Was ist das "wahre" Judentum? Über diese Frage stritten jüdische Philosophen und Theologen nach dem Machtantritt der Nationalsozialisten bis zum gewaltsamen Ende öffentlichen jüdischen Lebens im Jahre 1938.
Zu den bislang wenig beachteten philosophischen Selbstverständigungstexten des 20. Jahrhunderts zählt die Grundlagendebatte, die jüdische Philosophen und Theologen nach dem Machtantritt der Nationalsozialisten führten. In Zeitungen, Zeitschriften und Büchern wurde bis zum gewaltsamen Ende öffentlichen jüdischen Lebens in Deutschland im Jahre 1938 noch ein halbes Jahrzehnt lang leidenschaftlich um das zeitgemäße und »wahre« Judentum gestritten. Zentrale Deutungsangebote jenseits der viel beschworenen »deutsch-jüdischen Symbiose« kamen dabei vor allem von theologischer Seite. Während etwa der gesetzestreue Rabbiner Alexander Altmann (1906-1987) am halachischen Judentum als dem zentralen Sinnbezug für Juden festhielt, favorisierte der junge Religionshistoriker Hans-Joachim Schoeps (1909-1980) Inhalte der christlichen »dialektischen Theologie« Karl Barths. Gemeinsamer Bezugspunkt dieser Diskussionen war nicht selten Franz Rosenzweig (1886-1929), dessen Werk seit dem Jahr 1933 eine bemerkenswerte Rezeption erfuhr.Auch die Philosophen beteiligen sich angesichts der existenziellen Bedrohung an den Auseinandersetzungen um die Frage »Was ist Judentum?«. Der Essay beleuchtet vor allem die Streitschrift von Leo Strauss (1899-1973), dessen Buch »Philosophie und Gesetz« von 1935 zu einem Manifest für die Zeitgenossen geworden war. Seine scharfe Kritik an der Abkehr von den Quellen des Judentums, wie sie Maimonides (1138-1204) in seinen Schriften kanonisiert hatte, mündete in einer Neubestimmung von Aufklärung und Tradition im Judentum. Unter anderem antworteten der Philosoph Julius Guttmann (1880-1950) und sein Schüler Fritz Bamberger (1902-1984) mit einer Verteidigung des liberalen Judentums.
Hinweis: Dieser Artikel kann nur an eine deutsche Lieferadresse ausgeliefert werden.
Zu den bislang wenig beachteten philosophischen Selbstverständigungstexten des 20. Jahrhunderts zählt die Grundlagendebatte, die jüdische Philosophen und Theologen nach dem Machtantritt der Nationalsozialisten führten. In Zeitungen, Zeitschriften und Büchern wurde bis zum gewaltsamen Ende öffentlichen jüdischen Lebens in Deutschland im Jahre 1938 noch ein halbes Jahrzehnt lang leidenschaftlich um das zeitgemäße und »wahre« Judentum gestritten. Zentrale Deutungsangebote jenseits der viel beschworenen »deutsch-jüdischen Symbiose« kamen dabei vor allem von theologischer Seite. Während etwa der gesetzestreue Rabbiner Alexander Altmann (1906-1987) am halachischen Judentum als dem zentralen Sinnbezug für Juden festhielt, favorisierte der junge Religionshistoriker Hans-Joachim Schoeps (1909-1980) Inhalte der christlichen »dialektischen Theologie« Karl Barths. Gemeinsamer Bezugspunkt dieser Diskussionen war nicht selten Franz Rosenzweig (1886-1929), dessen Werk seit dem Jahr 1933 eine bemerkenswerte Rezeption erfuhr.Auch die Philosophen beteiligen sich angesichts der existenziellen Bedrohung an den Auseinandersetzungen um die Frage »Was ist Judentum?«. Der Essay beleuchtet vor allem die Streitschrift von Leo Strauss (1899-1973), dessen Buch »Philosophie und Gesetz« von 1935 zu einem Manifest für die Zeitgenossen geworden war. Seine scharfe Kritik an der Abkehr von den Quellen des Judentums, wie sie Maimonides (1138-1204) in seinen Schriften kanonisiert hatte, mündete in einer Neubestimmung von Aufklärung und Tradition im Judentum. Unter anderem antworteten der Philosoph Julius Guttmann (1880-1950) und sein Schüler Fritz Bamberger (1902-1984) mit einer Verteidigung des liberalen Judentums.
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Vor allem dies macht Thomas Meyers Studie dem Rezensenten schmerzlich bewusst: Auch sechseinhalb Jahrzehnte nach dem Holocaust gibt es keine neue Generation von jüdischen Theologen und Philosophen in Deutschland, die als Nachfolger von Geistesgrößen wie Martin Buber, Leo Baeck oder Hannah Arendt gelten könnte. Lesenswert erscheint Michael Brenner das Buch als Dokumentation der einstigen Lebendigkeit, Vielfalt, aber auch der Krisenbewusstheit der Zeit zwischen 1933 und dem Holocaust. Die Porträts jüdischer Intellektueller, die der Autor als Ausgangspunkt für die Darstellung aktueller Fragen der Krisenzeit (zu Offenbarung und Gesetz) nutzt, findet Brenner mal kritisch (Leo Strauss), mal faszinierend, weil neue Perspektiven eröffnend (Franz Rosenzweig), begreift sie jedoch stets als Endzeitpanorama deutsch-jüdischen Geisteslebens.
© Perlentaucher Medien GmbH
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