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Malerei als Modethema in der Literatur des 19. Jahrhunderts: über Werke von Mörike, Keller, E. T. A. Hoffmann, Robert Walser u._a.Malerromane und Malererzählungen nehmen in der Literatur des 19. Jahrhunderts einen prominenten Platz ein. Einige ihrer Protagonisten - Franz Sternbald, Theobald Nolten oder der »grüne« Heinrich - sind bekannter als die meisten realen Maler der Zeit. Um 1800 entwickelte sich der Malerroman zu einer populären Alternative zu Sachtexten über Kunst.In Einzelanalysen untersucht Dominik Müller die künstlerischen Probleme, welche die Malerfiguren in den untersuchten Werken…mehr

Produktbeschreibung
Malerei als Modethema in der Literatur des 19. Jahrhunderts: über Werke von Mörike, Keller, E. T. A. Hoffmann, Robert Walser u._a.Malerromane und Malererzählungen nehmen in der Literatur des 19. Jahrhunderts einen prominenten Platz ein. Einige ihrer Protagonisten - Franz Sternbald, Theobald Nolten oder der »grüne« Heinrich - sind bekannter als die meisten realen Maler der Zeit. Um 1800 entwickelte sich der Malerroman zu einer populären Alternative zu Sachtexten über Kunst.In Einzelanalysen untersucht Dominik Müller die künstlerischen Probleme, welche die Malerfiguren in den untersuchten Werken bewegen, und setzt sie in Beziehung zum ästhetischen Profil der Erzähltexte. Dabei erscheinen die malenden Protagonisten - auch mit ihrem notorischen Scheitern - als Spiegel- und Kontrastfiguren der Autoren. Untersucht werden Romane von Tieck, Mörike und Keller sowie Werke von Heinse, E._T._A. Hoffmann, Stifter, Raabe, Carl Hauptmann, Helene Böhlau und Robert Walser.
Autorenporträt
Dominik Müller, geb. 1954, ist Dozent für Neuere deutsche Literatur an der Universität Genf und Mitherausgeber der Historisch-Kritischen Gottfried Keller-Ausgabe.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 22.12.2010

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Dominik Müller untersucht den Maler in der Literatur

Die betrübliche Erkenntnis, dass sich irdische Liebe und hehres Künstlertum selten vertragen, vermitteln mehrere Dichtungen, in deren Mittelpunkt eine fiktive Malerfigur steht. So schildert der Titelheld in Robert Walsers Tagebucherzählung "Ein Maler", wie er die Liebe einer schönen Gräfin erwidert, in deren Villa im Hochgebirge er zu Gast ist. Im ersten Sturm der Gefühle vergisst er seine Profession, merkt aber bald, dass ihm die Kunst wichtiger ist als sein neues Glück. Eine hinreißende, tieftraurige Geschichte. Und wenn Dominik Müller in seinem Werk "Vom Malen erzählen" zu dem Urteil gelangt, jener Text sei "gespickt mit erborgtem Sprachmaterial, Klischees und abgegriffenen Diskursen über Malerei", dann dürfen Liebhaber auch dieser Walserschen Prosa getrost anderer Meinung sein.

Künstlerromane und -erzählungen des neunzehnten und frühen zwanzigsten Jahrhunderts unter dem Aspekt der Intermedialität zu betrachten ist das erklärte Ziel des Literaturwissenschaftlers. Einleuchtend schildert er, wie Walsers Ich-Erzähler sich der Anschauung öffnet, malend aber unbeteiligt bleibt, also Empathie und Distanz vereint: "Die Sonne bemühe ich mich so kalt wie möglich zu malen: weich, träg, aber kalt. Das gibt etwas Zauberisches, wirklich Sonniges."

Keine andere Dichtung biete so viel an kunsttheoretischer Programmatik, äußert er zu E.T.A. Hoffmanns Erzählung "Der Jesuiterhof in G.", die vom fiktiven Maler Berthold handelt. Die Rahmenhandlung zeigt den Künstler als vollkommen resignierten "Wandpinsler" in der Jesuitenkirche, am Ende nimmt er sich das Leben. In der zentralen Geschichte, die in Italien spielt, schildert ihn Hoffmann in der exemplarischen Rolle eines aufstrebenden Künstlers, der angesichts der zeittypischen Konkurrenz zwischen Landschaft und Historienmalerei von größten Zweifeln geplagt wird. Und diese markante Zweiteilung mache aus einem Künstler zwei, folgert Müller. Unter den Interpretationen dieses Dramas überzeuge ihn die Deutung am ehesten, bei der das Prinzip der Ferne die Künstler dazu zwinge, das Abwesende im Kunstwerk als Anwesendes erscheinen zu lassen. Ein schönes Bild von einer schönen Frau zu malen sei nur dann notwendig, wenn sie leibhaftig nicht zu haben sei.

In Wilhelm Heinrich Wackenroders "Herzensergießungen eines kunstliebenden Klosterbruders" bezeichnet Müller den fiktiven Bericht des Renaissance-Baumeisters Bramante über die Arbeit Raffaels an einem Madonnenbildnis als eine Schlüsselstelle für die ganze Tradition der Künstlererzählung in deutscher Sprache. Schade nur, dass die sehr kritische Rezeption dieser Geschichte vom frommen Glauben eines Klosterbruders an die Kunst als einer Sprache Gottes in Müllers Buch nicht vorkommt: Erwähnenswert wäre es immerhin gewesen, dass Wackenroders Schrift, ein bedeutendes Dokument der Frühromantik, von Goethe ganz entschieden abgelehnt wurde.

Sonst lässt Müller aber nichts und niemanden aus, befasst sich kenntnisreich und ausführlich mit "Franz Sternbalds Wanderungen" von Ludwig Tieck, Mörikes "Maler Nolten", Adalbert Stifters Künstlererzählungen oder dem "Grünen Heinrich" von Gottfried Keller.

In seiner abschließenden Zusammenschau wendet er sich Wilhelm Buschs Bildergeschichte vom "Maler Klecksel" zu, die er "als ins Werk gesetzte Intermedialität" bezeichnet. Das Ende der Geschichte: Maler Klecksel, der ein Altargemälde für Fräulein von Ach malen soll, begrüßt seine Mäzenin frühmorgens nach dem Fastnachtsball im Ritterkostüm. Dort hatte er sich in Suschen verliebt, die sich jetzt hinter der Leinwand versteckt. Doch der Spitz des Fräuleins bringt die Leinwand zum Einsturz, aus der die Geliebte herausklettert. Diese Szene erinnert Müller an die Sage von Pygmalion: ein Fall von Interpretationsartistik - oder ein Beispiel für den Kalauer, dass nicht alles, was hinkt, ein Vergleich sein muss?

KONSTANZE CRÜWELL

Dominik Müller: "Vom Malen erzählen".

Von Wilhelm Heinses "Ardinghello" bis Carl Hauptmanns "Einhart der Lächler". Wallstein Verlag, Göttingen 2009. 432 S., br., 49,- [Euro].

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