The complete, definitive and never-before-published catalogue of Hipgnosis, Vinyl Album Cover Art finally does justice to the work of the most important design collective in music history, which, according to Roddy Bogawa, director of the documentary Taken by Storm (2011), designed half your record collection. Founded in 1967 by Storm Thorgerson, Aubrey Po Powell and Peter Christopherson, Hipgnosis gained legendary status in graphic design, transforming the look of album art forever and winning five Grammy nominations for package design. Their revolutionary cover art moved away from the conventional group shots favoured by record companies of the day, resulting in the ground-breaking, often surreal designs which define the albums of many of the biggest names in the history of popular music: 10cc, AC/DC, Black Sabbath, Peter Gabriel, The Police, Genesis, Led Zeppelin, Pink Floyd, Paul McCartney, Robert Plant, Syd Barrett, Throbbing Gristle, T. Rex, Wings, Yes and XTC, to name but a few. Arranged chronologically, Vinyl Album Cover Art features stunning reproductions of every single Hipgnosis cover 372 in total coupled with detailed information by Po and Storm Thorgerson on the artworks and the compelling stories behind their creation. Additional contributions by Peter Gabriel, Marcus Bradbury, and Pentagrams Harry Pearce provide engrossing insights into the way these incredible artworks came into being; place the covers in context; and reflect on their enduring impact on album design. A highly accessible stand-alone volume, Vinyl Album Cover Art will also make the perfect pop partner to the groundbreaking Hipgnosis Portraits (2014) with its rare revelations and behind-the-scenes photography.
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 13.07.2018Hülle, hier ist dein Sieg
Von Auraverlust kann keine Rede sein: Das Londoner Grafikstudio Hipgnosis revolutionierte die Gestaltung von Plattencovern - und die Kunstgeschichte gleich mit.
Mit der Renaissance des Vinyls ging auch eine Wiedererstarkung des Designs der Plattenhüllen einher. Der annähernd quadratische Band "Vinyl Album Cover Art" versammelt nun das Gesamtwerk der Londoner Grafikagentur Hipgnosis, sicherlich die einflussreichste Bilderschmiede des zwanzigsten Jahrhunderts für Plattencover.
Die im Buch ausgebreitete Bildergalerie gleicht im Kern einem Ausstellungskatalog zu einer Plattencover-Schau, wie sie etwa die British Library in London 2016 zum dreißigjährigen Jubiläum der Punkbewegung ausrichtete oder wie sie im Leipziger Grassi Museum für Design als ständige Installation zu entdecken ist. Die kurzen, aber immer mit Ersthand-Informationen gespickten Begleittexte mit persönlich gehaltenen Musiker-Anekdoten runden das Buch zu einem qualitätvollen Kompendium des Klatsches ab, der zur Rock- und Popgeschichte integral dazugehört. Ein Vorwort von Peter Gabriel, der seit seiner Solokarriere auf Hipgnosis vertraute und dessen Außenbild maßgeblich von den drei Gestaltern und Gründern bestimmt wurde, gibt aufschlussreiche - teils erstaunlich ungeschminkte bis unschmeichelhafte - Einblicke in das Verhältnis von Auftraggeber und Künstlern.
Und tatsächlich zeigt der Band, dass es vor allem die Mischung aus zwei Zutaten war, die den Hipgnosis-Stil unverwechselbar werden ließen: Surrealistisches In-Bildern-um-die-Ecke-Denken, abgeschmeckt mit einer Prise Frechheit.
Das Cover für die Band XTC von 1978 beispielsweise war solch ein Schienbeintritt gegen die Musikindustrie: Es ist - anglikanisch gegen jede Bildverehrung gerichtetes - ein knäckebrottrockenes, dennoch schillerndes Manifest à la Monty Python für Wort-Gläubige. Der Text beginnt weiß auf schwarz wie die Zehn Gebote: "Dies ist eine Plattenhülle", um dann mit einer aufklärerischen Offenlegung der Vermarktungsmechanismen eines Covers fortzufahren, das die Platte darin durch möglichst reißerisches Design verkaufen soll und dafür wiederholt das Warnwort "Trick" in Großbuchstaben verwendet. In diesem Manifest der offenbarten Unverfrorenheit äußert sich eine britische Coolness, die weniger Wohlmeinende als Arroganz auslegen könnten, die aber fraglos einen wesentlichen Grund für den Erfolg von Hipgnosis bildete.
Die meisten der Hipgnosis-Bilder wurden zu synästhetischen Ikonen. Die Hülle des "Electric Warrior" von T. Rex kann annähernd erklären, wie dieses atmosphärische Verbildlichen des musikalischen Inhalts funktioniert: Im Anfang war auch hier das Wort. Marc Bolan, Sänger und Gitarrist von T. Rex, wünschte sich im Vorbereitungsgespräch eine "Black-Magic-Pralinenschachtel", also etwas Geheimnisvolles, das seinen kostbaren Inhalt nicht auf Anhieb enthüllen würde. Der Hipgnosis-Grafiker wagte einen tiefschwarzen Hintergrund - zu dieser Zeit nicht risikoarm -, und da er mit dem Airbrush umgehen konnte, sprayte er eine vor elektrischer Spannung knisternde, weil in der Kontur ausfransende Aureole um die Silhouette Bolans als Paganini der Stromgitarre und die Verstärkerboxen hinter ihm, die durch ihre dynamisierende Schrägstellung wie dämonisch feixende Gesichter wirken. Schließlich erhielt der Drucker noch die Anweisung, diese gesprayte Aureole in Gold zu drucken, womit auch die landläufige Wort-Herkunft der "Aura" vom lateinischen Wort für Gold unmittelbar anschaulich wurde.
Was für alle abgehandelten Fälle gilt, wird hier besonders deutlich: Auch die millionenfache technische Reproduktion dieser Kleinkunstwerke führt mitnichten zu einem Auraverlust, der seit den zwanziger Jahren bei kommerzieller Vervielfältigung heraufbeschworen wurde; vielmehr strahlt T. Rex in jeder "Kopie" ebenso enigmatisch-golden aus dem Buch wie die in den sechziger und siebziger Jahren zahlreiche Jugendzimmer schmückende Ikone Che Guevaras als Poster.
Aber auch Pink Floyds "Atom Heart Mother" ist solch ein Beispiel des eulenspiegelhaften Wörtlich-Nehmens des Inhalts oder von Künstlerwünschen: Ein schräges Motiv, nämlich scheinbar banale Kühe auf Vorder- und Rückseite, die einmal von schräg unten und auf der hinteren Seite von leicht erhabener Warte von rechts oben porträtiert wurden, sorgten für eine mittlere Sensation: Obwohl erstmals kein Bandname oder Werktitel, sondern nur ein Bild auf den beiden Seiten zu sehen war, gelangte das Album in Rekordgeschwindigkeit auf den ersten Platz der englischen Charts. Es dürfte damit das erste Album der Musikgeschichte sein, bei dessen Erwerb man dem Verkäufer eine kurze Bildbeschreibung à la "Das mit den sabbernden Kühen auf der Vorderseite" zuzuraunen hatte.
Der Grafiker-Legende nach auf der erstbesten Weide nördlich Londons mit nur zwei Filmrollen aufgenommen, signalisieren die schwarzweißen Holstein-Kühe auf den ersten Blick ein bewusstes Gegensteuern der Hipgnosis-Gestalter: Mit "Atom Heart Mother" vollzogen Pink Floyd endgültig den Weg hin zum pompösen Stadion-Rock; die bildliche Hülle behauptet erst einmal das genaue Gegenteil. Von den Wiederkäuern dieses ländlichen Idylls der grünen Wiese - mit freilich surrealem Charakter - führt kein denkbarer Weg zum Titel des Albums oder gar den riesigen Verstärkertürmen eines Konzertstadions mit den Bombast-Rockern Pink Floyd darin.
Das Cover-Bild darf daher als absolut autonomes Kunstwerk gelten, mit einem gerüttelt Maß Künstlerselbstbewusstsein und sicher auch Chuzpe der Plattenfirma wie auch der Band unterbreitet - und von Letzterer begeistert angenommen. Generationen von Plattengestaltern, darunter auch die legendäre Paula Scher, die in manchen Jahren selbst über siebzig Cover gestaltete, nennen die schräge "Kuh, die nichts macht", als Initialzündung ihrer eigenen Arbeit.
Insofern sind diese enorm mobilen Plattencover-Bilder, die jeden Umzug bis ins Altersheim am Ende aller Tage geduldig mitmachen, immer noch frei flottierende "Bildfahrzeuge" unserer Tage. Das Buch zum Cover ist einer der elektrisierendsten Gänge durch die Kunstgeschichte des vergangenen Halbjahrhunderts, bei bester Unterhaltung.
STEFAN TRINKS
Aubrey Powell: "Vinyl Album Cover Art". Hipgnosis - Das Gesamtwerk.
Vorwort von Peter Gabriel. Aus dem Englischen von Sonja Kerkhoffs.
Edel Books, Hamburg 2018. 320 S., zahlr. Abb., geb., 35,- [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Von Auraverlust kann keine Rede sein: Das Londoner Grafikstudio Hipgnosis revolutionierte die Gestaltung von Plattencovern - und die Kunstgeschichte gleich mit.
Mit der Renaissance des Vinyls ging auch eine Wiedererstarkung des Designs der Plattenhüllen einher. Der annähernd quadratische Band "Vinyl Album Cover Art" versammelt nun das Gesamtwerk der Londoner Grafikagentur Hipgnosis, sicherlich die einflussreichste Bilderschmiede des zwanzigsten Jahrhunderts für Plattencover.
Die im Buch ausgebreitete Bildergalerie gleicht im Kern einem Ausstellungskatalog zu einer Plattencover-Schau, wie sie etwa die British Library in London 2016 zum dreißigjährigen Jubiläum der Punkbewegung ausrichtete oder wie sie im Leipziger Grassi Museum für Design als ständige Installation zu entdecken ist. Die kurzen, aber immer mit Ersthand-Informationen gespickten Begleittexte mit persönlich gehaltenen Musiker-Anekdoten runden das Buch zu einem qualitätvollen Kompendium des Klatsches ab, der zur Rock- und Popgeschichte integral dazugehört. Ein Vorwort von Peter Gabriel, der seit seiner Solokarriere auf Hipgnosis vertraute und dessen Außenbild maßgeblich von den drei Gestaltern und Gründern bestimmt wurde, gibt aufschlussreiche - teils erstaunlich ungeschminkte bis unschmeichelhafte - Einblicke in das Verhältnis von Auftraggeber und Künstlern.
Und tatsächlich zeigt der Band, dass es vor allem die Mischung aus zwei Zutaten war, die den Hipgnosis-Stil unverwechselbar werden ließen: Surrealistisches In-Bildern-um-die-Ecke-Denken, abgeschmeckt mit einer Prise Frechheit.
Das Cover für die Band XTC von 1978 beispielsweise war solch ein Schienbeintritt gegen die Musikindustrie: Es ist - anglikanisch gegen jede Bildverehrung gerichtetes - ein knäckebrottrockenes, dennoch schillerndes Manifest à la Monty Python für Wort-Gläubige. Der Text beginnt weiß auf schwarz wie die Zehn Gebote: "Dies ist eine Plattenhülle", um dann mit einer aufklärerischen Offenlegung der Vermarktungsmechanismen eines Covers fortzufahren, das die Platte darin durch möglichst reißerisches Design verkaufen soll und dafür wiederholt das Warnwort "Trick" in Großbuchstaben verwendet. In diesem Manifest der offenbarten Unverfrorenheit äußert sich eine britische Coolness, die weniger Wohlmeinende als Arroganz auslegen könnten, die aber fraglos einen wesentlichen Grund für den Erfolg von Hipgnosis bildete.
Die meisten der Hipgnosis-Bilder wurden zu synästhetischen Ikonen. Die Hülle des "Electric Warrior" von T. Rex kann annähernd erklären, wie dieses atmosphärische Verbildlichen des musikalischen Inhalts funktioniert: Im Anfang war auch hier das Wort. Marc Bolan, Sänger und Gitarrist von T. Rex, wünschte sich im Vorbereitungsgespräch eine "Black-Magic-Pralinenschachtel", also etwas Geheimnisvolles, das seinen kostbaren Inhalt nicht auf Anhieb enthüllen würde. Der Hipgnosis-Grafiker wagte einen tiefschwarzen Hintergrund - zu dieser Zeit nicht risikoarm -, und da er mit dem Airbrush umgehen konnte, sprayte er eine vor elektrischer Spannung knisternde, weil in der Kontur ausfransende Aureole um die Silhouette Bolans als Paganini der Stromgitarre und die Verstärkerboxen hinter ihm, die durch ihre dynamisierende Schrägstellung wie dämonisch feixende Gesichter wirken. Schließlich erhielt der Drucker noch die Anweisung, diese gesprayte Aureole in Gold zu drucken, womit auch die landläufige Wort-Herkunft der "Aura" vom lateinischen Wort für Gold unmittelbar anschaulich wurde.
Was für alle abgehandelten Fälle gilt, wird hier besonders deutlich: Auch die millionenfache technische Reproduktion dieser Kleinkunstwerke führt mitnichten zu einem Auraverlust, der seit den zwanziger Jahren bei kommerzieller Vervielfältigung heraufbeschworen wurde; vielmehr strahlt T. Rex in jeder "Kopie" ebenso enigmatisch-golden aus dem Buch wie die in den sechziger und siebziger Jahren zahlreiche Jugendzimmer schmückende Ikone Che Guevaras als Poster.
Aber auch Pink Floyds "Atom Heart Mother" ist solch ein Beispiel des eulenspiegelhaften Wörtlich-Nehmens des Inhalts oder von Künstlerwünschen: Ein schräges Motiv, nämlich scheinbar banale Kühe auf Vorder- und Rückseite, die einmal von schräg unten und auf der hinteren Seite von leicht erhabener Warte von rechts oben porträtiert wurden, sorgten für eine mittlere Sensation: Obwohl erstmals kein Bandname oder Werktitel, sondern nur ein Bild auf den beiden Seiten zu sehen war, gelangte das Album in Rekordgeschwindigkeit auf den ersten Platz der englischen Charts. Es dürfte damit das erste Album der Musikgeschichte sein, bei dessen Erwerb man dem Verkäufer eine kurze Bildbeschreibung à la "Das mit den sabbernden Kühen auf der Vorderseite" zuzuraunen hatte.
Der Grafiker-Legende nach auf der erstbesten Weide nördlich Londons mit nur zwei Filmrollen aufgenommen, signalisieren die schwarzweißen Holstein-Kühe auf den ersten Blick ein bewusstes Gegensteuern der Hipgnosis-Gestalter: Mit "Atom Heart Mother" vollzogen Pink Floyd endgültig den Weg hin zum pompösen Stadion-Rock; die bildliche Hülle behauptet erst einmal das genaue Gegenteil. Von den Wiederkäuern dieses ländlichen Idylls der grünen Wiese - mit freilich surrealem Charakter - führt kein denkbarer Weg zum Titel des Albums oder gar den riesigen Verstärkertürmen eines Konzertstadions mit den Bombast-Rockern Pink Floyd darin.
Das Cover-Bild darf daher als absolut autonomes Kunstwerk gelten, mit einem gerüttelt Maß Künstlerselbstbewusstsein und sicher auch Chuzpe der Plattenfirma wie auch der Band unterbreitet - und von Letzterer begeistert angenommen. Generationen von Plattengestaltern, darunter auch die legendäre Paula Scher, die in manchen Jahren selbst über siebzig Cover gestaltete, nennen die schräge "Kuh, die nichts macht", als Initialzündung ihrer eigenen Arbeit.
Insofern sind diese enorm mobilen Plattencover-Bilder, die jeden Umzug bis ins Altersheim am Ende aller Tage geduldig mitmachen, immer noch frei flottierende "Bildfahrzeuge" unserer Tage. Das Buch zum Cover ist einer der elektrisierendsten Gänge durch die Kunstgeschichte des vergangenen Halbjahrhunderts, bei bester Unterhaltung.
STEFAN TRINKS
Aubrey Powell: "Vinyl Album Cover Art". Hipgnosis - Das Gesamtwerk.
Vorwort von Peter Gabriel. Aus dem Englischen von Sonja Kerkhoffs.
Edel Books, Hamburg 2018. 320 S., zahlr. Abb., geb., 35,- [Euro].
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