Obwohl die neunzehnjährige Mary Linley in einer Meldung des Town Magazine gelesen hat, dass das Schiff, mit dem ihr Vater, der Arzt und Botaniker Francis Linley, unterwegs war, bei Kap Hoorn zerschellt ist, kann und will sie die Hoffnung auf eine gesunde Heimkehr des Vaters nicht aufgeben. Jeden Tag
sucht sie den Hafen auf und hofft auf ein Wunder. Ihre Tante kümmert sich bereits um den Nachlass…mehrObwohl die neunzehnjährige Mary Linley in einer Meldung des Town Magazine gelesen hat, dass das Schiff, mit dem ihr Vater, der Arzt und Botaniker Francis Linley, unterwegs war, bei Kap Hoorn zerschellt ist, kann und will sie die Hoffnung auf eine gesunde Heimkehr des Vaters nicht aufgeben. Jeden Tag sucht sie den Hafen auf und hofft auf ein Wunder. Ihre Tante kümmert sich bereits um den Nachlass und möchte Mary so schnell wie möglich verheiraten. Doch Mary hat andere Interessen als sich um Ehemann, Haushalt oder Kinder zu kümmern. Da sie ihrem Vater stets bei seiner Arbeit zur Hand ging, ist sie in Botanik und Medizin sehr bewandert. Ihr größter Traum ist es, diese Kenntnisse in der Praxis einzusetzen und an einer Expeditionsreise teilzunehmen. Für eine Frau ist an ein solches Abenteuer natürlich nicht zu denken und deshalb verkleidet sie sich als Mann und geht als Marc Middleton an Bord der 'Sailing Queen'. So hat sie die Möglichkeit, als Zeichner im Stab des angesehenen Botanikers Carl Belham, um die halbe Welt zu segeln und Pflanzen und Tiere zu dokumentieren. Doch an Bord herrschen raue Sitten und es ist gar nicht so einfach, die Tarnung als Mann aufrechtzuerhalten. Als Mary entdeckt, dass sie sich zu Carl Belham hingezogen fühlt, fällt ihr das Versteckspiel noch viel schwerer....
Aufgrund der Inhaltsbeschreibung könnte der Eindruck entstehen, dass sich Liv Winterbergs Debütroman nicht sonderlich von anderen Genrevertretern unterscheidet und ein gern verwendetes Klischee, den Frau-in-Hosen-Roman, bedient. Doch im Nachwort stellt man fest, dass sich die Autorin von der Biografie der französichen Botanikerin Jeanne Baret inspirieren ließ und dass sich Mary Linleys Geschichte, obwohl sie ziemlich abenteuerlich wirkt, so realistisch wie möglich daran orientiert. Um sich die Spannung nicht zu verderben, sollte man sich das Nachwort allerdings, wie das Wort schon sagt, erst nach dem Lesen des Romans zu Gemüte führen.
Liv Winterberg schafft es mühelos, der Geschichte Leben einzuhauchen. Durch ihre detaillierten, aber keinesfalls ausufernden, Beschreibungen, fühlt man sich an die entsprechenden Handlungsorte versetzt und hat das ächzende Schiff, mit seiner Geräusch- und Geruchskulisse genauso vor Augen, wie die Ziele der Expeditionsreise . Auch die agierenden Personen wirken sehr lebendig und authentisch. Man fühlt mit ihnen und fasst schon nach wenigen Seiten erste Sympathien oder auch spontane Abneigungen. Auf dem Schiff treffen die unterschiedlichsten Charaktere aufeinander und deshalb wirkt auch die monatelange Schiffsreise nicht langweilig. Die damaligen Gepflogenheiten an Bord fließen in die Handlung ein und ganz nebenbei erfährt man so von den harten und gefährlichen Bedingungen einer so langen Seereise. Man hat beim Lesen das Gefühl, dass die Autorin sehr gut recherchiert hat und dass sie ihr Wissen gut vermitteln kann.
Die Liebesgeschichte zwischen Mary und Carl wirkt glaubhaft und nicht zu hochromantisch. Sie drängt sich nicht zu sehr in den Vordergrund, sondern lässt genug Raum für weitere Handlungsstränge. Man hat keinen Moment das Gefühl einen reinen Liebesroman zu lesen, denn dieser historische Roman hat deutlich mehr zu bieten.
Liv Winterbergs Debütroman hat mich positiv überrascht, da er sich wohltuend vom gängigen Klischee des Frau-in-Hosen-Romans abhebt, und mir einige interessante, abenteuerliche, herzergreifende, spannende und lehrreiche Lesestunden bereitet hat.