oberschicht. Deutlich spiegelt die Berliner Villen- und Landhausarchitektur die enge Verbindung von Architektur und Zeitgeschichte. Politische Krisen, verknüpft mit Zeiten wirtschaftlicher Instabilität, z ogen einerseits nicht selten den Einbruch der Bautätigkeit nach sich. Andererseits läuteten diese Zäsuren immer wieder den Beginn einer neuen Architektursprache ein. Der erste Band der "Meisterwerke Berliner Baukunst" präsentiert eindrucksvoll repräsentative Beispiele der Berliner Villen- und Landhausarchitektur und zeigt, wie der Wandel des gesellschaftlichen Selbstverständnisses die Bautätigkeit der Zeit maßgeblich beeinflusst hat. Der Band Villen und Landhäuser bildet den Auftakt der Reihe "Meisterwerke Berliner Baukunst", die herausragende Baugattungen Berlins vorstellen wird.
"Die zahlreichen Fotos interessanter Wohnhäuser im Immobilienteil der Berliner Morgenpost (Baumeister für Berlin") ergeben längst eine instruktive Bildergalerie, die jetzt durch den hübschen Band Meisterwerke Berliner Baukunst - Villen und Landhäuser (88 Seiten, 39, 80DM; Verlagshaus Braun) ergänzt wird. Der ehemalige Staatskonservator Helmut Engel (66) machte gar nicht erst den Versuch, eine lückenlose Dokumentation vorzulegen; eher unternahm er einen lockeren Spaziergang zu den verschiedenartigen Domizilen der bürgerlichen Oberschicht vom Spätbarock bis zur Moderne, vom Tiergartenrand über Westend nach Lichterfelde und Zehlendorf. Das Buch fasziniert mit unterhaltsam - heiterer Leichtigkeit. Man erfährt Interessantes, freut sich an den Abbildungen von Wolfgang Reuss und möchte fast ein wenig neidisch werden auf die Besitzer solcher kapriziösen Heimstätten. Wären da nicht diese immensen Unterhaltungskosten. (Berliner Morgenpost) "Berlin sucht die Hautevolee. Das neue Berlin ist in Beton gegossen. Die Bücher darüber sind längst geschrieben. Doch während Politiker noch die traditionelle dichte Stadt feiern, meldet sich im gründen Weichbild der Hauptstadt die seit 1945 unwiderruflich verloren geglaubte Hautevolee zurück und mit ihr die Lust, architektonisch den Wohlstand zur Schau zu stellen. Helmut Engel, Berlins ehemaliger Landeskonservator, erkennt schon eine "Renaissance der Villen und Landhäuser". Sein neuestes Buch nutzt er dabei zu einer exzellenten publizistischen Geschichtsreise, in der er die Entwicklung der Berliner Villen- und Landhausarchitektur als Allegorie der politischen und wirtschaftlichen Ereignisse auffasst. Der Band ist darum weit mehr als eine ästhetische Stilkunde, wie sie Julius Posener unter gleichem Titel vor inzwischen zehn Jahren vorgelegt hat." (Osw Häuser 1/02, 14. Januar 2002)