Drei Geschwister werden zu Waisen, als ihre Eltern bei einem Autounfall ums Leben kommen. Jules ist der jüngste, er ist elf. Er ist ein introvertierter, einfühlsamer Junge, der heimlich Geschichten schreibt. Jules beobachtet die Menschen um sich und sich selbst sehr genau und erzählt uns diese
Geschichte. Schon allein, WIE er es tut, ist Lesegenuss pur: melancholisch, poetisch, philosophisch, mal…mehrDrei Geschwister werden zu Waisen, als ihre Eltern bei einem Autounfall ums Leben kommen. Jules ist der jüngste, er ist elf. Er ist ein introvertierter, einfühlsamer Junge, der heimlich Geschichten schreibt. Jules beobachtet die Menschen um sich und sich selbst sehr genau und erzählt uns diese Geschichte. Schon allein, WIE er es tut, ist Lesegenuss pur: melancholisch, poetisch, philosophisch, mal humorig-ironisch und oft genug sehr weise.
Es folgen die Jahre des Erwachsenwerdens, die Jules, wie auch seinen Geschwistern, ohne Eltern recht schwer fallen. Jeder entwickelt seine eigene Art, mit dem Verlust umzugehen. Jules hat Identitätsprobleme, will jemand anders sein, vor allem jemand, für den seine Eltern da waren.
Jules lernt im Internat Alva kennen, ein hübsches rothaariges Mädchen, das sich in einem Unterricht einfach zu ihm setzt. Ab da ist sie ein fester Bestandteil seines Gefühlslebens. Sie verbringen hin und wieder Zeit mit einander. Alva liest gerne, wie Jules auch.
Sie treffen sich Jahre später, mit etwas über dreißig. Alva ist mit einem knapp siebzigjährigen Schriftsteller verheiratet, der seine besten Zeiten in jeder Hinsicht hinter sich hat. Und ab da wird es erst recht spannend, denn da kommen die überraschenden Wendungen und noch vieles mehr.
Jules philosophiert über Gott und die Welt, aber wie gekonnt! Und auf so eine Art, die man einfach kennenlernen muss. Die ewigen Themen wie Liebe und Tod, Freundschaft, Familie, Partnerschaft, Kinderkriegen, Elternsein, Vater-Sohn Beziehung, den richtigen Platz im Leben finden, und auch ganz aktuelle Themen wie Umgang mit Alzheimer und Krebs, persönliche Freiheit, der adäquate Umgang mit eigener Kreativität, und natürlich das Thema der Einsamkeit sind wunderbar in den Erzählteppich hineingewoben worden. Diesen Gedanken nachzugehen- es gibt eine Menge toller, philosophisch anmutender Sätze, und mit Jules und seinen Geschwistern diese Geschichte mitzuerleben, hat mir nicht nur viel Lesevergnügen bereitet, es war schlicht eine Bereicherung. „Ich meine, wenn man sein ganzes Leben in die falsche Richtung läuft, kann’s trotzdem das Richtige sein?“ S. 190. Bemerkenswert finde ich, was Jules über Talent sagt, wie er es definiert.
Ich war auch dem Wechselbad der Emotionen ausgesetzt. Dem Autor gelingt es, einen im Handumdrehen von Verzweiflung in Euphorie zu versetzen und später wieder langsam zurück. Bewegt bleibt man bis zum Schluss.
Es gibt auch einfach schöne Bilder: des unbeschwerten Familienlebens mit Kindern, des gemeinsamen Reisens, der glücklichen Liebe, des vertrauten Miteinanders, etc. Die helle und die dunkle Seite der Geschichte sind gut ausgewogen und bieten einen vorteilhaften Kontrast zu einander.
Der Roman endet, als die Geschwister etwas über vierzig sind. Sie haben sich mittlerweile weiterentwickelt und verändert. „Vom Ende der Einsamkeit“ ist auch eine Reise zu sich selbst. Jules sagt am Ende: „Was, wenn es Zeit nicht gibt? Wenn alles, was man erlebt, ewig ist und wenn nicht die Zeit an einem vorübergeht, sondern nur man selbst an dem Erlebten?“ S. 327.
Insgesamt verbreitet der Roman eine optimistische, lebensbejahende Stimmung: er verleitet einen dazu, an die ewige Liebe zu glauben, die alle Herausforderungen des Lebens übersteht und am Ende siegt, auch über den Tod hinaus.
„Vom Ende der Einsamkeit“ habe ich sehr gern gelesen. Dies habe ich extra langsam getan, um ja keine gedankliche wie sprachliche Köstlichkeit zu verpassen.
Bei Benedict Wells verbinden sich Talent und Können auf eine gewinnende, wunderbare Weise. Ich hoffe, er wird die Leser noch mit vielen neuen Werken erfreuen.
Fazit: Ein sehr gelungenes literarisches Werk: Figuren, ihre Geschichten, der Erzählstil, alles harmoniert mit einander und scheint dem wahren Leben entsprungen. Mein Highlight des Jahres ist es jetzt schon geworden. Sehr gerne vergebe die 5 besonders hell leuchtende Sterne und eine klare Leseempfehlung. Unbedingt lesen.