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Film ist das Medium des 20. Jahrhunderts. Wie im Film nationale Geschichtsmythen geschaffen und verbreitet werden, zeigt dieser für Historiker, Filmhistoriker und den filmgeschichtlich Interessierten gleichermaßen aufschlußreiche Band anhand zahlreicher Beispiele aus verschiedenen Ländern. Mit einer umfassenden Filmographie zum Thema.

Produktbeschreibung
Film ist das Medium des 20. Jahrhunderts. Wie im Film nationale Geschichtsmythen geschaffen und verbreitet werden, zeigt dieser für Historiker, Filmhistoriker und den filmgeschichtlich Interessierten gleichermaßen aufschlußreiche Band anhand zahlreicher Beispiele aus verschiedenen Ländern. Mit einer umfassenden Filmographie zum Thema.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 25.08.1998

Sei gegrüßt, du Volk der Cineasten

Noch nie hätten sie solchen Spaß gehabt, es sei blendend, wie sie durch den Kakao gezogen würden, jubelten die Engländer, nachdem sie den Film gesehen hatten. Was sie amüsierte, war freilich keine Komödie. "Ohm Krüger", 1941 gedreht, war ein antienglischer Propagandafilm und von seinen deutschen Produzenten bierernst gemeint. Weil er in England erst 1962 gezeigt werden durfte, traf er dort auf ein entspanntes Publikum, das sich von den Propagandaschlachten des Zweiten Weltkriegs nicht mehr ernsthaft angesprochen fühlte. Statt dessen schmunzelte man nun über die Darstellung der Queen Victoria als rheumageplagte, whiskynippende und zahnlose Greisin, die im Rollstuhl durch die Prunkräume des Buckingham-Palastes geschoben wurde.

Erst der Erwartungshorizont der Zuschauer bringt zusammen mit dem Film den Nationenkult oder nationale Feindbilder im Kino hervor. Mit den politischen Umständen ändern sich auch die Produzentenstrategien. Ein von Rainer Rother herausgegebener Sammelband (mit ausführlicher Filmographie und Registern) geht dem Verhältnis von Nation und Film auf drei verschiedenen Ebenen nach. Im ersten Teil des Buches wird - nach Ländern gegliedert - ein kurzer Abriß des jeweiligen Selbstporträts der Nation im Kino geliefert. Im zweiten geht es um Fremdportraits, und der dritte Teil beschäftigt sich mit einzelnen Filmen, in denen Nationalmythen eine besondere Rolle spielen. Bei "Sissi - Schicksalsjahre einer Kaiserin" (1957) etwa dient die österreichische (Film-)Kaiserin als Figur, die nicht nur verkrustete Familienstrukturen zum Aufbruch brachte. Über sie versöhnten sich auch Volk und Monarchie miteinander, und am Ende der Trilogie darf das Herrscherpaar sogar den Applaus der glücklich unterjochten Venezianer entgegennehmen (unsere Abbildung).

Nationalmythen erschienen vor allem zu Beginn der Filmgeschichte auf der Leinwand. Denn das Kino, so Christoph Stölzl in seinem Vorwort, beerbte die Träume vom Gesamtkunstwerk des neunzehnten Jahrhunderts, die man zuvor auf Panorama und Oper, auf Historienbild und Festspiel projiziert hatte. Der Historienfilm erfüllte das Darstellungsideal des Historismus. Monumental wie die nationalen Mythen wurden daher auch die Filme: "Birth of a Nation" oder "Napoleon" hießen die Titel, die Pathos versprachen - und auch einlösten.

Der dreifache Weg durchs zwanzigste Jahrhundert endet in Deutschland bei Filmen, die wenig Nation und viel Individualität ins Bild setzen. In "Heimat" etwa kommt die Nation nur als Peripherie vor. Anders sind die Verhältnisse im "afrikanischen Film", die von Marie-Hélène Gutberlet zu Beginn des Sammelbandes erläutert werden. Der koloniale Hintergrund rechtfertigt wohl die Zusammenfassung unter dem Oberbegriff, aber mußte man dieses Kapitel unbedingt mit einem ausgiebigen Beispiel aus Haiti enden lassen? MILOS VEC

"Mythen der Nationen: Völker im Film". Hrsg. von Rainer Rother. Koehler und Amelang Verlag, München und Berlin 1998. 408 S., Abb., geb., 78,- DM.

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